Ibiza-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz
„Ibiza“-U-Ausschuss

Politgerangel vor nächster Befragung

Diese Woche geht der „Ibiza“-U-Ausschuss in die nächste Runde. Geladen sind am Mittwoch unter anderen Bundeskanzler Sebastian Kurz und der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger (beide ÖVP). Doch schon davor gehen die Wogen hoch – so brach am Wochenende eine Diskussion über parteinahe Vereine aus. Die ÖVP verlangte nicht nur neue Akten, sondern auch einen neuen Zeugen. Die SPÖ ortete ein „Ablenkungsmanöver“.

Derzeit beschäftigt sich der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss mit derartigen Vereinen. Im Video sagte der zurückgetretene FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, man könne über solche Konstrukte Parteispenden am Rechnungshof vorbeischleusen.

Ex-FPÖ-Politiker Johann Gudenus behauptete am Freitag, die Idee zur Gründung eines FPÖ-nahen Vereins, in diesem Fall das Institut für Sicherheitspolitik (ISP) soll der frühere Verteidigungsminister und nunmehrige burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) geliefert haben. Doskozil widersprach am Samstag den Vorwürfen – und ruderte am Sonntag zurück.

Hans Peter Doskozil
APA/Robert Jaeger
Doskozil widerspricht Gudenus, der ihm vorwirft, die Idee für die Gründung des ISP geliefert zu haben

ÖVP will Doskozil in den U-Ausschuss laden

Der „Standard“ berichtete am Sonntag, dass das ISP sein erstes Geld aus dem Verteidigungsministerium unter der Ära von Doskozil erhalten habe. Tags zuvor hatte das Büro des nunmehrigen burgenländischen Landeshauptmanns Geldflüsse, die zur Finanzierung von Parteien dienen, unter seiner Zeit als Verteidigungsminister zum ISP dementiert.

Doskozil war bis Ende 2017 Verteidigungsminister, bevor er als Landesrat ins Burgenland wechselte. Die Kooperationsvereinbarung mit dem ISP, das wegen des Verdachts verdeckter Parteispenden im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss beleuchtet wird, wurde in seiner Amtszeit unterzeichnet. Wie der „Standard“ berichtete, gehe aus Unterlagen zur Finanzprüfung des ISP hervor, dass die Generalstabsdirektion im Verteidigungsressort am 1.6.2017 exakt 100.000 Euro an das ISP überwies. Im gesamten Jahr erhielt der Verein 200.000, zu zahlen in 50.000-Euro-Tranchen zu Ende des jeweiligen Quartals. Der Vertrag gilt noch bis Jahresende.

Wenige Stunden nachdem der „Standard“-Artikel veröffentlicht wurde, ruderte auch das Büro von Doskozil mit dem Dementi zur Finanzierung zurück. Durch das Ausscheiden aus dem Verteidigungsministerium Ende 2017 würden Doskozil keine Unterlagen aus dieser Zeit mehr vorliegen. Dass unter seiner Ära Geld an das ISP geflossen sei, „beruhte auf einer Empfehlung unseres Rechtsvertreters aufgrund unseres internen Informationsstandes“. Doskozil weilt derzeit im Ausland, sein Büro entschuldigte sich für diesen „Fehler aufgrund eines falschen Informationsstands“.

ÖVP ortet „Verstrickungen“ der SPÖ

Der frühere FPÖ-Abgeordnete und ISP-Obmann Markus Tschank sagte, dass jährlich Leistungen von 200.000 Euro für Veranstaltungen und Studien mit dem Verteidigungsministerium abgerechnet worden seien. Mit verdeckter Parteienfinanzierung habe man nie etwas zu tun gehabt. Dennoch will die ÖVP die Ladung Doskozils als Auskunftsperson vor den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss.

Die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz ging am Samstag in einer Aussendung davon aus, „dass wir uns über alle Parteigrenzen hinweg einig sind, dass eine Ladung von Landeshauptmann Doskozil vor den ‚Ibiza‘-U-Ausschuss unumgänglich und zwingend notwendig ist“. Sie hoffte auch, dass SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer großes Interesse daran haben wird, die „Verstrickungen seiner eigenen Partei mit den Vereinskonstruktionen rund um die FPÖ“ aufzuklären.

Denn zwei der insgesamt sechs Vereine, die mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeiten, sind SPÖ-nahe. Es handelt sich um das Bruno Kreisky Forum (BKF) für internationalen Dialog, dem Rudolf Scholten vorsteht. Im Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) ist der einstige sozialdemokratische Verteidigungsminister Norbert Darabos Präsident.

Aufregung über FPÖ-nahes Institut

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sagte am Samstag, dass es während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister kein Geld für das FPÖ-nahe Institut für Sicherheitspolitik aus dem Ministerium gab. Doch die Vereinsbuchhaltung zeigt etwas anderes.

Doskozil: „Komme sehr gerne“

Die ÖVP will nun alle Akten des Verteidigungsministeriums zu Kooperationen mit Vereinen anfordern. Parlamentarische Anfragebeantwortungen widersprächen Aussagen des ehemaligen Verteidigungsministers Doskozil, wonach kein Geld an das ISP der FPÖ geflossen sei, hieß es am Sonntag in einer ÖVP-Aussendung.

„Ich komme sehr gerne, wenn ich geladen werde“, sagte Doskozil heute zu einer möglichen Befragung im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

SPÖ: „Durchschaubares Ablenkungsmanöver“

Als „parteipolitische Polemik einer beleidigten ÖVP“ bezeichnete unterdessen der freiheitliche Fraktionsführer im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, die „Begehrlichkeiten“, die Ladung Doskozils. Wenn es dazu komme, könne man ihn aber auch gleich über ÖVP-nahe Vereine, die vom Ministerium finanzielle Zuwendungen bekommen haben sollen, befragen.

Die SPÖ Burgenland sieht darin einen Anpatzversuch seitens der ÖVP. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst ortete in einer Aussendung ein „durchschaubares Ablenkungsmanöver der skandalgebeutelten ÖVP“. Zudem sprach er von „primitiven Attacken“ auf Doskozil.

NEOS wehrt sich gegen ÖVP-Attacken

Die ÖVP kritisiert allerdings nicht nur die SPÖ, sondern auch NEOS. Im Zuge der „Schredder-Affäre“ hatte NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper die Justiz kritisiert. Klaus Fürlinger, Mitglied des ÖVP-Teams, meinte am Sonntag in einer Aussendung, eine „staatsanwaltliche Überprüfung der fragwürdigen Aktivitäten von Krisper im U-Ausschuss“ sei „höchst angezeigt“.

„Die ständige Kritik an Institutionen des österreichischen Rechtsstaates, auf dessen Integrität sich jeder Mensch voll verlassen können muss, ist so nicht zu tolerieren“, meinte Fürlinger zu Krispers Kritik an der Oberstaatsanwaltschaft. „Auch der parlamentarische U-Ausschuss ist kein rechtsfreier Raum, in dem einzelne Oppositionspolitiker machen können, was sie wollen“, schrieb er in einer Aussendung.

Helmut Brandstätter, U-Ausschuss-Mitglied von NEOS, konterte Fürlinger: „Offenbar liegen die Nerven bei der ÖVP vor der ‚Kanzler-und ÖVP-Woche‘ im U-Ausschuss blank.“ Anders sei nicht zu erklären, dass man versuche, die Aufklärungsarbeit einer Oppositionspartei zu kriminalisieren und die staatsanwaltliche Prüfung der politischen Tätigkeit anzuordnen. Auch SPÖ-Fraktionsführer Krainer verlangte von der ÖVP eine „sofortige und unzweideutige Rücknahme der Drohung“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz
ORF.at/Roland Winkler
Auch Kurz soll kommende Woche beim „Ibiza“-U-Ausschuss aussagen – das Thema: mögliche FPÖ-Postenschacher

Kurz, Löger und Blümel bei U-Ausschuss

Der „Ibiza“-U-Ausschuss geht am Mittwoch in die nächste Runde – und erwartet dabei politisch höchstrangigen Besuch: Bundeskanzler Kurz wird den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Vorrangig geht es um mögliche FPÖ-Postenschacher in der Glücksspielindustrie während der Zeit der ÖVP-FPÖ-Regierung. Aus diesem Grund sollen auch weitere Vertreter der Casinos Austria AG (CASAG) aussagen.

Bereits vor zwei Wochen wurde der Glücksspielkomplex im U-Ausschuss angerissen. In der Casinos-Personalaffäre geht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dem Verdacht nach, ob es um die Bestellung des Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria Absprachen zwischen der ÖVP-FPÖ-Regierung und dem damaligen Casinos-Miteigentümer Novomatic gab.

Kurz: will „in allen Bereichen“ Auskunft erteilen

Zuletzt war der Name von Kurz auf einem Scan der „SoKo Ibiza“ (eine handschriftliche Notiz von Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner) an die Staatsanwälte aufgetaucht. Er will „selbstverständlich in allen Bereichen, wo ich einen Beitrag leisten kann, Auskunft erteilen“, sagte er im Vorfeld. Das betreffe auch Personalentscheidungen. Fragen an den Kanzler dürfte es aber auch zum „Ibiza-Video“ geben.

Für den gleichen Tag bestellt wurde der damalige Finanzminister Löger. Ihm werden sichergestellte WhatsApp-Nachrichten unter anderem mit Strache zu vermuteten Postenschachern zur Last gelegt. Der nunmehrige Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) ist als damaliger Regierungskoordinator am Donnerstag geladen. Auch ihn sehen manche Oppositionspolitiker als möglichen Mitwisser.

Aber auch prominente Vertreter der CASAG selbst sollen Auskunft geben. So etwa der in der Causa beschuldigte Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner. Ihm folgt Casinos-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner. Tags zuvor ist außerdem der Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, im Zeugenstand. Auch er ist Beschuldigter in der Causa. Er war unter Löger im Finanzministerium Generalsekretär und zuvor für mehrere ÖVP-Minister tätig.