IStGH wegen Bolsonaros Politik angerufen

Stellvertretend für das brasilianische Gesundheitspersonal hat ein Zusammenschluss von Gewerkschaften den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag angerufen, eine Untersuchung gegen Brasiliens ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro wegen dessen Umgang mit der Coronavirus-Krise einzuleiten.

„Kriminell fahrlässiger Umgang mit der Pandemie“

Die Arbeitnehmervertreter werfen dem rechten Staatsoberhaupt Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, wie aus dem heute beim IStGH eingereichten Schriftsatz hervorgeht. Die Gewerkschaften beschuldigen Bolsonaro, „kriminell fahrlässig mit der Covid-19-Pandemie umgegangen zu sein und dabei das Leben von Angehörigen des Gesundheitswesens und der brasilianischen Gesellschaft aufs Spiel gesetzt zu haben“. Der Gewerkschaftsverbund gibt an, mehr als eine Million brasilianische Angehörige des Gesundheitssektors zu vertreten. Der Gerichtshof in Den Haag ist nicht automatisch verpflichtet, sich derartiger Anliegen anzunehmen.

Nach Angaben der Gewerkschaften handelt es sich um die erste derartige Aktion gegen eine Regierung „wegen eines Massensterbens aufgrund von Versäumnissen im öffentlichen Gesundheitswesen“. Die Regierung von Bolsonaro „sollte für ihre gefühllose Reaktion auf die Pandemie zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Marcio Monzane von der Organisation Uni Americas, die die Klage anführt.

Lange mit „kleiner Grippe“ verglichen

Bolsonaro ist bekannt dafür, die Pandemie herunterzuspielen. Unter anderem verglich er das Virus mit einer „kleinen Grippe“. Bei dem 65-Jährigen wurde am 7. Juli das Virus festgestellt. Am Samstag gab er jedoch an, zuletzt wieder negativ getestet worden zu sein. Er schrieb den milden Verlauf seiner Erkrankung der Einnahme des Malaria-Medikaments Hydroxychloroquin zu, dessen Wirksamkeit gegen Covid-19 aber nicht bewiesen ist.

In Brasilien wurden bisher knapp 2,42 Millionen Infektionsfälle registriert. Mehr als 87.000 Menschen starben an den Folgen der Viruserkrankung.