Flüchtlingsboot vor Mauretanien gesunken: Viele Tote befürchtet

Beim Untergang eines Flüchtlingsboots vor der Küste Mauretaniens an der Westküste Afrikas sind vermutlich rund 40 Menschen ertrunken. Ein Insasse aus Guinea habe den Untergang überlebt, teilte der Sondergesandte des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR), Vincent Cochetel, heute auf Twitter mit.

Ein Mitglied der mauretanischen Sicherheitsbehörden teilte mit, das Unglück habe sich nicht in mauretanischen Hoheitsgewässern ereignet. Der Überlebende habe angegeben, mit seinen Freunden von Marokko in Richtung der Kanarischen Inseln aufgebrochen zu sein. Nachdem der Motor des Bootes versagt habe, seien die Passagiere ins Meer gesprungen.

Versuche von Menschen, in kleinen Booten die Kanarischen Inseln zu erreichen, haben in den vergangenen Jahren zugenommen, seit Behörden die Route von Libyen über das Mittelmeer eingeschränkt haben.

Ärzte ohne Grenzen beteiligt sich an „Sea-Watch 4“

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit SOS Mediterranee beteiligt sich unterdessen die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) an einem neuen Seenotrettungseinsatz im Mittelmeer. Gemeinsam mit der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch soll ein MSF-Team an Bord des neuen Schiffes „Sea-Watch 4“ „in Kürze“ in See stechen, wie die beiden Organisationen heute in einer Onlinepressekonferenz mitteilten.

Derzeit befinde man sich in der letzten Vorbereitungsphase, so würden etwa noch Umbauarbeiten an dem Schiff durchgeführt, wie ein Mitarbeiter sagte. Wann genau der Einsatz der „Sea-Watch 4“ im Gebiet vor der libyschen Küste beginnen könne, stehe aber noch nicht fest.

Momentan gibt es keine zivile Seenotrettung im Mittelmeer, alle NGO-Schiffe – darunter die „Sea-Watch 3“ und die „Alan Kurdi“ der deutschen Organisation Sea-Eye – wurden festgesetzt. Wegen „angeblicher Sicherheitsmängel“ und unter „fadenscheinigen Vorwänden“ seien die Seenotretter von den italienischen Behörden am Einsatz gehindert worden, so Marie Naaß, Sprecherin von Sea-Watch. Diese sei aber dringend notwendig, die Situation bezeichnete sie als „nach wie vor dramatisch“.

„Versagen der EU“

Bei Aufklärungsflügen während der vergangenen Wochen seien bis zu 2.000 Menschen in Seenot gesichtet worden, und gerade in den warmen Sommermonaten würden die Zahlen erfahrungsgemäß weiter steigen. Dass die zivile Seenotrettung weiterhin notwendig ist, zeige „ganz klar das Versagen der EU“ in den vergangenen Jahren auf, kritisierte Oliver Behn, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen.

Diese werde ihrer Verantwortung „nicht einmal im Ansatz gerecht“, behindere die NGOs bei ihren Einsätzen und fördere somit sogar das Leid der Menschen, so die Kritik. Nach dem Ende der Kooperation mit SOS Mediterranee auf dem Schiff „Ocean Viking“ aufgrund von „Meinungsverschiedenheiten“ über den Einsatz während der Coronavirus-Hochphase ist MSF auf der „Sea Watch 4“ mit vier Personen, die für die medizinische Versorgung der Geretteten zuständig sind, vertreten.

Italien hatte die „Sea-Watch 3“ am 9. Juli, wenige Wochen später die „Ocean Viking“ im Hafen von Porto Empedocle festgesetzt. In beiden Fällen machten italienische Prüfer Sicherheitsmängel und Verstöße etwa bei Schiffszertifikaten geltend. Die „Alan Kurdi“ von Sea-Eye ist in Spanien zur Wartung. Doch auch ihr soll die Freigabe für das Auslaufen in die Rettungszonen zwischen Italien und Nordafrika fehlen.