Der ehemalige spanische König Juan Carlos.
APA/AFP/Pierre-Philippe Marcou
Nächster Hinweis

Juan Carlos’ Abgang gibt neue Rätsel auf

Nach der Abreise des ehemaligen Königs Juan Carlos aus Spanien geht das Rätseln über seinen Verbleib in die nächste Runde. Ein Medienbericht vermutet den unter Korruptionsverdacht stehenden Altkönig nun in Abu Dhabi – er soll zu befreundeten Scheichs gereist sein. Von offizieller Seite gibt man sich weiterhin bedeckt.

Juan Carlos soll nach seinem plötzlichen Abgang nicht in die Dominikanische Republik, sondern in die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geflogen sein. Ein Privatjet auf dem Weg von Paris nach Abu Dhabi habe am Montag in der nordwestspanischen Stadt Vigo einen Zwischenstopp eingelegt, berichtete die – als gewöhnlich gut informiert geltende – Zeitung „ABC“ am Freitag.

Neben Juan Carlos seien vier Personenschützer und eine weitere Person zugestiegen. Der 82-Jährige sei offenbar zu befreundeten Scheichs gereist, so „ABC“. Juan Carlos unterhalte beste Beziehungen zum Kronprinzen Mohammed bin Said Al Nahjan. Unterkunft habe er im Emirates Palace, einem der teuersten Hotels der Welt, bezogen, so das Blatt.

Zuvor hatten „ABC“ und andere Medien allerdings versichert, der 82-Jährige sei Montagfrüh mit dem Auto nach Portugal gefahren und von dort in die Dominikanische Republik geflogen. Juan Carlos sei von einem anderen mächtigen Freund, dem Zuckermagnaten Pepe Fanjul, aufgenommen worden, hieß es zuerst. Das wurde von der Regierung der Dominikanischen Republik allerdings dementiert.

Anwalt sichert Kooperationsbereitschaft zu

Der Palast hat sich bisher nicht zum Aufenthaltsort von Juan Carlos geäußert, der 2014 zugunsten seines Sohnes Felipe abdankte. Auch von Regierungsseite gibt es bisher keine weiteren Hinweise auf einen möglichen Aufenthaltsort des ehemaligen Königs. Von Juan Carlos’ Anwalt hieß es bisher lediglich, dass sein Mandant der Justiz auch nach der Ausreise zur Verfügung stehe.

Der spanische König Felipe VI zusammen mit seinem Vater Juan Carlos und seiner Tochter Leonor.
APA/AFP/Jaime Reina
Juan Carlos (r.) verließ das Land, die Amtsgeschäfte übernahm schon 2014 sein Sohn Felipe

Am Mittwoch versicherte die stellvertretende Ministerpräsidentin Carmen Calvo, dass Juan Carlos nicht vor der Justiz geflüchtet sei. „Er ist vor nichts geflohen“, der Ex-König sei kein Angeklagter, so Calvo. Ministerpräsident Pedro Sanchez sagte jedoch, er kenne den Aufenthaltsort des ehemaligen Monarchen nicht. Sanchez’ zweiter Stellvertreter Pablo Iglesias vom Koalitionspartner Unidas Podemos sprach von einer „unwürdigen Flucht“.

Ex-König wollte Sohn Arbeit „erleichtern“

In einem am Montagabend vom Königshaus veröffentlichten Brief an seinen Sohn hatte Juan Carlos mitgeteilt, dass er wegen der Finanzaffäre ins Ausland ziehe. Damit wolle er die Arbeit Felipes „erleichtern“. Nach Medienberichten hatte das frühere Staatsoberhaupt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Briefes Spanien längst verlassen. Das Exil des Altkönigs sei von der Regierung und dem Königshaus gemeinsam beschlossen worden, berichteten spanische Medien.

Mutmaßliche Schmiergeldzahlungen im Fokus

Juan Carlos hatte nach dem Tod von Diktator Francisco Franco 1975 eine wichtige Rolle bei der Demokratisierung Spaniens gespielt und sich damit große Sympathien in der Bevölkerung erworben. Zuletzt machte er jedoch vor allem mit Affären von sich reden.

Im jüngsten Skandal um Juan Carlos geht es um mutmaßliche Schmiergeldzahlungen beim Bau einer Schnellbahnstrecke in Saudi-Arabien durch ein spanisches Konsortium. Juan Carlos soll 2008 von den Saudis 100 Millionen US-Dollar kassiert haben. Damals genoss er als Monarch noch Immunität. In Zusammenhang mit dieser Zahlung wird Juan Carlos aber der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung nach seiner Abdankung im Juni 2014 verdächtigt.

Es wird auch gemutmaßt, dass die Entscheidung, ins Exil zu gehen, nicht von Juan Carlos selbst kam. Die gewöhnlich ebenfalls gut informierte Tageszeitung „El Mundo“ versicherte, die Entscheidung sei in erster Linie von Felipe getroffen worden. Das Königshaus habe Juan Carlos zum Verlassen Spaniens „gezwungen“, so das Blatt. Felipe hatte den Kontakt zu seinem Vater längst abgebrochen, nachdem der Skandal bekanntgeworden war. Der König verzichtete zudem auf das Erbe, das Juan Carlos ihm einst vermachen wird. Zudem wurde Juan Carlos das Gehalt – 194.000 Euro jährlich – gestrichen.

Grafik zum spanischen Königshaus
Grafik: APA/ORF.at; Fotos: AFP

Mehrere Skandale erschütterten Königshaus

Die „Casa Real“ stand in der Vergangenheit wiederholt im Rampenlicht der Skandalblätter. Felipes Schwager Inaki Urdangarin sitzt derzeit eine Haftstrafe ab. Der Ehemann von Infantin Cristina war 2018 wegen Veruntreuung von sechs Millionen Euro Steuergeldern sowie wegen Urkundenfälschung, Geldwäsche und Betrugs zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Cristina wurde der Beihilfe zum Steuerbetrug beschuldigt, aber freigesprochen. Sie ist die jüngere der beiden Schwestern Felipes und die Nummer sechs in der Thronfolge.

Auch das Bild von Juan Carlos in der Öffentlichkeit trug tiefe Kratzer davon. Der im römischen Exil geborene Bourbone wurde früher sehr geschätzt: Diktator Francisco Franco hatte ihn im Alter von zehn Jahren nach Spanien zurückgeholt, damit Juan Carlos zu einem faschistischen König erzogen werde. Nach Francos Tod beendete Juan Carlos jedoch die Diktatur und stieß demokratische Reformen an.