Bundesheersoldaten
Bundesheer/Dragan Tatic
Pläne fürs Bundesheer

Opposition fordert Erklärung von Tanner

Die Debatte über die Umstrukturierungspläne für das Bundesheer reißt nicht ab. Die Opposition forderte am Freitag eine Erklärung von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) in der nächsten Nationalratssitzung. Tanner betonte erneut, dass die militärische Landesverteidigung die Kernaufgabe des Heeres bleiben soll – wie die konkreten Änderungen beim Heer aussehen werden, sagte sie nicht.

Tanners Kabinett hatte in einem Hintergrundgespräch am Dienstagabend Pläne einer weitgehenden Reduktion der militärischen Landesverteidigung bekanntgegeben – die Ministerin musste daraufhin zum Rapport bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen und ruderte insofern zurück, als sie die Ideen nur noch als „Startschuss für einen Prozess zur Weiterentwicklung des Bundesheeres“ verstanden wissen wollte.

Am Freitag bat Tanner Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) um die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates. Damit werde man diesen Weiterentwicklungsprozess auch auf politischer Ebene starten, so Tanner in einer Aussendung. „Am Ende werden wir unser Heer in das 21. Jahrhundert geführt haben“, sagte sie. „Dabei ist klar: Die militärische Landesverteidigung ist und bleibt die Kernaufgabe des Bundesheeres“, daneben müsse man sich auf neue Bedrohungen vorbereiten.

FPÖ sieht Verfassungsbruch

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch forderte Tanner „dringend“ auf, in der Nationalratssondersitzung eine Erklärung abzugeben und den Abgeordneten im Plenum Rede und Antwort zu stehen. Sollte sich Tanner am Dienstag weigern, werde man aber weitere parlamentarische Schritte machen, versicherte Bösch bei einer Pressekonferenz mit den Wehrsprechern von SPÖ und NEOS.

Die Wehrsprecher Reinhard Bösch, Robert Laimer Douglas Hoyos
APA/Herbert Neubauer
FPÖ-Wehrsprecher Bösch mit seinen Kollegen Laimer (SPÖ) und Hoyos (NEOS, v. l.): Die Opposition sei „in Sorge um unsere Heimat“

Die kolportierten Pläne zur Umstrukturierung würden das Bundesheer „zu Tode reformieren“, so Bösch. Am Donnerstag habe Tanner im ZIB2-Interview „mit Stehsätzen gelangweilt“ und keine Antworten auf die gestellten Fragen gegeben. „Wir erleben ein Schönreden der Bedrohungsszenarien durch die ÖVP.“ Tanners Vorschläge bedeuteten de facto die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung und damit einen Bruch der Bundesverfassung. Beschwichtigungen der Ressortchefin schenke man keinen Glauben.

SPÖ kündigt Onlinepetition an

Die Opposition sei „in Sorge um unsere Heimat“, sagte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. Wenn der Schwerpunkt künftig auf Katastrophenschutz liege, stelle sich die Frage, wer Österreich im Ernstfall schütze, meinte er. Die NATO solle es jedenfalls nicht sein. Man werde über das Parlament auch eine Onlinepetition einbringen, kündigte Laimer an.

Verteidigungsministerin Tanner (ÖVP) über die Pläne für das Heer

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner nahm in der ZIB2 zu den kolportierten Plänen für das Bundesheer Stellung und stellte die Schließung von Kasernen in Abrede.

Eine „Nebelgranate“, um die Befragung von Kanzler Kurz im „Ibiza“-U-Ausschuss zu verschleiern, ortete NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos. Tanner gehe es nicht um die Sicherheit des Landes, „sondern rein um die Sicherheit des Sebastian Kurz“. So eine Ministerin sei „untragbar“. Hoyos sagte, er habe überhaupt das Gefühl, dass Tanner nicht wisse, was in der Verfassung zum Bundesheer steht – „eine solche Ministerin sollte sich wirklich überlegen, ob sie am richtigen Sessel sitzt“.

ÖVP-Wehrsprecher für „unaufgeregte Diskussion“

ÖVP-Wehrsprecher Michael Hammer sah in der Diskussion eine „unnötige Panikmache“ und forderte vor allem die Opposition dazu auf, „zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren“. Die militärische Landesverteidigung sei und bleibe die Kernaufgabe des Bundesheeres, es würden keine Garnisonen aufgelassen und keine Beschäftigten gekündigt. Man stehe am Anfang eines „Ideen- und Reformprozesses“. Die Ministerin werde erste Informationen über den startenden Prozess im Nationalen Sicherheitsrat präsentieren und mit den Abgeordneten besprechen.

„Selbstverständlich“ keine Kasernenschließungen

In der ZIB2 dementierte Tanner am Donnerstag, dass im Zuge einer Heeresreform Kasernen geschlossen werden könnten. „Na selbstverständlich nicht“, sagte sie auf die entsprechende Frage. Nicht zu erfahren war von ihr, welche Reformschritte jetzt – nach Ankündigung und Zurückrudern – tatsächlich geplant sind.

In einem Hintergrundgespräch der Ressortführung (ohne Ministerin) Dienstagabend waren Kasernenschließungen – im Zuge der Reduktion der militärischen Landesverteidigung auf ein Minimum – nicht ausgeschlossen worden. Auf wiederholte Fragen, ob die da bekanntgegebenen radikalen Änderungen ihre Reformpläne waren, ging Tanner in der ZIB2 nicht ein, auch nicht auf die Frage danach, was sie jetzt tatsächlich plant.

Sie versicherte nur ein ums andere Mal, dass die militärische Landesverteidigung „das Wichtigste“ und Kernaufgabe des Heeres sei, man sich aber auch „Schritt für Schritt“ auf neue Bedrohungsbilder einstellen müsse und dass es ihre Aufgabe sei, das Regierungsprogramm „Punkt für Punkt“ umzusetzen.

Grüne bitten um „dringende“ Aussprache

Nicht nur der Oberbefehlshaber Bundespräsident Van der Bellen war offensichtlich nicht über die verkündeten Pläne informiert, auch der Koalitionspartner wusste nichts davon. Deshalb verlangten die Grünen „dringend“ eine Aussprache, berichtete der „Standard“.

Grafik zum Bundesheer
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Bundesheer

Ebenso überrascht vom Vorstoß der Ressortchefin war laut „Standard“ der Generalstab. Dort erfuhren die meisten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erst aus den Medien über Tanners Vorhaben. „Dass solche Pläne in dieser Tragweite ohne vorherige Absprache verkündet werden, haben wir noch nicht erlebt“, sagte ein Generalstabsmitglied der Zeitung.

Am Freitag meldete sich auch Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) mit einer eindringlichen Warnung vor der Zerstörung des Bundesheeres zu Wort. Kunasek warf der ÖVP vor, sich „außerhalb des Verfassungsbogens“ zu bewegen. Die ÖVP-Heerespläne würden der Neutralität widersprechen und die Landesverteidigung zur Unkenntlichkeit aushöhlen. Verteidigungsministerin Tanner erweise sich als „ahnungsloser und willkürlicher Erfüllungsgehilfe der türkisen Kurz-Jünger“, so Kunasek.