Für besonderes Aufsehen sorgte Skoros Sager deshalb, weil seine rechte Partei Heimatbewegung bei der bevorstehenden Parlamentswahl am 5. Juli zur drittstärksten Kraft aufsteigen dürfte. Skoro tat seine Meinung in einer Wahldebatte kund, in der er sich mit dem Parlamentspräsidenten Gordan Jandrokovic von der konservativen Regierungspartei HDZ einig war, dass das Leben mit der Befruchtung beginne. Skoro betonte, dass der Staat viele Mechanismen habe, um Frauen zu helfen, alles zu unternehmen, um Leben zu schützen.
Im laufenden Wahlkampf empörten bereits einige Politiker mit Aussagen über Abtreibung. Der Kandidat der konservativen Oppositionspartei Most (Brücke), Nino Raspudic, würde Frauen, die nach einer Vergewaltigung schwanger werden, die Abtreibung gar verbieten.
„Ohne Druck, ohne Stigmatisierung“
Die Aussagen lösten Aufregung unter kroatischen Frauen aus. Die Vizebürgermeisterin von Osijek, Zana Gamos von der mitregierenden liberalen HNS, rief als Erste die Frauen auf, mit dem Mittelfinger zu protestieren. „Ich schließe mich den Frauen an, die mit dieser ‚unanständigen‘ Geste ihren Standpunkt zeigen und die Stimme gegen diejenigen erheben, die uns um Jahrhunderte zurückwerfen wollen“, teilte Grabar-Kitarovic der Tageszeitung „Jutarnji list“ mit und fügte ein Foto von sich mit ausgestrecktem Mittelfinger bei. Die Zeiten, als Männer Entscheidungen für Frauen getroffen haben, seien vorbei, betonte die Ex-Präsidentin.
Grabar-Kitarovic erklärte weiters, dass sie sich immer für das Leben eingesetzt habe, aber auch für ein Leben, das ein Recht auf Wahlfreiheit habe. „Ohne Druck, ohne Stigmatisierung und Konditionierung, insbesondere in den kritischsten Lebenssituationen wie Vergewaltigung“, so Grabar-Kitarovic. „Daher hebe auch ich als Zeichen der Unterstützung meinen Mittelfinger für uns Frauen und für unsere Rechte, aber auch für Männer, die uns unterstützen.“
Entsetzt über die Aussagen zur Abtreibung zeigte sich auch Bildungsministerin Blazenka Divjak (HNS): „Wie können sie es wagen zu glauben, dass sie als Männer den Frauen sagen können, wie sie sich fühlen oder was sie denken sollen bzw. nach wessen Meinung sie in Situationen, die ihr Leben betreffen, fragen sollen“, schrieb die Ministerin auf Facebook.
Grabar-Kitarovic empfing selbst Abtreibungsgegner
In Sozialen Netzwerken wurde unterdessen darauf hingewiesen, dass Grabar-Kitarovic in ihrer Amtszeit als Präsidentin nicht immer ein Gehör für Frauen und deren Rechte gehabt habe. Einige, darunter Ex-Ministerpräsidentin Jadranka Kosor, warfen ihr vor, ihre Stimme nicht für Frauen als Gewaltopfer erhoben zu haben. Außerdem wurde daran erinnert, dass sie als Präsidentin die Abtreibungsgegner, die den alljährlichen „Marsch für das Leben“ organisieren, empfangen habe.
Im überwiegend katholischen Kroatien ist gemäß einem aus dem Jahr 1978 stammenden Gesetz Abtreibung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche legal. Allerdings gibt es zunehmend Ärztinnen und Ärzte, die den Eingriff aus Gewissensgründen ablehnen, sodass in einigen öffentlichen Krankenhäusern gar keine Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen wurden.