Brexit: EU-Parlament erhöht Druck auf Großbritannien

Angesichts fehlender Fortschritte in den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit erhöht das EU-Parlament den Druck auf Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Die Ausschüsse für Außenbeziehungen und Handel wollen dazu heute einen Bericht zu den Post-Brexit-Gesprächen verabschieden.

In ihm drohen die Abgeordneten der Regierung in London mit einem Veto gegen ein Handelsabkommen, wenn sie nicht die Einhaltung von EU-Standards und ein Abkommen zur Fischerei akzeptiert. Es gebe „klare rote Linien“, erklärte die konservative EVP-Fraktion vor der Ausschussabstimmung. „Um weiter mit der EU frei Handel zu treiben, muss das Vereinigte Königreich EU-Regeln und Standards akzeptieren.“

„Verantwortungsloser Kurs“

„Großbritannien muss sich an die getroffenen Vereinbarungen halten“, forderte ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas in einer Aussendung und warf London vor, die Gespräche zu verweigern oder zu verschleppen. In mehreren Bereichen in der Außenpolitik, der Verteidigung und Entwicklungspolitik „gehe wenig bis gar nichts weiter“.

SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder kritisierte, die „britische Regierung unter Boris Johnson fährt ihren verantwortungslosen Kurs unbeirrt weiter“. Britische Verhandler, so auch das Mitglied des außenpolitischen Ausschusses des EU-Parlaments, „lassen bereits getroffene Vereinbarungen platzen und blockieren jeden Fortschritt“.

Kaum Fortschritte

Nach der Abstimmung in den Parlamentsausschüssen wird das Plenum über den Bericht am Mittwoch beraten und am Donnerstag darüber abstimmen. London müsse seine Verhandlungsposition „revidieren und sich konstruktiv an den Verhandlungen über faire Wettbewerbsbedingungen beteiligen“, heißt es im Entwurf des Dokuments. Um die Post-Brexit-Gespräche aus der Sackgasse zu holen, ist am Montag eine Videokonferenz der EU-Spitzen mit Johnson geplant.

Großbritannien war am 31. Jänner aus der EU ausgetreten. In der Übergangsphase bis Jahresende bleibt das Land noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Zeit wollen beide Seiten insbesondere ein Handelsabkommen vereinbaren.

In vier Verhandlungsrunden gab es aber keine wesentlichen Fortschritte. London weigert sich bisher, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards der EU im Gegenzug für einen weitgehend ungehinderten Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu akzeptieren. Hoch umstritten ist auch der weitere Zugang für EU-Fischer zu britischen Fanggründen.