Mann mit Regenbogenflagge
APA/AFP/Getty Images/Chip Somodevilla
US-Höchstgericht

Sexuelle Orientierung kein Kündigungsgrund

Eine Diskriminierung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aufgrund deren sexueller Orientierung und des Geschlechts ist rechtswidrig. Das hat der Oberste Gerichtshof in den USA am Montag mit einer Mehrheit der Richterinnen und Richter entschieden und damit eine weitreichende Entscheidung zum Schutz von LGBTQ-Personen erlassen – obwohl der Supreme Court konservativer geworden ist.

Obwohl gleichgeschlechtliche Paare in den USA 2015 das Recht zur Heirat erlangt hatten, ist die Entlassung von LGBTQ-Beschäftigten in weiten Teilen der USA bisher nach wie vor legal. Das Bundesgesetz benannte nämlich bis dato sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität im Gegensatz zur Hautfarbe und Herkunft nicht ausdrücklich als schützenswert.

Sechs von neun Richtern bzw. Richterinnen entschieden, dass ein Bundesgesetz, das die Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund des „Geschlechts“ verbietet (Artikel sieben des Bürgerrechtsgesetzes von 1964), auch auf Fälle anwendbar ist, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der LGBTQ-Community betreffen.

Stephen Breyer, Clarence Thomas,  John G. Roberts,Justice Ruth Bader Ginsburg Samuel Alito Jr., Justice Neil Gorsuch, Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Justice Brett M. Kavanaugh.
AP/J. Scott Applewhite
Obwohl der US-Supreme-Court konservativer geworden ist, stärkte er nun die LGBTQ-Rechte

„Die Antwort ist klar“

„Heute müssen wir entscheiden, ob ein Arbeitgeber jemanden entlassen kann, nur weil er (bzw. sie, Anm.) homosexuell oder transsexuell ist. Die Antwort ist klar“, schrieb Richter Neil Gorsuch, einer der von US-Präsident Donald Trump an den Obersten Gerichtshof berufenen Richter, in der Entscheidung.

Artikel sieben

Artikel sieben besagt, dass es für Arbeitgeber gesetzeswidrig ist, sich zu weigern, jemanden einzustellen, zu entlassen oder anderweitig aufgrund von „Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder nationaler Herkunft“ zu diskriminieren.

„Ein Arbeitgeber, der eine Person kündigt, weil sie homosexuell oder transsexuell ist, kündigt diese Person wegen Eigenschaften oder Handlungen, die sie bei Angehörigen eines anderen Geschlechts nicht hinterfragt hätte. Das Geschlecht spielt bei der Entscheidung eine notwendige und nicht zu verbergende Rolle, genau das, was Artikel sieben verbietet.“ Während des US-Höchstgericht sich immer wieder zu Rechten von Homosexuellen äußerte, nahmen die Richter nun erstmals direkt Bezug auf den Schutz von Trans-Personen.

„Kein Grund, Forderungen des Gesetzes zu ignorieren“

Gorsuch schrieb, dass der Kongress möglicherweise nicht über die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität nachgedacht habe, als die Gesetzgeber den Begriff „Geschlecht“ in diesen Abschnitt des Bürgerrechtsgesetzes aufnahmen, „aber die Grenzen der Fantasie der Verfasser bieten keinen Grund, die Forderungen des Gesetzes zu ignorieren“.

Die Richter bzw. Richterinnen John Roberts Jr., Ruth Bader Ginsburg, Stephen Breyer, Sonia Sotomayor und Elena Kagan schlossen sich der Entscheidung Gorsuchs an. Die Richter Brett Kavanaugh, Trumps anderer Kandidat für das Gericht, Samuel Alito Jr. und Clarence Thomas stimmten dagegen.

Deutliche Positionierung von Supreme Court

Den Richtern lagen mehrere Fälle vor, in denen Angestellte wegen ihrer sexuellen Orientierung entlassen worden waren. Die an der Klage beteiligte Bürgerrechtsorganisation ACLU begrüßte die Entscheidung auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Nun liege es am Kongress, die Arbeit zu vollenden.

Die Rechte von Trans-Personen sind zum „politischen Schlachtfeld“ geworden, analysierte die BBC. Mit seiner Entscheidung zeigte der Supreme Court, auf welcher Seite er steht. Die Trump-Administration hatte erst vor wenigen Tagen eine unter dem früheren Präsidenten Barack Obama geschaffene Regelung zum Schutz von Trans-Personen vor Diskriminierung im Gesundheitswesen zurückgenommen.

Die Regelung hatte die Definition von Geschlecht über das binäre Geschlechtsmodell (männlich/weiblich) hinaus ausgeweitet, um sicherzustellen, dass alle Geschlechtsidentitäten umfasst werden. Bei Trans-Personen stimmt das Geschlecht nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen überein.

Demokraten sehen wichtigen Meilenstein

Die führenden Demokraten begrüßten das Urteil. „Die heutige Entscheidung ist ein weiterer Schritt auf unserem Weg zur Gleichberechtigung für alle“, erklärte der designierte Präsidentschaftskandidat der Partei, Joe Biden. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erklärte, das Urteil sei ein wichtiger Meilenstein. Alle Amerikaner seien nun vor Diskriminierung am Arbeitsplatz geschützt – „unabhängig davon, wer sie sind oder wen sie lieben“, sagte Pelosi.