Berlin berät nach Wirecard-Skandal über Aufsichtsreform

Vor der Sondersitzung des Finanzausschusses im deutschen Bundestag zum Wirecard-Skandal hat die deutsche Regierung ihren Reformwillen für die Finanzaufsicht bekräftigt. Mögliche Maßnahmen würden derzeit innerhalb der Regierung abgestimmt, sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer heute in Berlin. Ziel sei es, Schaden vom Finanzplatz Deutschland abzuwenden.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann forderte als Konsequenz aus dem mutmaßlichen Milliardenbetrug von Wirecard eine Verschärfung von Wirtschafts- und Bilanzprüfungen. Den Regeln und Verfahren bei diesen Prüfungen müsse „mehr Biss“ gegeben werden, sagte Weidmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Um Vorgängen wie bei Wirecard künftig wirksamer vorzubauen, müsse es Wirtschaftsprüfern ermöglicht werden, „internationale Verflechtungen des Geschäfts besser zu durchleuchten“.

Ministerium will „Betrügereien einen Riegel“ vorschieben

Das deutsche Finanzministerium erstellte als Reaktion auf den Skandal um den mittlerweile insolventen Münchner Finanzdienstleister vergangene Woche einen 16-Punkte-Plan für eine Verschärfung der Kontrolle über die Finanzbranche. Der Plan sieht unter anderem vor, dass die Finanzaufsichtsbehörde BaFin direkt und mit hoheitlichen Befugnissen gegenüber Kapitalmarktunternehmen auftreten kann.

Ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte, es gehe darum, „Betrügereien einen Riegel vorzuschieben“. Scholz sei für eine „weitreichende Reform“, die jetzt innerhalb der Regierung beraten werde. Eine Sprecherin des deutschen Wirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) betonte ebenfalls, es gehe nun um den Ruf des Finanzstandorts Deutschland. Altmaier habe wiederholt gesagt, es sei „sehr wichtig, dass die Vorgänge aufgeklärt werden“.

Der Finanzausschuss des Bundestags kommt am Mittwochnachmittag zu einer Sondersitzung zusammen, Scholz und Altmaier haben ihr Kommen zugesagt. Die Opposition wirft der Regierung Versäumnisse in dem Skandal vor. Scholz war von der Finanzaufsicht BaFin bereits im Februar 2019 über Ermittlungen wegen Betrugsvorwürfen gegen Wirecard informiert worden. Das Kanzleramt unterstützte bei einer Reise der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nach China im September 2019 den Markteintritt des Finanzdienstleisters in dem Land.