Die Situation bei der Einreise an der slowenisch-österreichischen Grenze beim Karawankentunnel
APA/Michael Walcher
Kroatien-Reisewarnung

Viele Hürden für Heimkehrende

Tausende Urlauberinnen und Urlauber sind am Wochenende ob der seit Montag geltenden Reisewarnung von Kroatien nach Österreich zurückgekehrt. Wer das – etwa aufgrund des starken Reiseverkehrs – nicht schaffte, muss ein ärztliches Attest vorlegen oder sich in Heimquarantäne begeben, bis ein negativer Test vorgewiesen werden kann. Daneben stellt sich für viele die Frage einer Stornierung oder Refundierung.

Um Mitternacht trat die Reisewarnung in Kraft, seither gilt die Regel, dass man bei der Einreise einen negativen PCR-Test vorweisen muss, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Ansonsten gilt die Quarantäne, in der man sich binnen 48 Stunden selbst auf eigene Kosten um einen Test kümmern muss. Die Nummer 1450 darf nur gewählt werden, wenn Symptome auftreten.

Ausnahmen oder eine Übergangsregel gibt es nicht. An der Grenze weiterfahren darf nur, wer schon einen negativen Test vorlegt, sowie Urlauberinnen und Urlauber aus dem Ausland, etwa aus Deutschland und Tschechien, die nur auf der Durchreise sind und nicht in Österreich haltmachen.

Einige waren zu spät

Das empört einige Urlauberinnen und Urlauber. Rund 350 gelang die Einreise etwa über den Grenzübergang Spielfeld zwar am Montag in den frühen Morgenstunden, doch war das zu spät, um mehr oder minder entspannt und ohne Hürden nach Hause fahren zu können – mehr dazu in steiermark.ORF.at .

Gesundheitspersonal testet Mann in einem Auto
APA/Herbert P. Oczeret
Einen Gurgeltest können Kroatien-Heimkehrende beim Ernst-Happel-Stadion in Wien machen

Viele Bundesländer bereiteten sich auf ihre Kroatien-Rückkehrerinnen und -Rückkehrer vor und richteten eigens Teststationen ein. Die Stadt Wien ermöglichte bereits am Sonntag beim Praterstadion Gratistests. Der Andrang war groß: 698 Tests wurden gemacht, die Wartezeit betrug mehrere Stunden – mehr dazu in wien.ORF.at . St. Pölten richtete ebenfalls eine Teststraße ein – mehr dazu in noe.ORF.at . In Vorarlberg bietet das Rote Kreuz in Röthis eine Drive-in-Station für Coronavirus-Tests an – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at .

Länder klagen über zu wenig Personal an Grenzen

Indes regte der Hinweis der Regierung die örtlichen Gesundheitsbehörden vielerorts auf, die Länder müssten für mehr Kontrollen an den Grenzen sorgen. Dazu gehören etwa das Austeilen von Formularen und genauere Befragungen, um in Erfahrung zu bringen, woher jemand wirklich kommt. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte im Ö1-Interview an die Bundesländer appelliert, mehr Gesundheitspersonal an den Grenzen zur Verfügung zu stellen.

Zwar können die Länder Unterstützung des Bundesheeres anfordern, doch reiche das nicht aus, lückenlose Kontrollen seien mit dem derzeitigen Personal kaum möglich, so etwa Bernd Riepan, Bezirkshauptmann von Villach-Land. „Es ist auf Basis der derzeitigen Situation nicht möglich, nicht nur bei uns, sondern – ich glaube sagen zu können – in ganz Österreich“, so Riepan, da es kein eigenes Personal gebe. Wie sich die Regierung das vorstelle, wisse er nicht.

Kärntens Gesundheitslandesrätin Beate Prettner (SPÖ) sagte indes, vor allem die beiden großen Grenzübergänge am Karawankentunnel und in Arnoldstein forderten die Behörden sehr. Sie seien „an der Grenze der Leistungsfähigkeit“, so Prettner. Man tue, was man könne. Jedoch habe es am Karawankentunnel von Sonntag auf Montag binnen 24 Stunden 5.000 Grenzübergänge gegeben – mehr dazu in kaernten.ORF.at .

Die Situation bei der Einreise an der slowenisch-österreichischen Grenze beim Karawankentunnel
APA/Michael Walcher
Am Grenzübergang Karawankentunnel unterstützt das Bundesheer

„Da kann man eine Vorstellung haben, was das für eine Herausforderung ist“, sagte die Landesrätin im Ö1-Mittagsjournal. 45 Soldatinnen und Soldaten würden bei den Gesundheitskontrollen unterstützen, doch das sei zu wenig. Auch in der Steiermark sind die Behörden stark unter Druck. Manfred Walch, Bezirkshauptmann der Stadt Leibnitz, klagte ebenfalls über zu wenig Personal. Ohne Soldatinnen und Soldaten wäre die Masse an Kontrollen sowieso nicht möglich, so Walch.

Teils unklare Situation bei Stornierungen

Kann aufgrund der Reisewarnung eine Kroatien-Reise nun nicht angetreten werden bzw. wurde sie verkürzt, so gibt es unterschiedliche Szenarien, ob eine Stornierung oder Refundierung möglich ist. Jurist Andreas Hermann vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) meinte im Gespräch mit Ö1, die besten Chancen würden Urlauberinnen und Urlauber haben, wenn sie eine Pauschalreise gebucht hätten. „Der Konsument kann aufgrund der Reisewarnung dem Veranstalter mitteilen, dass er kostenlos vom Vertrag zurücktreten möchte“, so Hermann. Dann habe er oder sie den Anspruch auf volle Rückerstattung. So gehe das rein rechtlich auch, wenn etwa der Urlaub nun aufgrund der Reisewarnung abgebrochen werden musste.

Doch nicht immer ist die Situation derart klar. Denn schließlich haben viele Österreicherinnen und Österreicher bloß die Unterkunft gebucht und sind anschließend mit dem Pkw in den jeweiligen Urlaubsort in Kroatien gefahren. Da es bei einem solchen „Vertrag über die Beherbergung“ nicht Teil des Vertrags sei, woher jemand anreise, könne die Reisewarnung nicht als Argument für Refundierung oder Stornierung gelten, so der Jurist.

„Ein Hotel oder ein privater Zimmervermieter kann sagen: Ich darf offen haben, jetzt kann ich meinen Teil des Vertrages erfüllen“, so Hermann. Er rät aber, bei den Gastgebern auf Kulanz zu pochen, möglicherweise würde so zumindest ein Teil rückerstattet. Man soll versuchen, „den Kontakt (zu) suchen und (zu) schauen, ob man gemeinsam eine Lösung finden kann“.

„Eher die Minderheit fährt trotzdem“

Nach Einschätzung des Reiseanbieters Ruefa, würden die meisten Österreicherinnen und Österreicher, die nach Kroatien fahren wollten, das nun aufgrund der Reisewarnung nicht tun. „Eher die Minderheit fährt trotzdem“, so die Vorständin des größten heimischen Tourismuskonzerns, Helga Freund, gegenüber der APA.

Reisewarnung

Eine Reisewarnung berechtigt in manchen Fällen zu einem Gratisstorno einer gebuchten Reise. Eine Reisewarnung ist aber kein Reiseverbot. Sollte allerdings eine Rückholaktion aus einer Region oder einem Land durchgeführt werden, für das es eine Reisewarnung gibt, können die Reisenden an den Konsularkosten beteiligt werden.

Wer jetzt frisch bucht, kann allerdings noch nicht auf Billigangebote hoffen: „Ich hätte jetzt noch keine neuen Preise für Kroatien gesehen – wir werden jetzt nicht die Situation ausnutzen und die Preise nachverhandeln, wir warten mal bis Ende August ab, ob die Reisewarnung bestehen bleibt oder aufgehoben wird“, so Freund.

„Manche, die schon dort waren, blieben trotz Reisewarnung – auf der Stelle zurückfahren wollte eigentlich niemand“, so Freund weiters. Die Kunden müssten vom Urlaub aber jedenfalls nur das zahlen, was sie bereits konsumiert hätten, bestätigt sie auch die Einschätzung des VKI. „Den Rest bekommen sie von uns rückerstattet.“

„Neues Ischgl in Kroatien“

Die Regierung entschied sich für die Reisewarnung für Kroatien, da sich viele Rückkehrerinnen und Rückkehrer mit dem Coronavirus infiziert hatten. Insbesondere das Nachtleben an der dalmatinischen Küste sei zum Problem geworden, so die Behörden. So infizierten sich etwa viele Urlauberinnen und Urlauber in der Küstenstadt Makarska. Berichten zufolge spreche man dort bereits vom „neuen Ischgl in Kroatien“. Ein bekannter Strandclub namens „Makarana“ soll jener Ort sein, wo sich viele Urlauberinnen und Urlauber aus Österreich, Deutschland und der Schweiz infiziert haben. Seit letzter Woche ist der Club geschlossen.

Slowenien erwägt ähnliche Schritte

Slowenien zieht unterdessen in Erwägung, ähnliche Schritte wie Österreich zu ergreifen. Die leitende slowenische Epidemiologin Bojana Beovic empfahl der slowenischen Regierung, für alle Rückkehrerinnen und Rückkehrer eine Heimquarantäne einzuführen. Diese Maßnahme, die in Slowenien seit der zweiten Juni-Hälfte bereits für die Einreise aus Bosnien, Serbien und dem Kosovo gilt, hat laut Beovic das epidemiologische Bild im Land „wesentlich verbessert“.

Eine Reihe von Neuinfektionen in Slowenien werden auf Kroatien-Rückkehrerinnen und -Rückkehrer zurückgeführt, ähnlich wie in Österreich also. Für ein kleines Land wie Slowenien mit Schwächen im Gesundheitssystem könnten schon zehn importierte Infektionen pro Tag zu Problemen führen, mahnte die Epidemiologin im APA-Gespräch. Auch Italien verhängte bereits Reisebeschränkungen gegen Kroatien.

Kroatien um Beruhigung bemüht

Kroatien versucht angesichts steigender Infektionszahlen im Land zu beruhigen. Zagreb will Österreich zu einer Entschärfung der Maßnahmen bewegen. „Wir kommunizieren intensiv, dass die Situation mit den Infektionszahlen nicht überall in Kroatien gleich ist“, sagte der kroatische Innenminister Davor Bozinovic am Montag.

Die Lage sei von Region zu Region unterschiedlich. „Insbesondere in Regionen, wo die meisten österreichischen Touristen hinreisen, ist die Lage sehr günstig“, versicherte der Innenminister, der auch den nationalen Coronavirus-Krisenstab leitet, laut Regionalsender N1. „Österreichische Behörden wissen das. Ob sie diese Tatsache wegen ihrer Bürger auch berücksichtigen werden, liegt bei ihnen. Das ist ihre souveräne Entscheidung“, sagte Bozinovic.

„Der Sommer geht zu Ende, die Skisaison kommt wieder“

Auch der kroatische Gesundheitsminister Vili Beros warb in einem Interview mit dem „Kurier“ (Montag-Ausgabe) dafür, dass Österreich seine Reisewarnung auf einige Regionen beschränken solle. Mit einer „partiellen Reisewarnung“ könne Österreich die spezifische epidemiologische Lage in den einzelnen der insgesamt 21 kroatischen Regionen (Gespanschaften) berücksichtigen.

Der Chef des Instituts für öffentliche Gesundheit, Krunoslav Capak, übte ebenfalls nur indirekt Kritik, indem er am Montag daran erinnerte, dass Kroatien zu Beginn der Pandemie den Großteil von Infektionen aus italienischen und österreichischen Skigebieten importiert habe. „Der Sommer geht zu Ende, die Skisaison kommt wieder und damit auch epidemiologische Maßnahmen des kroatischen Instituts“, sagte er laut N1.

In Kroatien liegt die aktuelle Reproduktionszahl derzeit bei 1,84. Am Montag gab der nationale Krisenstab bekannt, dass in den letzten 24 Stunden 85 Neuinfektionen registriert wurden, allerdings wurden in dieser Periode nur 990 Tests gemacht, hieß es. Am Sonntag waren 151 Neuinfektionen registriert worden.