Zähe Verhandlungen bei EU-Gipfel in Brüssel

Auf dem Weg zum europäischen Milliardenpaket gegen die Coronavirus-Krise haben die EU-Staaten heute Fortschritte gemacht. Mit einem neuen Verhandlungsvorschlag brachte Ratschef Charles Michel beim Sondergipfel in Brüssel Bewegung in den bis dahin festgefahrenen Streit. „Die Dinge laufen in die richtige Richtung“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Michel sei inzwischen für eine Verlängerung des Sondergipfels bis Sonntag, wie es aus EU-Kreisen hieß.

Szene vom EU-Gipfel 2020 in Brüssel.
APA/AFP/Francisco Seco

Stundenlang beriet Ratschef Michel mit Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staats- und Regierungschefs in kleinen Gruppen, um Kompromisse auszuloten und neue Vorschläge vorzubereiten. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte meldete sich mit einer Videobotschaft zu Wort und nannte die Verhandlungen unerwartet hart. Zentrale Punkte waren nach Angaben von Diplomaten bis zum Abend umstritten.

Mehr Bewegung durch neuen Vorschlag

Es geht um ein Finanz- und Krisenpaket von gut 1,8 Billionen Euro: ein schuldenfinanziertes Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Krise im Umfang von 750 Milliarden Euro und den neuen siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen im Umfang von mehr als 1.000 Milliarden Euro. Damit will sich die EU gemeinsam gegen die dramatische Rezession stemmen. Doch hatten sich am ersten Gipfeltag am Freitag die Verhandlungen der 27 Staaten völlig verhakt.

Mit seinem Kompromissvorschlag ging Michel vor allem auf Forderungen der Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark ein. Der Ratschef blieb zwar bei 750 Milliarden Euro Hilfsgeldern. Doch würden nicht 500 Milliarden, sondern nur 450 Milliarden Euro als Zuschuss an EU-Staaten vergeben und dafür 300 Milliarden Euro statt 250 Milliarden als Kredit. Die vier EU-Länder haben grundsätzliche Bedenken gegen Zuschüsse – und sie wollen die Summe eigentlich noch weiter zusammenstreichen, wie Kurz sagte.

Ungarn unterstrich indes seine Bereitschaft, eine Einigung beim EU-Finanzgipfel wegen des Kapitels zur Rechtsstaatlichkeit zu blockieren. „Politische Vorbedingungen“ für den Erhalt von EU-Mitteln „können nicht akzeptiert werden“, schrieb der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs auf Twitter. Er bezog sich auf den Passus im vorliegenden Entwurf für den nächsten Mehrjahreshaushalt der EU, der die Möglichkeit von Mittelkürzungen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in EU-Staaten vorsieht.

Beratungen in großer Runde

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten kamen am Abend nach einer mehrstündigen Unterbrechung für Einzel- und Gruppengespräche wieder zu Beratungen in großer Runde zusammen. „Das Abendessen mit den EU-27 hat begonnen“, twitterte der Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel, Barend Leyts.