NATO fürchtet weitere Alleingänge Trumps

Die US-Pläne für einen Abzug Tausender Soldaten aus Deutschland schüren in der NATO die Sorge vor noch folgenreicheren Alleingängen des mächtigsten Alliierten. Am Rande einer Videokonferenz der Verteidigungsminister hieß es heute aus Bündniskreisen, dass Präsident Donald Trump offensichtlich noch vor der US-Präsidentschaftswahl im November einen vollständigen US-Abzug aus Afghanistan erwäge.

Eine solche Entscheidung würde gegen zentrale Zusagen an die europäischen Alliierten verstoßen und hätte unkontrollierbare Konsequenzen. So müsste der NATO-Ausbildungseinsatz in Afghanistan höchstwahrscheinlich sofort beendet werden, da die US-Truppen derzeit maßgeblich für die Sicherheit sorgen.

Im Bündnis NATO wird befürchtet, dass es in der Folge wieder zu einer Destabilisierung durch islamistische Talibankämpfer und zu Rückschritten bei Demokratie und Menschenrechten kommt. Das fast zwei Jahrzehnte lange NATO-Engagement in Afghanistan könnte so vergeblich gewesen sein. Öffentliche Äußerungen von Verteidigungsministern zu dem Thema gab es bisher nicht.

Sorge über Teilabzug von Truppen aus Deutschland

Diplomaten bestätigten allerdings, dass Trumps Ankündigungen eines Teilabzugs von Truppen aus Deutschland im Bündnis zusätzliche Unruhe ausgelöst haben. Sorgen mache vor allem, dass die Entscheidung ohne vorherige Konsultationen getroffen wurde.

„Je mehr Trump seine Wiederwahl in Gefahr sieht, desto gefährlicher wird es auch für die NATO“, kommentierte ein europäisches Delegationsmitglied. Trump habe seinen Wählern schließlich bereits bei seiner ersten Wahl versprochen, möglichst schnell viele amerikanische Truppen nach Hause zu holen.

In diesem Zusammenhang wird nun auch Trumps Ankündigung gesehen, fast 10.000 der derzeit 34.500 Soldaten aus Deutschland abzuziehen. Offiziell begründete der US-Präsident seine Entscheidung mit der Weigerung der deutschen Regierung, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.