Passagiere am Gatwick Airport, am 26 Juli 2020.
AP/Dominic Lipinski
Quarantänepflicht

Britische Spanien-Urlauber kalt erwischt

Die britische Regierung hat angesichts der steigenden Infektionszahlen in Spanien eine Quarantänepflicht für Rückreisende eingeführt. Der Schritt kam überraschend und trat innerhalb weniger Stunden in Kraft. Die britischen Urlauber sind überrumpelt – sie müssen sich jetzt in Selbstisolation begeben. Das betrifft sogar den britischen Verkehrsminister.

Die Regierung in London ordnete die Quarantänepflicht am späten Samstagabend für alle Reisenden aus Spanien an. Die Maßnahme gilt seit Mitternacht. „Es ist wirklich schlimm, denn es ist ganz plötzlich gekommen, es hat nicht viel Zeit zur Vorbereitung gegeben, sodass jetzt alle in Panik geraten“, sagte Emily Harrison aus Essex, die auf dem Madrider Flughafen Barajas einen Flug nach London nahm.

Ihr steht nun eine zweiwöchige Selbstisolation bevor. „Das ruiniert die Pläne für alle“, sagte Harrison. „Wir waren auf eine Hochzeit eingeladen und wir hatten vor, Freunde und Familie zu besuchen, die wir schon sehr lange nicht mehr gesehen haben, und jetzt müssen wir all diese Pläne absagen, es ist wirklich ärgerlich.“

„So schnell wir konnten“

Auch Verkehrsminister Grant Shapps wurde von der Maßnahme offenbar überrascht. Er befindet sich Medienberichten zufolge gerade in Spanien im Urlaub. „Zahlreiche Minister dürften im Vorhinein gewusst haben, dass die Möglichkeit besteht, dass eine Quarantäne für Spanien-Urlauber verhängt wird“, kommentierte die Labour-Abgeordnete Diane Abbot. „Aber offenbar hat sich niemand die Mühe gemacht, Grant Shapps Bescheid zu sagen.“

Grant Shapps
AP//Andrew Parsons
Verkehrsminister Grant Shapps

„Wir haben die Entscheidung so schnell getroffen, wie wir konnten“, sagte der britische Außenminister Dominic Raab am Sonntag dem Nachrichtensender Sky News. Man habe damit auf einen „großen Anstieg an Covid-19-Fällen“ auf dem spanischen Festland reagiert, um eine zweite Infektionswelle zu verhindern, wie Raab betonte.

Flüge schon gestrichen

Für die unter der Krise stark leidenden Fluggesellschaften ist die Pflicht zur Selbstisolation ein heftiger Schlag. Sie befürchten nun neue Einbrüche bei den Fluggastzahlen und damit noch mehr Verluste. Der Reiseveranstalter TUI kündigte bereits an, seine Flüge von Großbritannien auf das spanische Festland bis inklusive 9. August zu streichen. Urlauber, die auf die Balearen und die Kanarischen Inseln reisen möchten, können ab Montag wie geplant ihre Reise antreten.

„Wir sind unglaublich enttäuscht, dass wir nicht früher von dieser Ankündigung erfahren haben“, sagte der TUI-Geschäftsführer für Großbritannien und Irland, Andrew Flintham. Schließlich wollten viele Briten am Wochenende in den Urlaub starten. Das britische Außenministerium empfahl auch, auf alle unvermeidbaren Reisen auf das spanische Festland zu verzichten.

Zuvor hatte die britische Regierung Spanien noch auf der Liste von Ländern geführt, die für Reisende als sicher galten – was bedeutete, dass Touristen, die nach Hause zurückkehrten, nicht unter Quarantäne gestellt werden mussten. Allerdings kam es in den vergangenen Wochen in Spanien zu einem Anstieg der Infektionszahlen. Daher sahen sich viele spanische Regionen dazu veranlasst, die Menschen zum Tragen einer Maske aufzufordern. Großbritannien ist aber selbst noch stärker von der Pandemie betroffen.

Strengere Regeln in Spanien

Bisher wurden in Spanien mehr als 272.000 Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus und mehr als 28.000 Tote registriert. Laut Johns Hopkins University gibt es in Großbritannien 257.138 bestätigte Fälle und mehr als 41.000 Tote. Vermutlich sind auch viele Briten, die nie auf das Virus getestet wurden, der Pandemie zum Opfer gefallen. Zahlen der Statistikbehörden zufolge wurden schon fast 55.000 Todesfälle erfasst, bei denen Covid-19 im Totenschein erwähnt wurde. Nach Angaben des Epidemiologen und Ex-Regierungsberaters Neil Ferguson vom Imperial College hätte mindestens die Hälfte der Todesfälle in Großbritannien verhindert werden können, wäre der „Lock-down“ im März eine Woche früher durchgesetzt worden.

Einige britische Touristen wiesen darauf hin, dass die spanischen Regeln für das Tragen von Masken viel strenger seien als die britischen. „Wir sind ehrlich gesagt ziemlich frustriert darüber, denn es fühlt sich in Spanien tatsächlich sicherer an“, sagte die britische Touristin Carolyne Lansell. Die Briten stellten im vergangenen Jahr mehr als 20 Prozent der ausländischen Besucher in Spanien, die größte Gruppe nach Nationalität. Der Bürgermeister vom Ferienort Benidorm an der Costa Blanca, Antonio Perez, sagte, es sei ein „harter Schlag“. Die Regierung in Madrid erklärte, Spanien sei ein sicheres Land mit nur lokalen und isolierten Coronavirus-Ausbrüchen.