US-Justiz: Oberster Gerichtshof soll „Obamacare“ kippen

Inmitten steigender Coronavirus-Infektionszahlen hat das US-Justizministerium den Obersten Gerichtshof dazu aufgefordert, die unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama eingeführten Erweiterungen des Krankenversicherungssystems aufzuheben.

Das auch als „Obamacare“ bekannte Gesetz von 2010 habe seine Rechtskraft verloren, als 2017 der seinerzeit von Republikanern dominierte Kongress Strafen für nicht krankenversicherte Personen de facto abschaffte, argumentierte die Behörde in dem gestern eingereichten Gerichtsdokument.

Schon vor der Krise jeder Zehnte ohne Krankenversicherung

Präsident Donald Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, hatte das Gesetz mehrfach als „Desaster“ bezeichnet und will die Änderungen abschaffen. Selbst vor der Coronavirus-Krise hatten rund 28 Millionen Menschen – fast jeder Zehnte im Land – keine Krankenversicherung. Unter Obama wurden die Optionen für eine Krankenversicherung deutlich ausgeweitet.

Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nannte den Antrag des Weißen Hauses beim Supreme Court „einen Akt unfassbarer Grausamkeit“ inmitten der Coronavirus-Pandemie. Im Falle einer Abschaffung von „Obamacare“ drohe 130 Millionen US-Bürgern mit Vorerkrankungen der Verlust ihrer Krankenversicherung über „Obamacare“, sagte Pelosi. 23 Millionen Menschen könnten ihre Versicherung ganz verlieren. Für die „desaströsen Versuche der Trump-Regierung, den Amerikanern die Gesundheitsversorgung wegzunehmen“, gebe es weder eine rechtliche noch eine moralische Rechtfertigung, kritisierte Pelosi weiter.

In dem seit Jahren andauernden Rechtsstreit über das Gesetz stellte sich das Justizministerium mit dem Schreiben auf die Seite mehrerer von Republikanern geführter Bundesstaaten. Dieses sieht in seiner ursprünglichen Fassung vor, dass Einzelpersonen mit bestimmten Ausnahmen ein Mindestmaß an Krankenversicherungsschutz haben müssen. Andernfalls sind Zahlungen an die Steuerbehörde IRS zu entrichten.

Weitere Termine angesetzt

Im Dezember hatte ein Berufungsgericht im Bundesstaat Louisiana diese im Gesetz verankerte grundsätzliche Verpflichtung für verfassungswidrig befunden. Kalifornien hatte daraufhin gemeinsam mit weiteren von Demokraten geführten Bundesstaaten vor dem Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Urteil eingelegt. Weitere Termine in dem Fall sind für den Herbst angesetzt.

Wann genau das Gericht eine Entscheidung fällen wird, ist unklar. Sollte der Oberste Gerichtshof die unter Obama eingeführten Änderungen aufheben, könnten Medienberichten zufolge Millionen Menschen ihren Krankenversicherungsschutz verlieren.