Menschen mit Mund-Nasenschutz in Wien
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Coronavirus

Ampelsystem für regionales Risiko kommt

Wie hoch das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, wo in Österreich ist, soll künftig ein Ampelsystem zeigen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte ein solches bis September an. Es soll ähnlich wie eine Lawinenkarte, „auf den ersten Blick“ die aktuelle Lage zeigen. Zuletzt stiegen die Infektionszahlen wieder deutlich – was ein „Weckruf“ sein sollte.

Die Zahl der registrierten Neuinfektionen in Österreich lag am Samstag erneut im dreistelligen Bereich, ähnlich wie es schon in den letzten Tagen der Fall gewesen war, die Zahlen sind regional sehr unterschiedlich.

Künftig soll nun eine „Corona-Ampel“, so Anschober in einer Presseaussendung am Samstag, bei der Risikoeinschätzung helfen und „vermitteln, wie hoch das Corona-Risiko auf Bundesebene und in den einzelnen Bundesländern jeweils aktuell ist“.

„Von Rot über Orange und Gelb bis Grün“

„Ein einfaches vierstufiges Schema von Rot über Orange und Gelb bis Grün“ solle auf wissenschaftlicher Basis „automatisiert“ die aktuelle Lage „sichtbar machen und auch definieren, wann Zusatzmaßnahmen erforderlich sind, und wann Maßnahmen gelockert werden können“, so Anschober in der Aussendung. Derzeit würden „verschiedene Umsetzungsvarianten“ geprüft.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Hans Punz
Anschobers „Rezept“ gegen zweite Welle: Eigenverantwortung und Risikobewusstsein

Von Fachleuten schon länger konzipiert

Ein Ampelsystem und damit eine regionale Differenzierung bei den Maßnahmen gegen die Pandemie war bereits vor Wochen gefordert worden. Als erster Politiker hatte sich der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi Ende Mai für ein Ampelsystem ausgesprochen. Damals hatte die Bundesregierung noch ablehnend reagiert.

Ein solches Modell wurde bereits vom Grazer Public-Health-Experten Martin Sprenger und dem Complexity Science Hub Vienna (CSH) entwickelt. Das System könne aber nur funktionieren, so die Fachleute, wenn die Daten von den regionalen Gesundheitsbehörden entsprechend rasch eingetragen würden, um eine Verbreitung über die Region hinaus möglichst ausschließen zu können.

Die aktuellen Zahlen

Stichwort aktuelle Lage: Im Vergleich zum Freitag stieg die Zahl der Neuinfektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus bis Samstag (Stand 11.00 Uhr) um 109. Die Zahl der aktiv Erkrankten lag zuletzt bei 853. Die meisten Zuwächse gab es mit 56 in Wien, gefolgt von 36 in Oberösterreich und acht in der Steiermark. In Niederösterreich kamen sechs Neuerkrankte hinzu, im Burgenland vier, in Salzburg drei und in Kärnten und Vorarlberg jeweils einer. Tirol verzeichnete keine Neuinfektionen.

Zuletzt befanden sich 68 Personen in Spitalsbehandlung, davon würden acht intensivmedizinisch betreut, hieß es. 18.076 Fälle waren bestätigt, 642.679 Tests wurden bisher insgesamt durchgeführt. 680 Menschen starben laut Daten des Epidemiologischen Meldesystems (EMS).

Deutliche regionale Unterschiede

Die Ampel für das gesamte Bundesgebiet soll es bis September geben – speziell als Vorbereitung für die große Herausforderung im Herbst, hieß es in der Aussendung aus dem Gesundheitsministerium. Vor Anschober hatte bereits Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Dienstag für sein Bundesland ein Ampelmodell angekündigt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Die Zahlen sind regional sehr unterschiedlich. Laut amtlichem Dashboard des Gesundheitsministeriums gab es am Samstag die meisten aktiv Erkrankten mit 306 in Oberösterreich, 305 waren es in Wien und 100 in Niederösterreich, 15 hingegen im Burgenland und sechs in Vorarlberg.

Vorbereitung auf mögliche zweite Welle

Die steigenden Infektionszahlen generell kommen für den Gesundheitsminister nicht ganz überraschend. In der aktuellen „Phase drei“ („Stabilisierung nach den Öffnungen“) nach zehn Öffnungsschritten sei zu erwarten gewesen, „dass es in einzelnen Regionen auch immer wieder zu regionalen Ausbrüchen kommen kann. Diese müssen aber jeweils sehr schnell eingegrenzt werden, damit weitere Ausbreitungen aus diesen Clustern konsequent verhindert werden können“, so Anschober.

Laut ihm bereiten sich die Behörden aktuell auf die nächste „Phase vier“ („erhöhtes Risiko durch vermehrten Aufenthalt in geschlossenen Räumen“), eine mögliche zweite Welle an Infektionen im Herbst vor. Eine solche zweite Welle könne allerdings verhindert werden, wenn jeder und jede Einzelne „wieder stärker die Basismaßnahmen“ wie beispielsweise Mindestabstand, Hygiene, Tragen von Mund-Nasen-Schutz (MNS) in den notwendigen Bereichen, einhalte.

Ein möglicher „Weckruf“

Allerdings, so der Gesundheitsminister, habe es in den vergangenen Wochen „bei einem Teil der Bevölkerung ein sinkendes Risikobewusstsein“ gegeben, stellte Anschober fest. „Ich hoffe sehr, dass die aktuellen regionalen Ausbrüche auch ein genereller Weckruf für diesen Teil der Bevölkerung sind. Wir müssen wachsam, vorsichtig und verantwortungsvoll bleiben, denn das Virus ist weiterhin unter uns, es kann bei Sorglosigkeit jederzeit wieder ausbrechen und es ist weiterhin gefährlich“, warnte der Minister.

Bereits am Freitag hatte das Innenministerium angekündigt, dass die Polizei wieder verstärkt die Einhaltung der geltenden Regeln kontrolliert. Am Montag starten die freiwilligen Screening-Tests in möglichen Risikobereichen.