Vucic kündigte erneut Abgabe der Parteiführung an

Inmitten der Coronavirus-Krise und landesweiter Proteste hat der serbische Präsident Aleksandar Vucic erneut seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) angekündigt. Er werde demnächst nur noch Präsident aller Bürger und Bürgerinnen sein, kündigte Vucic gestern im Fernsehen an. Mit diesem Schritt versucht er Beobachtern zufolge die Lage im Land zu beruhigen.

Die Führung der SNS will Vucic nach eigenen Angaben in Bälde abgeben. Eigentlich hätte Vucic das bereits Mitte 2017 tun müssen, als er das Amt als Staatsoberhaupt antrat. Gemäß der serbischen Verfassung darf der Staatspräsident kein anderes öffentliches Amt ausüben. Sein Amtsvorgänger Tomislav Nikolic (2012–17) war bisher der einzige serbische Präsident, der sich an diese Bestimmung auch hielt.

Proteste in Belgrad

Die Absicht, die Parteiführung abzugeben, hatte Vucic auch im April 2019 geäußert. Dazu kam es allerdings nicht. Die jüngste Ankündigung erfolgte inmitten der Proteste in Belgrad und in einigen anderen Städten, bei denen es mehrfach zu Ausschreitungen gekommen war.

Den unmittelbaren Anlass hatte am Dienstagnachmittag die Ankündigung von Vucic geliefert, angesichts der steigenden Zahlen von Coronavirus-Kranken in Belgrad an diesem Wochenende erneut eine Ausgangssperre zu verhängen. Tausende Menschen versammelten sich daraufhin vor dem Parlament, um ihren Unmut und ihre Wut über die Politik des Staatschefs zu bekunden.

Zur jüngsten Protestwelle kam es nach den am 21. Juni abgehaltenen Parlamentswahlen, bei denen sich die Partei von Vucic 188 von 250 Parlamentssitzen gesichert hatte. Das dürfte Vucic ermöglichen, auch die eventuell in der Kosovo-Frage notwendigen Verfassungsänderungen durchzusetzen. Von führenden Oppositionsparteien waren die Wahlen boykottiert worden.