Fleischindustrie: Ministerium verweist auf Unterschiede

In Deutschland sollen in der Fleischindustrie ab 1. Jänner 2021 großteils Werkverträge und Leiharbeit verboten werden. Ein Gesetzesentwurf, der schärfere Regeln vorsieht, wurde gestern in Berlin vorgestellt. In Österreich ist ein ähnliches Vorhaben offenbar nicht geplant. Das Landwirtschaftsministerium verwies heute auf ORF.at-Anfrage darauf, dass Beschäftigte in österreichischen Betrieben unter besseren sozialrechtlichen Bedingungen angestellt seien als in deutschen.

Hintergrund des deutschen Vorhabens sind die gehäuften Coronavirus-Fälle in Schlachtbetrieben in den vergangenen Monaten. Dadurch waren die schon länger kritisierten Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche mit vielen osteuropäischen Beschäftigten und deren Unterbringung erneut in den Fokus gerückt. Nach dem Kabinettsbeschluss muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat.

„Massives Lohn- und Preisdumping“

Auf die Pläne in Deutschland angesprochen, hieß es aus dem Landwirtschaftsressort, dass in heimischen Betrieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „direkt angestellt“ und „in allen Beschäftigungsformen nach Kollektivvertrag bezahlt“ werden. In Deutschland hingegen, wo große Firmen bis zu 8.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben, seien Werkverträge und ausländische Subunternehmer „sehr weit verbreitet“.

Dadurch seien die Personalkosten in Deutschland deutlich niedriger und würden etwa ein „massives Lohn- und Preisdumping“ ermöglichen. „Demgegenüber steht in Österreich die kollektivvertragliche Bezahlung, die laut Branchenkennern zu einem Wettbewerbsnachteil alleine bei den Lohnkosten von 30 bis 60 Prozent führt“, hieß es.

Nachdem Anfang Juli auch in Österreich Coronavirus-Fälle in der Fleischindustrie festgestellt wurden, wehrten sich die Betriebe gegen Vergleiche mit Deutschland. Ein Facharbeiter in der Fleischzerlegung erhält 2.343 Euro brutto. Die Bezahlung der Leiharbeiter richtet sich nach dem branchenüblichen Kollektivvertrag. Sie kommen insbesondere in der Fleischindustrie zum Einsatz.

Leiharbeiter in Fleischindustrie

Tatsache ist aber auch, dass auch Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen in der Fleischindustrie arbeiten. Diese werden von Leiharbeitsfirmen angestellt und einem anderen Unternehmen gegen Entgelt überlassen. Geregelt ist die Überlassung im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz. Je größer der Betrieb ist, desto höher sei die Zahl der Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen, sagte kürzlich Johann Schlederer, Chef der österreichischen Schweinebörse.

Während des Coronavirus-„Lock-down“ gab es kurzfristig sogar Personalengpässe in der Fleischindustrie, weil Osteuropäer und Osteuropäerinnen wegen der Grenzsperren nicht so einfach nach Österreich kommen konnten.

Allen voran dürften Personen aus Osteuropa „verliehen“ werden, die jedoch in Österreich angestellt seien. Erwin Kinslechner von der Produktionsgewerkschaft berichtete Ende Mai im „Standard“ von desolaten Wohneinheiten und einer monatlichen Bezahlung von nur 1.200 Euro. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) sprach von schwarzen Schafen. „Wir haben hier null Toleranz“, hieß es.