Schild mit dem Hinweis Abstand zu halten auf dem Flughafen Wien
ORF.at/Christian Öser
Nach VfGH-Entscheid

Neuer Anlauf für Covid-19-Gesetz

Das Gesundheitsministerium hat am Mittwoch die Novellen zum Covid-19-Maßnahmengesetz und zum Epidemiegesetz in Begutachtung geschickt. Damit soll nicht nur das geplante Ampelsystem rechtlich verankert werden. Auch Regeln wie der Mindestabstand im öffentlichen Raum sollen nun gesetzlich abgesichert werden.

Mit der Novelle des Covid-19-Gesetzes wird der Gesundheitsminister ausdrücklich ermächtigt, ein Einmeterabstandsgebot zu verfügen. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte im Juli die Verordnung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zu den Ausgangsbeschränkungen – rückwirkend – zum größten Teil aufgehoben. Das Höchstgericht hatte damals argumentiert, dass die Regeln über die im Gesetz festgeschriebenen Möglichkeiten hinausgingen. Infolge dessen wurde auch die Zulässigkeit des Einmeterabstandsgebots bezweifelt und weitgehend auf Strafen verzichtet.

Grund für den VfGH-Spruch war, dass Anschober laut dem bisherigen Covid-19-Gesetz nicht generell das Betreten öffentlichen Raumes, sondern nur einzelner genau dargestellter Orte verbieten durfte. Deshalb wird nun eine gesetzliche Grundlage für die „aus epidemiologischer Sicht notwendige Regelung“ zum „Betreten öffentlicher Orte schlechthin“ geschaffen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mit Babyelefant aus Karton
APA/Herbert Neubauer
Die Gesetzesnovelle soll das „Elefantenjungtier“ auf rechtlich sichere Beine stellen

Künftig kann der Gesundheitsminister vorgeben, wie viele Menschen zu welcher Zeit Orte betreten dürfen – und er kann Auflagen wie Abstandsregeln, Schutzmaßnahmen und Präventionskonzepte verfügen. Und: Das Betreten kann „gänzlich untersagt werden, wenn gelindere Maßnahmen nicht ausreichen“.

Grundlage für Ampelsystem

So weitgehende Maßnahmen drohen derzeit allerdings nicht. Das wird auch in den Gesetzeserläuterungen versichert: „Da derzeit ein kompletter Lockdown kein zweites Mal angedacht ist, muss es möglich sein, je nach regionaler epidemiologischer Situation regional auch differenzierte Maßnahmen setzen zu können.“

Möglich machen soll das laut Ministerium das vielbesprochene Ampelsystem. Mit einer „Kaskadenregelung“ für die Behördenzuständigkeit – Gesundheitsminister (Bundesgebiet), Landeshauptleute (Bundesland), Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirke oder Teile eines Bezirks) – wird im Gesetz dafür die Grundlage gelegt. Und es wird ausdrücklich festgehalten, dass Verordnungen zu Coronavirus-Maßnahmen „regional differenziert“ werden können.

Begutachtungsfrist von zwei Wochen

Das Ampelsystem soll bereits Mitte August in den Probe- und im September in den Regelbetrieb gehen soll. Entsprechend kurz ist die Begutachtungsfrist für die Gesetzesnovellen ausgefallen. Nur zwei Wochen bis 28. August ist Zeit, um allfällige Bedenken gegen die Änderung des Covid-19-Gesetzes, des Epidemie- und des Tuberkulosegesetzes vorzubringen.

Bisher wurden die CoV-Gesetze freilich gar nicht in Begutachtung geschickt – „weil es darum ging, schnell zu handeln“, so Anschober am Donnerstag in einer Aussendung. Jetzt werde es aber wieder – wie üblich – möglich sein, „Verbesserungswünsche aus verschiedenen Fach- und Gesellschaftsbereichen zu berücksichtigen“.

Strafen sollen niedriger ausfallen

Neben mehr Handlungsspielraum für den Gesundheitsminister bringt die Novelle des Covid-19-Gesetzes auch Nachschärfungen bei den Strafen. Der zu Beginn der Krise „aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigte hohe Strafrahmen“ wird teilweise herabgesetzt. Die für das rechtswidrige Betreten von Betrieben, Arbeitsorten, Verkehrsmitteln oder anderen Orten angedrohte Geldstrafe bis zu 3.600 Euro wird auf bis zu 1.450 Euro reduziert.

Wer gegen Auflagen (wie Maske, Abstand, Höchstzahl oder Zeit) verstößt, muss mit einer Geldstrafe bis 500 Euro rechnen. Inhaber von Betriebsstätten, Arbeitsorten und Verkehrsmitteln müssen bei Verstößen gegen Betretungsverbote allerdings weiter mit bis zu 30.000 Euro Strafe rechnen. Sorgen sie nicht dafür, dass Auflagen eingehalten werden, können sie mit bis zu 3.600 Euro Geldbuße bestraft werden.

Im Gesetz ausdrücklich klargestellt wird, dass die Bezirksverwaltungsbehörde die Einhaltung von Auflagen „auch durch Überprüfung vor Ort“ kontrollieren kann. Weiters wird im Epidemiegesetz klargestellt, dass auch Präventionskonzepte als Auflage gelten. Solche sind für die Abhaltung größerer Veranstaltungen – im Kultur- und Sportbereich und auch von großen Feiern wie Hochzeiten etc. – vom Veranstalter vorzulegen.

Verpflichtende Speicherung von Kontaktdaten

Um die Cluster-Erhebung zu verbessern, sollen Betriebe, Veranstalter und Vereine verpflichtet werden, Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern für 28 Tage aufzubewahren und den Gesundheitsbehörden im Anlassfall zur Verfügung zu stellen – wenn die Betroffenen der Datenverarbeitung ausdrücklich zugestimmt haben.

In den Erläuterungen wird zudem klargestellt, dass Betriebe, Veranstalter und Vereine einen Eintritt oder eine Dienstleistung nicht verweigern dürfen, wenn die Einwilligung zur Datenverarbeitung abgelehnt wird.

Gesetze sollen über Jahresende hinaus gelten

Zwar geht es aus dem vorgelegten Entwurf nicht hervor: Aber auch die Geltungsdauer der Gesetze soll verlängert werden, hieß es am Donnerstag aus dem Gesundheitsministerium. Bisher sind sie mit 31. Dezember befristet. Bis zu welchem Datum sich die neue Frist erstrecken werde, stehe aber noch nicht fest.

FPÖ sieht „autokratischen Überwachungsstaat“ drohen

Scharfe Kritik an der Novelle übte die FPÖ. Klubobmann Herbert Kickl sah in dem Entwurf die Grundlage für einen „autokratischen Überwachungsstaat“ und ein „automatisiertes Spitzelsystem nach DDR-Vorbild“. Er sprach in einer Aussendung vom „absoluten Gipfel des Kurz’schen Machtrausches“ und hielt Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vor, er wolle Österreich in ein „Dollfuß-Regime 2020“ führenn. Die Grünen und deren Gesundheitsminister Anschober seien „willfährige Gehilfen der ÖVP“.

Vor allem die geplanten rechtlichen Grundlagen für das Kontaktpersonen-Tracing missfallen Kickl. Es würde auf eine „24-Stunden-Überwachung der Bürger durch den Staat“ hinauslaufen, wenn Betriebe, Veranstalter und Vereine verpflichtet würden, Daten von Kunden und Besuchern aufzunehmen und zu speichern, so der FPÖ-Klubobmann.