Walter Rothensteiner
APA/Hans Klaus-Techt
Casinos Austria

Rothensteiner verlässt Aufsichtsrat

Die Verwerfungen rund um die Casinos Austria (CASAG) sind um eine Facette reicher: Walter Rothensteiner geht nach fast 25 Jahren als Chef des Aufsichtsrats, berichtete die „Kronen Zeitung“ heute. Das Finanzministerium sei bereits informiert. Zu den Gründen für Rothensteiners Entscheidung kursierten am Dienstag unterschiedliche Einschätzungen.

Mit dem Bankmanager verlässt ein langgedientes Schwergewicht die Kommandobrücke der Casinos Austria. Rothensteiner war seit 1989 Aufsichtsrat und seit 1996 Chef des Kontrollgremiums. Er informierte laut „Krone“ vor wenigen Tagen das Finanzministerium darüber, seine Funktion bis zur nächsten geplanten Hauptversammlung im September zurückzulegen bzw. nicht mehr antreten zu wollen.

Er wolle sich die Ermittlungen und den U-Ausschuss im Alter von 67 Jahren „nicht mehr antun“, schrieb die „Krone“. Laut Informationen des „Standard“ aus dem Umfeld des Managers, dürfte das aber nicht der Hauptbeweggrund Rothensteiners gewesen sein. Vielmehr habe ihn die neue Eigentümerstruktur in der CASAG zu dem Schritt bewogen. Seit Kurzem hält bei den Casinos die tschechische Sazka Group die Mehrheit.

Walter Rothensteiner
ORF.at/Peter Pfeiffer
Ende Juni war Rothensteiner als Auskunftsperson vor den Ibiza-U-Ausschuss geladen

Seinen Abgang hatte sich der Generalanwalt des Raiffeisenverbandes aber ursprünglich wohl anders vorgestellt: Denn die Affäre um einen möglichen politischen Postenschacher in Verbindung mit einem Glücksspiellizenzen-Deal rund um FPÖ-Mann Peter Sidlo als Finanzchef des Unternehmens überschattete die letzten Monate. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt in diesem Fall, ebenso wegen teurer Ablöseverträge für zwei ehemaligen CASAG-Vorstandsmitglieder. Es gilt die Unschuldsvermutung, Rothensteiner wies die Vorwürfe stets zurück. Er war zuletzt durch Hausdurchsuchungen bei ihm und dem Aufsichtsratskollegen Josef Pröll in die Schlagzeilen geraten.

Nachfolger bis Herbst

Das Finanzministerium bestätigte den Rücktritt: „Wir bedanken uns für den jahrelangen intensiven Einsatz im Interesse des Unternehmens und der Steuerzahler.“ Über die Nachfolge werde zeitgerecht bis Herbst entschieden, von den zuständigen Gremien der ÖBAG. Wer Rothensteiner an der Spitze des Glücksspielkonzerns nun nachfolgt, könnte bei der türkis-grünen Regierung noch für Kopfzerbrechen sorgen. Laut Informationen des „Standard“ gibt es allerdings bereits einen Wunschkandidaten.

Siemens-Österreich-Vorstandschef Josef Hesoun solle den Posten bekommen, so die Tageszeitung. Als Nachfolger Rothensteiners hatte die ÖBAG bereits vor einigen Monaten versucht, Ex-Erste-Chef Andreas Treichl zu gewinnen, dieser hat aber abgesagt. „Etwaige Gerüchte zu potenziellen NachfolgerInnen kommentieren wir nicht“, so die ÖBAG am Dienstag. Auch die Sazka-Gruppe wollte „etwaige Spekulationen“ nicht kommentieren, wie sie mitteilte. Rothensteiner wünsche man „weiterhin alles Gute und viel Erfolg“, sein „Engagement und seine Amtsführung waren stets professionell und zum Wohle des Unternehmens“, so eine schriftliche Stellungnahme.

Die „Krone“ verweist bei der Nachfolge Rothensteiners auf ÖBAG-Alleinvorstand Thomas Schmid. Formal kann der Chef der Österreichischen Beteiligungs AG – sie verwaltet die milliardenschweren Anteile des Bundes etwa an den Casinos, der OMV, der Telekom oder der Post – einen neuen Präsidenten vorschlagen. Laut Syndikatsvertrag hat die ÖBAG das Recht, die Kandidaten für die Chefposten in Vorstand und Kontrollgremium zu nominieren.

Opposition gegen Mitsprache von Schmid

Allerdings stand auch Schmid zuletzt in der Kritik. Ob der Abgang des Casino-Aufsichtsratschefs in der Politcausa weitere Rücktritte auslösen wird, sei nun Gegenstand von regen Spekulationen, so die „Krone“. Nach veröffentlichten Chat-Protokollen sieht etwa zumindest die Opposition Schmid als rücktrittsreif an.

Entsprechend fielen erste Reaktionen der Opposition auf den Rücktritt Rothensteiners aus: FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst, Mitglied im „Ibiza“-U-Ausschuss, forderte in einer Aussendung, dass Schmid nicht über die Nachbesetzung Rothensteiners entscheiden dürfe, da er unter anderem selbst Beschuldigter im CASAG-Verfahren sei. SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter, ebenfalls Mitglied im U-Ausschuss, forderte in einer Aussendung einmal mehr den Rücktritt Schmids.

„Ich glaub, ich spinn“

Einen Rücktritt von der Spitze des Aufsichtsrates hatte Rothensteiner nach eigenen Angaben bereits in der Vergangenheit ins Auge gefasst. Er habe aus „persönlicher Empfindlichkeit“ wegen der Art, wie Sidlo mit ihm gesprochen habe, den Aufsichtsratsvorsitz zurücklegen wollen, sagte der Manager bei seiner Befragung im U-Ausschuss. Im Vorfeld der Bestellung habe es mit Sidlo „Begegnungen“ gegeben, bei denen ihm „die Art und Weise, wie Herr Sidlo mit mir sprach“, als unpassend erschienen war.

Sidlo habe ihn etwa gefragt, ob es für die FPÖ auch einen Job in der CASAG gebe. „Da bin ich ausgeflippt“, so Rothensteiner. Später sei dann Novomatic-Chef Harald Neumann zu ihm gekommen, um ihn über die Bestellung in Kenntnis setzen. Seine Reaktion damals: „Ich glaub, ich spinn“, so Rothensteiner. Politische Interventionen ihm gegenüber habe es allerdings keine gegeben. Auch eine Abmachung zwischen FPÖ und Novomatic sei ihm keine bekannt, so der Aufsichtsratschef gegenüber dem U-Ausschuss im Juni.

Thema der Befragung war damals auch der Besuch Rothensteiners beim Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, im Jänner 2020. Rothensteiner wies zurück, dass er bei dem damaligen Termin – gemeinsam mit seinem Aufsichtsratskollegen Pröll – versucht habe, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Das sei „lebensfremd“, so der Manager. Er sei aber schon lange mit Pilnacek bekannt und habe bei dem Termin seine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht, dass er sein Handy so lange nicht wiederbekomme. Er habe schließlich „noch nie so etwas (ein Verfahren, Anm.) gehabt“, sagte Rothensteiner.

Laut APA hat Rothensteiner als „Hans Dampf in allen Gassen“ aktuell elf aufrechte und 57 gelöschte Funktionen. Er ist unter anderem Aufsichtsratschef bei der Uniqa Insurance Group sowie bei deren Österreich-Tochter sowie Mitglied des Aufsichtsrats der Wiener Staatsoper und Vorstand der HK Privatstiftung. Von 1995 bis 2017 war Rothensteiner dann Vorstandschef und Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank Österreich, seit Juni 2012 ist er Generalanwalt des Österreichischen Raiffeisenverbandes.