USPS-Postbeamter
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Kritik an Einsparungen

Post wird zum Zankapfel vor US-Wahl

US-Präsident Donald Trump hat in den vergangenen Wochen wiederholt die Möglichkeit der Briefwahl kritisiert. Schon seit seinem Amtsantritt gilt er als Kritiker des US Postal Service (USPS) und brachte eine Privatisierung der Post ins Spiel. Inmitten der Coronavirus-Pandemie kommt der Post jedoch eine zentrale Rolle zu, ausgerechnet jetzt gibt es aber neue Sparmaßnahmen – die nicht nur die US-Demokraten kritisieren.

Erst am Donnerstag holte Trump erneut gegen die Briefwahl aus und zweifelte daran, dass diese korrekt ablaufen könne. Umgehend kam sowohl von den Demokraten als auch aus den Reihen seiner Republikaner Kritik am US-Präsidenten. Doch mehrere US-Medien berichteten am Freitag, dass es durchaus Probleme bei der Briefwahl geben könnten.

Denn der Chef der Postgewerkschaft, Mark Dimondstein, sagte in einem Interview mit dem US-Sender CNN, dass neue Regelungen bei der Post offenbar zu deutlichen Verschlechterungen bei der Auslieferung geführt haben. Natürlich seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu in der Lage, den logistischen Teil der Briefwahl zu bewerkstelligen, aber „wenn die Postverwaltung Maßnahmen ergreift, um die Post zu verlangsamen, dann hat das natürlich Auswirkungen auf alles – auch auf die Stimmzettel“, so Dimondstein gegenüber CNN.

Neuer Post-Chef „eliminiert“ Überstunden

Schon seit einigen Wochen kursieren die Bestimmungen, die der neue USPS-Chef Louis DeJoy zur Senkung der Kosten umsetzen will, in US-Medien. Die „New York Times“ („NYT“) zitiert aus Dokumenten, dass man etwa „Überstunden eliminieren“ wolle, und dass man nicht auf Briefstücke warten werde, sondern diese stattdessen einfach mit Verspätungen ausliefern werde. Laut Dimondstein könne das zu „nichts anderem als einer Verschlechterung“ führen.

DeJoy gilt an der USPS-Spitze als relativ umstritten: Der Geschäftsmann ist erst seit Juni im Amt, bis dahin galt er als treuer Trump-Unterstützer, der 2020 mehrere hunderttausend US-Dollar für die Wiederwahlkampagne gespendet und auch die Republikanische Partei finanziell unterstützt hat. Erstmals seit mehr als 20 Jahren wurde mit DeJoy jemand ohne vorherige einschlägige Erfahrung zum Leiter der US-Post ernannt.

Schon jetzt Verzögerungen

Dass Überstunden gestrichen werden und damit Briefträgerinnen und Briefträger ihre Runde nicht mehr vollständig gehen können, sorgte laut „NYT“ bereits zu zahlreichen Verzögerungen. Laut Wahlrechtsaktivisten ist das eine Katastrophe: „Wir haben ein unterfinanziertes staatliches und lokales Wahlsystem und eine bewusste Verlangsamung des Postdienstes“, zitierte das Blatt die Leiterin eines Verbandes mehrerer Wahl- und Bürgerrechtsgruppen.

Postaverteilzentrum in Los Angeles
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Das US-Postwesen kämpft mit den neuen Regelungen

Kritik aus allen Lagern

Auch Kim Wyman, republikanische Staatssekretärin im Bundesstaat Washington, äußerte Zweifel an dem Sparplan. Wahlbeamte seien „sehr besorgt, ob Stimmzettel die Menschen rechtzeitig erreichen werden, wenn die Post ihre Dienste zurückfährt“, sagte sie laut „NYT“ in einem Rundfunkinterview. Washington ist einer von fünf Bundesstaaten, wo die Briefwahl allen freisteht.

Scharfe Kritik gab es aber vor allem von den Demokraten. Vier Senatoren warfen DeJoy vor, von ihm vorgenommene fragwürdige Veränderungen könnten sich negativ auf die Briefzustellung auswirken. „Es ist essenziell, dass die Post ihren Dienst nicht verlangsamt oder in irgendeiner Weise beeinträchtigt“, schrieben die Senatoren an den Post-Chef.

Und auch der ehemalige demokratische Präsident Barack Obama warnte erst am Donnerstag vor einem Angriff auf die Rechte der Wählerinnen und Wähler. Dieser passiere mit „chirurgischer Präzision“. Er hob dabei besonders die Rolle der Post hervor: Das Postwesen werde im Vorfeld einer Wahl „geschwächt“, so Obama, der darauf verwies, dass in der Pandemie die Zustellung von Stimmzetteln besonders wichtig sei.

Republikaner gegen 25-Mrd.-Finanzspritze

Die amerikanische Post kämpft im Zuge der Krise mit Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe, schreibt die „NYT“. Die Demokraten schlugen deshalb eine Finanzspritze für die Post in Höhe von 25 Milliarden Dollar (rund 21 Milliarden Euro) vor – die Republikaner sind aber gegen eine solche Unterstützung. Die Demokratin Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, warf den Republikanern vor, sie wollten „die Fähigkeit des Postwesens, rechtzeitig zu arbeiten, verringern“.

Demokratin Nancy Pelosi und Chuck Schumer
Reuters/Erin Scott
Die US-Demokratin Nancy Pelosi kritisierte die Republikaner, die sich gegen eine finanzielle Unterstützung der Post aussprechen

Trump kritisierte Post wiederholt scharf

US-Präsident Trump kritisierte die Post seit seinem Amtsantritt wiederholt, und warf ihr etwa vor, für die Auslieferung von Amazon-Paketen zu wenig zu verlangen – laut „NYT“ ein Vorwurf, den Experten zurückweisen. Auch die Mitgliedschaft im Weltpostverein, der den internationalen Briefverkehr regelt, war Trump ein Dorn im Auge – erst in letzter Sekunde konnte eine Einigung, inklusive Sonderregelung für die USA, gefunden werden. Das sieht man innerhalb von USPS als Politisierung der Post – die laut „NYT“ bereits mehrere Rücktritte in der Führungsetage zur Folge hatte.

US-Präsident Donald Trump
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Trump kritisierte die Post mehrmals scharf

Umstritten ist der neue Post-Chef DeJoy nicht nur wegen seiner politischen Schlagseite – die „NYT“ weist auf ein besonders pikantes Detail hin: Gemeinsam mit seiner Frau hat er mindestens 115.000 Dollar in einen der größten Konkurrenten der Post gesteckt – UPS. Das fügt sich wohl in die häufig aus Trumps Umfeld geäußerte Forderung nach einer Privatisierung der Post ein.

Doch im Gegensatz zu den privatisierten Konkurrenten kommt USPS eine besondere Rolle zu, die laut „NYT“ auch eine teilweise Erklärung für die finanziellen Probleme liefert. Die 31.000 Postämter sind nämlich rechtlich dazu verpflichtet, überall in den USA Post auszuliefern, auch an besonders abgelegene Orte, die für einen herkömmlichen Konzern unwirtschaftlich wären. Auch das dürfte im Hinblick auf die kommende Wahl im November, bei der aufgrund der Pandemie wohl viele erstmals zur Briefwahl greifen werden, ein nicht ganz unwichtiger Faktor sein.