Demokratischer Präsidentschaftskandidat Joe Biden und Senatorin Kamala Harris stehen sich gegenüber und schaue sich an
APA/AFP/Robyn Beck
Kamala Harris als US-Vizekandidatin

Freude bei den Stars, Breitseite von Trump

Es ist eine historische Entscheidung: Mit Kamala Harris könnte erstmals eine schwarze Frau Vizepräsidentin der USA werden. Die Reaktionen auf Harris’ Nominierung durch den designierten demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden fielen vor allem in der Unterhaltungsbranche sehr positiv aus. US-Präsident Donald Trump feuerte dagegen eine erste Breitseite gegen Harris ab.

Kurz nachdem Biden die Wahl der US-Senatorin zu seiner Vizekandidatin öffentlich gemacht hatte, meldeten sich am Dienstag (Ortszeit) zahlreiche US-Stars in Sozialen Netzwerken zu Wort. Sängerin Pink schrieb, sie vergieße „wahre Freudentränen“. Die afroamerikanische Schauspielerin Kerry Washington („Django Unchained“) zeigte sich „überwältigt“.

Washington verwies auf den „historischen Moment“, dass erstmals eine Schwarze und eine Frau mit indischen Wurzeln für eine der beiden großen Parteien als Vizekandidatin ins Rennen zieht. Sie freue sich von ganzem Herzen für all die Kinder, die sich in Harris sehen und nun „größer träumen“ könnten.

Cher gratuliert „Madame Vizepräsidentin“

„Ich freue mich für dich und bin erleichtert und froh für unser Land“, gratulierte Sharon Stone der aus Kalifornien stammenden Politikerin. Er könne es kaum erwarten, für das Biden-Harris-Team zu stimmen, schrieb Sänger John Legend. Nach der Wahl im November werde die schwierige Arbeit beginnen, von Trumps „Alptraum“-Präsidentschaft zu genesen.

Sängerin Cher schmückte ihren Tweet „Gratulation, Madame Vizepräsidentin“ mit einem Partyknaller-Emoji. „Ich weine vor Freude“, schrieb Schauspieler Josh Gad. „Gab es je einen aufregenderen Tag“, jubelte die indisch-amerikanische Komikerin Mindy Kaling („The Mindy Project“). Charlize Theron rief ihre Twitter-Follower zum Wählen auf. „Auf geht’s“, schrieb die Oscar-Preisträgerin. Mit Harris stehe das Team nun fest. „Jetzt liegt es an uns zu wählen.“

Obama sieht „guten Tag“ für die USA

Ex-Präsident Barack Obama schrieb: „Das ist ein guter Tag für unser Land. Jetzt lasst uns das Ding gewinnen!“ Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton würdigte Harris „als unglaubliche Beamtin und Anführerin“. Susan Rice, die auch als aussichtsreiche Kandidatin für den Posten gehandelt wurde, übermittelte ihre „wärmsten Glückwünsche“ und nannte Harris „eine hartnäckige und wegweisende Anführerin, die eine großartige Partnerin auf dem Kampagnenweg sein wird“.

Trump: Harris war „sehr gemein“ zu Biden

Eine erste Breitseite kam dagegen von Amtsinhaber Trump, der Harris mit abschätzigen Äußerungen attackierte. Trump sagte am Dienstag im Weißen Haus, er sei „überrascht“ über Bidens Wahl, schließlich habe die schwarze Senatorin im Vorwahlrennen der Demokraten „sehr, sehr schlecht“ abgeschnitten. Der Präsident warf Harris auch vor, im Vorwahlkampf der Demokraten „sehr gemein“ und „respektlos“ mit Biden umgegangen zu sein. Sein Vizepräsident Mike Pence gefalle ihm viel besser.

Zu den inhaltlichen Positionen von Harris sagte Trump, diese wolle Steuern erhöhen und die Ausgaben für das Militär kürzen. Sie trete außerdem gegen Fracking zur Förderung von Öl und Gas sowie für ein „verstaatlichtes“ Gesundheitswesen ein.

Harris im Vorfeld in Favoritenrolle

Harris galt als Favoritin für die Bewerbung. Die 55-Jährige, die Wurzeln in Indien und Jamaika hat, ist selbst ehemalige Präsidentschaftsbewerberin. Biden hatte angekündigt, auf jeden Fall mit einer Frau als „Running Mate“ bei der Präsidentenwahl am 3. November gegen Amtsinhaber Trump anzutreten. Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler hatten zudem von Biden gefordert, bei der Kür seiner Vizebewerberin auf Diversität zu setzen.

Biden sagte am Dienstag: „Ich habe die große Ehre bekanntzugeben, dass ich Kamala Harris – eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen und eine der besten öffentlich Bediensteten des Landes – als meinen Running Mate ausgewählt habe.“

Zuerst Gegner, nun Duo

Harris verfügt über große Erfahrung: Die 55-Jährige war jahrelang Generalstaatsanwältin und damit Justizministerin von Kalifornien. Seit 2017 vertritt sie den Bundesstaat im US-Senat. Harris wollte im November eigentlich selbst gegen Trump antreten und hatte betont, das Land wieder zusammenbringen zu wollen. Zu Beginn galt sie als chancenreiche Kandidatin. Ihre Kampagne entpuppte sich am Ende aber als Enttäuschung.

Sie sorgte auch mit harten Attacken auf Biden für Aufsehen. Sie warf ihm in TV-Debatten wohlwollende Äußerungen zu Senatoren vor, die vor Jahrzehnten die Rassentrennung befürworteten. Nach ihrem Ausstieg aus dem Vorwahlrennen stellte sich Harris schließlich hinter Biden.

Weichenstellung für die Zukunft

Bidens Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil sie sich nicht nur auf seine Wahlchancen auswirken dürfte, sondern auch entscheidend auf die Zukunft des Landes auswirken könnte. Bei Amtsantritt wäre Biden 78 Jahre alt. Es wird erwartet, dass er nur eine Amtszeit lang regieren würde, sollte er die Wahl am 3. November gewinnen. Als Vizepräsidentin könnte sich Harris an seiner Seite profilieren und den Weg dafür bereiten, sein Erbe anzutreten.

Joe Biden
AP/Andrew Harnik
Joe Biden wäre bei Amtsantritt 78 Jahre alt

Zudem braucht Biden die Stimmen der schwarzen Bevölkerung inmitten der lang anhaltenden Proteste in den USA gegen Polizeigewalt und Rassismus. Biden selbst geriet hier bereits in die Defensive. Er hatte kürzlich in einem Interview gesagt, „anders als die afroamerikanische Gemeinschaft – mit bedeutenden Ausnahmen – ist die Latino-Gemeinschaft eine unglaublich vielfältige Gemeinschaft mit unglaublich vielfältigen Haltungen zu verschiedenen Dingen“. Kritiker warfen dem früheren Vizepräsidenten daraufhin vor, Afroamerikanern eine fehlende Diversität zu unterstellen.