Kamala Harris
AP/Brynn Anderson
„Running Mate“

Biden zieht mit Kamala Harris in Wahlkampf

US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden will mit Senatorin Kamala Harris ins Weiße Haus einziehen. Der Demokrat verkündete am Dienstag seine Wahl. Harris ist die logische Bewerberin um die US-Vizepräsidentschaft. Biden hatte erklärt, mit einer Frau in den Wahlkampf ziehen zu wollen. Es ist die erste nicht weiße Frau an der Seite eines Kandidaten.

Eine große Überraschung war Bidens Wahl nicht, Harris galt als Favoritin für die Bewerbung. Die 55-Jährige, die Wurzeln in Indien und Jamaika hat, ist selbst eine ehemalige Präsidentschaftsbewerberin. Biden hatte angekündigt, auf jeden Fall mit einer Frau als „Running Mate“ bei der Präsidentenwahl am 3. November gegen Amtsinhaber Donald Trump anzutreten. Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler hatten zudem von Biden gefordert, bei der Kür seiner Vizebewerberin auf Diversität zu setzen.

Biden sagte am Dienstag: „Ich habe die große Ehre bekanntzugeben, dass ich Kamala Harris – eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen und eine der besten öffentlich Bediensteten des Landes – als meinen Running Mate ausgewählt habe.“

Auch Harris schrieb auf Twitter von einer großen Ehre. Sie werde alles dafür tun, um Biden bei der Wahl im November zum Oberbefehlshaber zu machen. „Joe Biden kann das amerikanische Volk einen, weil er sein Leben damit verbracht hat, für uns zu kämpfen. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird.“

Ex-Präsident Barack Obama sagte, Harris sei „mehr als bereit für die Aufgabe“. „Wenn du im Oval Office bist, die schwersten Probleme abwägst und eine Entscheidung, die du triffst, die Leben und Existenzen eines ganzen Landes beeinflusst – da brauchst du jemanden bei dir, der das Urteilsvermögen und den Charakter hat, um die richtige Entscheidung zu treffen“, betonte Obama. Sein ehemaliger Vize Biden habe die richtige Wahl getroffen: „Das ist ein guter Tag für unser Land. Jetzt lasst uns das Ding gewinnen.“

Zuerst Gegner, nun Duo

Harris verfügt über große Erfahrung: Die 55-Jährige war jahrelang Generalstaatsanwältin und damit Justizministerin von Kalifornien. Seit 2017 vertritt sie den Bundesstaat im US-Senat. Harris wollte im November eigentlich selbst gegen Trump antreten und hatte betont, das Land wieder zusammenbringen zu wollen. Zu Beginn galt sie als chancenreiche Kandidatin. Ihre Kampagne entpuppte sich am Ende aber als Enttäuschung.

Sie sorgte auch mit harten Attacken auf Biden für Aufsehen. Sie warf ihm in TV-Debatten wohlwollende Äußerungen zu Senatoren vor, die vor Jahrzehnten die Rassentrennung befürworteten. Nach ihrem Ausstieg aus dem Vorwahlrennen stellte sich Harris schließlich hinter Biden.

Joe Biden
AP/Andrew Harnik
Joe Biden wäre bei Amtsantritt 78 Jahre alt

Als Generalstaatsanwältin habe sie eng mit Bidens Sohn Beau zusammengearbeitet, zusammen hätten sie es mit den großen Banken aufgenommen, die arbeitende Bevölkerung unterstützt und Frauen und Kinder vor Missbrauch geschützt, erklärte Biden. „Ich war damals stolz und ich bin jetzt stolz, sie als meine Partnerin in dieser Kampagne zu haben.“

Trump: „Sie hat gelogen“

US-Präsident Trump übte am Dienstag Kritik an Harris: „Sie hat gelogen. Sie hat Dinge gesagt, die nicht wahr waren“, sagte er, ohne genauer darauf einzugehen. Harris wolle die Steuern erhöhen, die Militärausgaben senken und sei gegen die Erdgasförderung per Fracking. Trump ergänzte, Harris sei im Vorwahlkampf „bösartig“ über Biden hergezogen. Sein Vizepräsident Mike Pence gefalle ihm viel besser.

Möglicher Aufstieg zur Präsidentin

Bidens Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil sie sich nicht nur auf seine Wahlchancen auswirken dürfte, sondern auch entscheidend auf die Zukunft des Landes auswirken könnte. Bei Amtsantritt wäre Biden 78 Jahre alt. Es wird erwartet, dass er nur eine Amtszeit lang regieren würde, sollte er die Wahl am 3. November gewinnen. Als Vizepräsidentin könnte sich Harris an seiner Seite profilieren und den Weg dafür bereiten, sein Erbe anzutreten.

Biden wählte Vize

Hannelore Veit porträtiert Kamala Harris, die Joe Biden als seine Vizepräsidentsschaftsbewerberin am Dienstag präsentiert hat.

Zudem braucht Biden die Stimmen der schwarzen Bevölkerung inmitten der lang anhaltenden Proteste in den USA gegen Polizeigewalt und Rassismus. Biden selbst geriet hier bereits in die Defensive. Er hatte kürzlich in einem Interview gesagt, „anders als die afroamerikanische Gemeinschaft – mit bedeutenden Ausnahmen – ist die Latino-Gemeinschaft eine unglaublich vielfältige Gemeinschaft mit unglaublich vielfältigen Haltungen zu verschiedenen Dingen“. Kritiker warfen dem früheren Vizepräsidenten daraufhin vor, Afroamerikanern eine fehlende Diversität zu unterstellen.

Vizepräsident Mike Pence und Präsident Donald Trump
APA/AFP/Brendan Smialowski
Trump will im November erneut mit seinem Vize Mike Pence antreten

Biden liegt in Umfragen derzeit deutlich vor Trump. Wegen des komplizierten Wahlsystems sind diese Prognosen allerdings mit Vorsicht zu genießen. Die offizielle Nominierung Bidens als Kandidat der Demokraten steht noch aus. Das soll beim Parteitag vom 17. bis 20. August geschehen. Wegen der Pandemie findet das Treffen weitgehend digital statt. Beim Parteitag war schon vor der Ankündigung am Dienstag eine Rede von Harris geplant. Auch Obama und Bill und Hillary Clinton werden Reden halten.