ORF will Digitalstrategie „massiv beschleunigen“

Generaldirektor Alexander Wrabetz will die Digitalstrategie des ORF „massiv beschleunigen“. Vorgesehen sei ein ORF-Player mit „Andockmöglichkeiten“ für Private, sagte er gestern. „Ich glaube, man ist eher davon abgekommen, dass alle österreichischen Medien einen gemeinsamen Player machen sollen, weil sich die unterschiedlichen Interessen schwer unter einen Hut bringen lassen.“

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz
APA/Georg Hochmuth

Eine Zusammenarbeit mit privaten Medienhäusern kann er sich aber in mehreren Bereichen gut vorstellen. Welche genau das sind, soll in den kommenden Monaten geklärt werden. Er sei etwa nach wie vor für einen gemeinsamen Log-in-Bereich. Ganz aufgegeben habe er auch die Idee einer gemeinsamen Onlinevermarktungsplattform („Marketplace“) noch nicht.

Offene Fragen bei Nutzung des Archivs

„Sicher noch viele Diskussionen“ werde es aber in der Frage der Nutzung des ORF-Archivs geben. Hier könne er sich zwar Verbesserungen vorstellen, „aber naturgemäß werden wir die Inhalte unserer Archive nicht zur kommerziellen Nutzung hergeben können“, betonte er. „Unsere neu produzierten Filme am nächsten Tag der Konkurrenz zu schenken, das wird schon aus rechtlichen Gründen nicht gehen.“

Vorstellbar wäre für ihn dagegen ein erleichterter Zugang für den Fall, dass ein anderer Sender mit vom ORF gedrehten Material eine neue Doku herstellen will. Auch das Publikum soll Zugang zum Archiv erhalten, so Wrabetz. Flimmit könnte als Premiumangebot mit „einer niedrigen Bezahlschranke“ an den Player angedockt werden.

ZIB1-Durchschaltung bleibt vorerst

Die Durchschaltung der Zeit im Bild 1, die am 15. März, dem Tag vor dem „Lock-down“, wieder eingeführt wurde, soll jedenfalls bis Ende August, vermutlich aber dauerhaft aufrecht bleiben. „Wir bereiten einen Beschluss vor, dass das endgültig wieder so sein wird“, sagte Wrabetz. Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass die Durchschaltung nicht nur während der Hochzeit der Coronavirus-Pandemie, sondern auch im langsam wieder eintretenden Normalbetrieb positive Programmeffekte habe. „Wir unterstreichen damit auch die Rolle von ORF1 als Träger von Informationssendungen.“

Kurzarbeit soll es im ORF noch bis Ende September geben, dann aber nur noch für rund 200 Mitarbeiter. Zu Beginn der Krise waren rund 600 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Insgesamt erspart sich der ORF dadurch etwa sechs bis sieben Millionen Euro. Außerdem soll über den Sommer rund die Hälfte der Mitarbeiter weiterhin im Homeoffice arbeiten. „Wir gehen davon aus, dass die Strategie der Regierung sein wird, es zu keinem größeren Shutdown kommen zu lassen, sondern dass die Clustervermeidungsstrategie im Vordergrund stehen wird. Und daher müssen wir alles tun, dass wir nicht selbst ein Cluster werden.“

75 Millionen Euro Verlust durch Krise

Insgesamt kostet die Coronavirus-Krise den ORF knapp 75 Millionen Euro, bekräftigte Wrabetz. Die Summe setzt sich aus Rückgängen bei den Werbeerlösen (rund 35 Millionen), zu erwartenden Mindereinnahmen bei der GIS sowie aus Mehrkosten durch Sicherheitsmaßnahmen und den temporären Baustopp am Küniglberg zusammen. Da mehrere sportliche Großereignisse auf 2021 verschoben wurden, wird heuer ein operativer Verlust von knapp 30 Millionen Euro erwartet. Nach verschiedenen Einmalerlösen werde das Ergebnis vor Steuern bei minus 13 Millionen Euro liegen, sollte sich die Situation rund um das Coronavirus nicht wieder verschlimmern.