IPI: „Verheerender Schlag gegen Journalismus in Ungarn“

Das in Wien ansässige Internationale Presse-Institut (IPI) hat die als Protest gegen die Entlassung des Chefredakteurs bekanntgegebenen Massenkündigungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der regierungskritischen Nachrichtenwebsite Index.hu bedauert.

„Man darf sich da keiner Täuschung hingeben: Das ist ein verheerender Schlag gegen den Journalismus in Ungarn“, schrieb der stellvertretende IPI-Direktor Scott Griffen heute auf der Website des Instituts. Index sei nicht irgendein unabhängiges Medium, sondern mit einer geschätzten Million Leser täglich „ein Bollwerk“ gewesen.

Im März hatte der Orban-Unterstützer und einflussreiche Geschäftsmann Miklos Vaszily 50 Prozent der Anteile der Werbeagentur von Index.hu gekauft. Wieder sei ein Medium „dem Orban-Modell zum Opfer gefallen“, so Griffen. „In der Zwischenzeit sammelt FIDESZ großzügige Schecks aus Brüssel ein.“ Dass es keinen starken Rechtsstaatsmechanismus im EU-Budget gebe, stärke Orban nur noch mehr.

70 von 90 haben gekündigt

Zwei Tage nach der Entlassung des Chefredakteurs von Ungarns größter unabhängiger Nachrichtenwebsite kündigte heute aus Protest fast die gesamte Redaktion. In einer Stellungnahme kritisierten die Journalisten und Journalistinnen die Entlassung von Chefredakteur Szabolcs Dull als „offensichtlichen Versuch, Druck auf Index.hu auszuüben“.

Drei leitende Redakteure und mehr als 70 von insgesamt rund 90 Beschäftigten gaben ihre Kündigung bekannt. In den vergangenen Wochen hatte Dull „enormen Druck von außen“ auf die Website beklagt und eine geplante Überarbeitung der Website durch die Eigentümer kritisiert. Bevor er gefeuert wurde, wurde ihm vorgeworfen, er habe interne Dokumente an andere Medien geleitet.

Index.hu ist die am meisten besuchte Nachrichtenwebsite in Ungarn und eine der letzten unabhängigen Stimmen in der ungarischen Medienlandschaft. Mit einer Medienreform 2010 hatte Regierungschef Viktor Orban einen Großteil aller Medien unter seine Kontrolle gebracht. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Ungarn nur noch auf Platz 89 von 180.