Polizisten aus Punjab
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Indien in der CoV-Krise

Dutzende Opfer durch giftigen Alkohol

Indien ist eines der Länder mit dem größten Zuwachs an Infektionszahlen. Das Land hatte zunächst gehofft, die Pandemie mit strikten Ausgangssperren in den Griff zu bekommen. Das verschärfte jedoch ein in Indien bekanntes Problem mit schwarzgebranntem Alkohol. Knapp 100 Menschen starben bereits.

Am meisten betroffen von der akuten Welle von illegal gebranntem Alkohol ist der Bundesstaat Punjab im Norden des Landes. Hier sollen 98 Menschen an den giftigen Mischungen gestorben sein. Es wurde vermutet, dass weitere Todesfälle in den vergangenen Tagen im Zusammenhang mit dem illegalen Alkohol stehen. Das konnte jedoch nicht offiziell bestätigt werden, da die Leichen ohne Untersuchung eingeäschert worden waren. Der Regierungschef von Punjab, Amarinder Singh, kündigte eine Sonderuntersuchung an.

Auch im südlichen Bundesstaates Andhra Pradesh kamen mehrere Menschen ums Leben, nachdem sie alkoholisches Desinfektionsmittel, gemischt mit Limonade oder Cola, konsumiert hatten. Auch sie tranken das Desinfektionsmittel als Ersatz für Spirituosen.

In Indien sterben jedes Jahr Hunderte Menschen durch illegalen Alkohol, der in Schwarzbrennereien hergestellt und auf der Straße für rund zehn Rupien (elf Cent) pro Liter verkauft wird. Die Pandemie verschärfte das Problem weiter. Ausgangssperren erschwerten es den Menschen, an Alkohol zu kommen.

Schmuggler im Visier

Die Polizei begann inzwischen mit Razzien gegen Schmuggler. Allein in Punjab wurden bisher über hundert Durchsuchungen durchgeführt und 25 Menschen verhaftet. Zudem wurden Hunderte von Litern Alkohol aus Dörfern und Restaurants beschlagnahmt, sagte der Polizeichef des Bundesstaates Punjab.

Angehörige eines Verstorbenen
APA/AFP/Narinder Nanu
Trauerfeier in Punjab: Dutzende kamen hier ums Leben

Behördenangaben zufolge ereignete sich vergangenen Mittwoch der erste Todesfall. Die Polizei sei allerdings erst am Freitag alarmiert worden. Sie leitete eine Untersuchung ein, um festzustellen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen gab. Bei einem Teil der beschlagnahmten Flüssigkeit handle es sich um eine Form von Alkohol, der üblicherweise in der Farben- und Eisenwarenindustrie verwendet wird. Auch Chemikalien aus Frostschutzmitteln werden verwendet.

Wirtschaft stark beeinträchtigt

Indien ist von der Pandemie stark betroffen. In dem Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern sind rund 1,63 Millionen Menschen infiziert. Höher sind die Zahlen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) nur in den USA und Brasilien. Die Regierung hatte eine rigide Ausgangssperre durchgesetzt.

Doch als Dutzende Millionen Menschen deshalb ihren Job verloren hatten, wurde die Strategie geändert – obwohl die Fallzahlen im oft dicht besiedelten Land trotzdem weiter deutlich stiegen. Nun versucht die Regierung, die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen, die bereits vor der Pandemie angeschlagen war. Aber angesichts der schnell zunehmenden Zahl der Neuinfektionen haben einige Regionen wieder „Lock-downs“ verordnet.

Am Sonntag hielten Mitglieder der Oppositionspartei Aam Aadmi Proteste in verschiedenen Orten von Punjab ab und warfen der Regierung „Fahrlässigkeit“ vor, die zum Tode der meist armen Menschen geführt habe.