Der amerikanische Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt
AP/U.S. Navy/Mass Communication Specialist Seaman Kaylianna Genier
Seemanöver

China warnt USA vor Konfrontation

Im Pazifik sind aktuell mehrere US-Flugzeugträger unterwegs, seit Tagen führen sie Manöver durch. Der Einsatz ist der größte seit drei Jahren, angelegt als „Warnung“ an China, wie es Mitte Juni geheißen hatte. Anfangs hatte Peking von einer Inszenierung gesprochen und sich gelassen gezeigt. Nun werden die Worte deutlicher. China warnt vor „strategischen Missverständnissen“ und einer Konfrontation.

Vor etwas mehr als einer Woche hatte Washington mitgeteilt, dass die drei Flugzeugträger „USS Ronald Reagan“, „USS Theodore Roosevelt“ und „USS Nimitz“, jeweils mit Dutzenden Kampfjets an Bord, an unterschiedlichen Orten im Pazifik operierten. Vor wenigen Tagen begannen gemeinsame Manöver. Der Befehlshaber des United States Indo-Pacific Command, Konteradmiral Stephen Koehler, nannte die Verbände „phänomenale Symbole“ der Macht der USA auf See.

Peking sprach von einer möglichen Gefahr für seine Truppen im Südchinesischen Meer, am Dienstag wurden die Worte deutlicher. Der US-Einsatz – der größte seit 2017 – sei beispiellos, hieß es aus Peking. Ein militärischer Zwischenfall sei nicht ausgeschlossen.

„Strategische Missverständnisse“

Ein regierungsnahes chinesisches Sicherheitsinstitut bezifferte die Truppenstärke der USA im asiatisch-pazifischen Raum mit 375.000 Soldatinnen und Soldaten, 60 Prozent ihrer Kriegsschiffe operierten dort. Die Zahl der Einsätze sei – im Vergleich zur Amtszeit seines Vorgängers Barack Obama – unter US-Präsident Donald Trump stark gestiegen: von vier auf 22.

Die Streitkräfte beider Seiten „sollten die Kommunikation intensivieren“, um „strategische Missverständnisse und Fehleinschätzungen zu verhindern“, lautete eine Empfehlung in dem Bericht des Instituts. Hochrangige militärische Treffen sollten wieder aufgenommen und gemeinsame Seemanöver durchgeführt werden. China strebe nicht nach einem neuen Kalten Krieg mit den USA. Das hatte Peking schon vor über einer Woche via „Global Times“, dem Sprachrohr der chinesischen Kommunistischen Partei (KP), das auf Englisch erscheint, versichert.

China spricht von Inszenierung

Man werde die US-Muskelspiele, die absolut unnötig seien und nur der globalen Sicherheit schadeten, ignorieren, hieß es in der chinesischen Tageszeitung. Gleichzeitig verwies die „Global Times“ aber auf eventuelle „Gegenmaßnahmen“ und auf das Arsenal an chinesischen Mittelstreckenraketen, fähig dazu, Schiffe auch auf große Distanzen zu bekämpfen.

China interpretierte die Manöver, unter anderem in der Nähe der Philippinen, als Versuch, aktuelle militärische Schwächen zu überspielen. Die USA seien verunsichert, sie sorgten sich, dass die „Außenwelt“ ihre aktuellen militärischen Fähigkeiten in Zweifel ziehe, deshalb der Aufmarsch samt – aus Sicht Pekings – ungewöhnlich lautem Medienecho.

CoV machte auch vor US-Marine nicht halt

Washington lasse die Muskeln spielen, um anderen Ländern zu zeigen, dass die Coronavirus-Pandemie die Kampfkraft der US Navy nicht geschwächt habe. Das sei aber ein Faktum. Moral und Kampfkraft seien „sicherlich“ von der Pandemie „beeinflusst“ worden, schrieb die „Global Times“. Die US-Marine blase sich auf, und das, wo das aktuell absolut unnötig sei.

F/A-18F Super Hornet fliegt einen Flugzeugträger an
AP/U.S. Navy
Start eines US-Kampfjets von der „Theodore Roosevelt“ aus. Wenig später im März gab es auf dem Schiff Hunderte CoV-Infektionen.

Tatsächlich waren schon im März auf der „USS Theodore Roosevelt“ Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Erreger aufgetreten, es gab über 1.000 positive Tests, das Schiff lief erst kürzlich wieder aus. Die Besatzung der „Ronald Reagan“ hatte strenge Quarantänebestimmungen einhalten müssen. Laut dem US-TV-Sender CNN waren bereits im letzten Monat U-Boote der US-Pazifikflotte im Einsatz gewesen.

Permanente Aktivitäten vor Chinas Haustür

Der US-TV-Sender verwies auch auf die aktuell wieder zunehmenden Spannungen zwischen Washington und Peking, in denen es nicht nur um strategische Interessen in der Region, speziell dem Südchinesischen Meer zwischen Vietnam und den Philippinen, geht. Erst letzte Woche habe ein Boeing-C-40-Transportflugzeug der US-Armee auf dem Weg nach Thailand Taiwan überflogen – laut USA ein „logistischer Routineflug“, für China, das Taiwan als Teil seines Territoriums sieht, eine weitere „ernsthafte Provokation“.

Eine Karte zeigt das Südchinesische Meer
Grafik: Map Resources/ORF.at

Der Flug habe Chinas Souveränität und internationales Recht verletzt. Taiwan hatte sich 1949 von China abgespaltet. Peking betrachtet die südlich vom chinesischen Festland gelegene Insel aber weiter als abtrünnige Provinz, die wieder mit der Volksrepublik vereinigt werden soll – notfalls mit militärischer Gewalt. Anfang Juni hätte Washington ein Kriegsschiff in die Straße von Taiwan, direkt vor dem chinesischen Festland, geschickt, überhaupt seien die USA im und über dem Südchinesischen Meer permanent militärisch aktiv.

Konflikt hat bereits viele Facetten

Das „ungewöhnliche gleichzeitige Auftauchen“ der drei Flugzeugträger samt anderen Kriegsschiffen und Flugzeugen sei im Kontext eines mittlerweile vielschichtigen Konflikts zwischen den USA und China zu sehen, analysierte die US-Nachrichtenagentur AP – er reicht von einem Handelskrieg über den Streit über den Status Hongkongs bis zu Schuldzuweisungen in der Coronavirus-Pandemie.

China richte „langsam und mit Methode“ moderne militärische Außenposten im Südchinesischen Meer ein, sagte Marinekommandeur Koehler gegenüber der AP. Die Volksbefreiungsarmee operiere etwa neuerdings von einem Atoll der Spratly-Inseln aus mit Flugzeugen. Auf die verstreute Inselgruppe bzw. Teile davon erheben unterschiedliche Länder Ansprüche, darunter China, Taiwan, Vietnam, die Philippinen, aber etwa auch Malaysia.