Hessisches Wappen auf der Uniform eines deutschen Polizisten
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Rechtsextreme Drohmails

Deutscher Ex-Polizist unter Verdacht

69 rechtsextreme Drohschreiben vorwiegend an Politikerinnen und sonstige Personen des öffentlichen Lebens sind den Behörden im deutschen Bundesland Hessen bisher bekannt – vor allem in Berlin und Hessen gingen die „NSU 2.0“-Schreiben ein. Nun führt eine Spur nach Bayern – dort wurde ein Ehepaar vorübergehend festgenommen. Beim Mann handelt es sich um einen ehemaligen Polizeibeamten.

Der 63-Jährige soll bereits in der Vergangenheit wegen politisch motivierter Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten sein. Ebenfalls festgenommen wurde seine 55-jährige Ehefrau. Die Zugriffe auf die Verdächtigen fanden im Zuge einer Hausdurchsuchung in einer Wohnung im bayrischen Landshut statt, wie die Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Montag mitteilte. Beteiligt waren Kräfte des hessischen Landeskriminalamts und der bayrischen Polizei.

Das Ehepaar sei verdächtig, mehrere E-Mails mit beleidigenden, volksverhetzenden und drohenden Inhalten an mehrere Bundestagsabgeordnete und verschiedene andere Adressaten verschickt zu haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Weil die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht vorgelegen hätten, seien die Beschuldigten wieder entlassen worden, hieß es.

Harte Konsequenzen gefordert

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte harte Konsequenzen für die mutmaßlichen Täter. „Die Disziplinarbehörde der Bayerischen Polizei hat gegen den ehemaligen Beamten, der seit 16 Jahren im Ruhestand ist, bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet“, sagte Herrmann der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag-Ausgabe). „Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen dem ehemaligen Beamten harte dienstrechtliche Sanktionen bis hin zur Aberkennung des Ruhegehalts.“

Der Beschuldigte sei Ende Mai 2004 im Alter von 47 Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden, da er krankheitsbedingt dauerhaft dienstunfähig gewesen sei. Zuletzt sei er in der Polizeiinspektion Landshut tätig gewesen. Über seine genaue Rolle beim Versand der Drohmails forderte Herrmann schnellstmögliche Aufklärung. Die Festnahmen begrüßte der Minister als Erfolg.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU)
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Hessens Innenminister Peter Beuth – in dem Bundesland gingen besonders viele „NSU 2.0“-Drohbriefe ein

Auswertung von sichergestellten Datenträgern läuft

Die Auswertung der sichergestellten Datenträger sowie die weiteren Ermittlungen aufgrund des Verdachts der Bedrohung, der Volksverhetzung, der verfassungsfeindlichen Verunglimpfung von Verfassungsorganen sowie der Beleidigungen laufen derzeit noch. Die Festnahme des Ehepaars war bereits am Freitag erfolgt, allerdings erst am Montag bekanntgeworden.

Zudem wurde unlängst publik, dass Politikerinnen der deutschen Linkspartei mit „NSU 2.0“ unterzeichnete Drohschreiben erhalten hatten. Weitere bekannte Empfängerinnen von Drohmails waren die Kabarettistin Idil Baydar und die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz, die im Münchner Prozess um die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) Opferfamilien vertreten hatte.

Schreiben allesamt mit „NSU 2.0“ unterzeichnet

Über Basay-Yildiz, Baydar und die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler waren zuvor persönliche Daten von Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden. Die 69 rechtsextremen Drohschreiben richteten sich nach Angaben von Hessens Innenminister Beuth (CDU) an 27 Personen und Institutionen in insgesamt acht Bundesländern. Neun Personen sollen in Hessen wohnen.

Die Schreiben wurden allesamt mit „NSU 2.0“ unterzeichnet. Es ist aber noch nicht geklärt, ob es sich bei allen Drohungen um denselben Absender handelt. Als NSU hatten sich die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bezeichnet, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordeten – acht türkischstämmige und ein griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Deren Mittäterin Beate Zschäpe wurde 2018 verurteilt.