Der 47-jährige Lee hätte eigentlich am Montag hingerichtet werden sollen. Eine Bundesrichterin stoppte die Hinrichtung aber wenige Stunden vor Vollstreckung per einstweiliger Verfügung. Richterin Tanya Chutkan argumentierte mit möglichen Schmerzen durch den Einsatz des Mittels Pentobarbital für die tödliche Injektion. Der Supreme Court in Washington hob diesen Beschluss dann aber in der Nacht auf Dienstag auf.
Während mehrere Bundesstaaten die Todesstrafe noch vollstrecken, hat es auf Bundesebene seit 2003 keine Hinrichtung mehr gegeben. Die Todesstrafe wurde seitdem zwar weiter verhängt, aber nicht vollstreckt. Für Mittwoch und Freitag sind nach Angaben des Death Penalty Information Center weitere Hinrichtungen auf Bundesebene geplant.
Mord aus rassistischen Gründen
Die meisten Kriminalfälle in den USA werden vor Gerichten in den einzelnen Bundesstaaten verhandelt, einige Prozesse finden allerdings vor Bundesgerichten statt. Darunter fallen Hassverbrechen, eine Reihe besonders schwerer Verbrechen sowie Straftaten, die auf militärischen Einrichtungen oder in Reservaten der indigenen Bevölkerung geschehen.
Lee war wegen Mordes an einem Ehepaar und der achtjährigen Tochter der Frau zum Tode verurteilt worden. Der Raubüberfall im Jänner 1996 sei Teil von Bemühungen Lees gewesen, an Geld für eine rechtsextremistische Gruppe zu kommen. Nach offiziellen Angaben stahl Lee Geld, Waffen und Munition im Wert von rund 80.000 US-Dollar.
„Ihr tötet einen unschuldigen Mann“
Medienberichten zufolge beteuerte Lee unmittelbar vor seiner Hinrichtung seine Unschuld. „Ihr tötet einen unschuldigen Mann“, sagte er nach Angaben der Zeitung „Indianapolis Star“. Laut seinen Anwälten hatte sich Lee im Gefängnis von rechtsextremer Ideologie abgewandt. Die Großmutter des 1996 ermordeten Mädchens hatte sich gegen eine Vollstreckung des Todesurteils ausgesprochen.
Unter anderem hatten die Hinterbliebenen von Lees Opfern die geplante Exekution verhindern wollen, bei der sie anwesend sein wollten. Eine Teilnahme stelle in der Coronavirus-Pandemie wegen der Ansteckungsgefahr aber ein übermäßiges Gesundheitsrisiko dar, hatten sie argumentiert. In den vergangenen Monaten hatte es in US-Gefängnissen besonders viele Erkrankungen mit Covid-19 gegeben.
Nur drei Hinrichtungen auf Bundesebene seit 1988
Ein Berufungsgericht gab dem Antrag der Familie am Wochenende aber nicht statt. Er entbehre „jeglicher diskutabler Rechtsgrundlage“, hieß es. Der Oberste Gerichtshof bestätigte später die Ablehnung. Die Entscheidung der Richter sei mit fünf zu vier Stimmen gefallen, hieß es in Medienberichten.
Ab 1988 hatte es lediglich drei Vollstreckungen der Todesstrafe auf Bundesebene gegeben – darunter war 2001 Timothy McVeigh, der bei einem Anschlag in Oklahoma City 1995 mehr als 160 Menschen getötet hatte. Die Entscheidung von Präsident Trump, nach 17 Jahren erneut damit zu beginnen, hatte international Kritik ausgelöst – auch vonseiten der Europäischen Union.
Giftspritzen umstritten
Nicht nur die Todesstrafe an sich, sondern auch die Hinrichtungsmethode und einige für die Giftspritzen verwendete Mittel sind umstritten. Justizminister William Barr hatte im Juli 2019 angeordnet, dass den Todeskandidaten künftig nur eine tödliche Injektion, und zwar mit dem Mittel Phenobarbital, verabreicht werden soll. Sie ersetzt einen Giftcocktail aus drei Mitteln.
Barr hob hervor, dass seit 2010 Pentobarbital in 14 US-Bundesstaaten bei mehr als 200 Hinrichtungen zum Einsatz gekommen sei. US-Bundesgerichte, darunter der Supreme Court, hätten immer wieder die Vereinbarkeit dieser Hinrichtungsmethode mit dem achten Verfassungszusatz festgestellt, der grausame und ungewöhnliche Strafen verbietet.