„Schredder-Affäre“: WKStA wollte schärferes Vorgehen

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wollte in der „Schredder-Affäre“ Handy und Laptop eines Mitarbeiters von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beschlagnahmen lassen. Durchgeführt wurde die Anordnung aber nicht, weil die Korruptionsermittler das Verfahren nach einer Weisung der Oberstaatsanwalt abtreten mussten. Das geht aus einem Bericht von Peter Pilz’ Onlinemedium ZackZack hervor.

Konkret geht es um jenen Mitarbeiter, der vor dem Misstrauensantrag gegen Kurz im Mai 2019 fünf Festplatten des Kanzleramts bei einer externen Firma schreddern ließ – unter Umgehung des üblichen Dienstwegs im Kanzleramt und ohne die Rechnung zu bezahlen. Die WKStA vermutete einen Zusammenhang mit der kurz davor aufgeflogenen „Ibiza-Affäre“ und leitete Ermittlungen ein.

WKStA wurde Zuständigkeit entzogen

Für Kritik sorgte zuletzt, dass der mit einer Nachschau beim Mitarbeiter betraute Polizist – ein früherer ÖVP-Gemeinderatskandidat – weder Handy noch Laptop des Mitarbeiters beschlagnahmte. Der Chef der mit den „Ibiza“-Ermittlungen im Bundeskriminalamt betrauten „SoKo Tape“, Andreas Holzer, begründete das im Untersuchungsausschuss damit, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft keinen entsprechenden Auftrag erteilt habe.

Offenbar wollte die WKStA aber sehr wohl eine Sicherstellung von Handy und Laptop des Kurz-Mitarbeiters erreichen. Eine entsprechende Anordnung hat ZackZack veröffentlicht. Umgesetzt wurde sie dem Bericht zufolge aber nicht, weil der Staatsanwaltschaft per Weisung die Zuständigkeit für die Causa entzogen wurde.

Nachfrage ergab keinen Zusammenhang

Der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, habe den Korruptionsermittlern am 1. August aufgetragen, die Causa an die Staatsanwaltschaft Wien abzutreten, wenn eine Nachfrage im Kanzleramt keine konkreten Hinweise auf einen Zusammenhang mit der „Ibiza-Affäre“ ergibt.

Das damals von Brigitte Bierlein geführte Kanzleramt teilte der WKStA daraufhin mit, dass ein Zusammenhang mit dem „Ibiza-Video“ nicht mehr festgestellt werden könne, weil die Festplatten zerstört wurden.

NEOS vermisst „Verve“ bei Ermittlungen

NEOS kritisierte die „Einmischung“ der Oberstaatsanwaltschaft. Die Causa zeige, dass es keinen „Krieg“ der Justiz gegen die „SoKo Ibiza“ gebe, sondern einen permanenten Konflikt „türkiser Netzwerke“ im Justiz- und Innenministerium gegen die WKStA, meinte U-Ausschuss-Mitglied Stephanie Krisper.

Sie will Fuchs und Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek im Juli dazu im U-Ausschuss befragen. Bei Ermittlungen gegen die ÖVP werde „keine besondere Verve an den Tag gelegt“.