Michelle Obama während des virtuellen Parteitags der US-Demokraten
APA/AFP
Obama über Trump

„Es kann noch viel schlimmer werden“

Die frühere First Lady Michelle Obama hat zum Auftakt des Parteitags der Demokraten vernichtende Kritik an US-Präsident Donald Trump geübt und zur Wahl von dessen Herausforderer Joe Biden aufgerufen. „Donald Trump ist der falsche Präsident für unser Land“, sagte die Ehefrau von Ex-Präsident Barack Obama in ihrem am Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Redebeitrag.

„Wenn Sie glauben, dass die Dinge unmöglich noch schlimmer werden können, vertrauen Sie mir, das können sie. Und das werden sie, wenn wir bei dieser Wahl nichts ändern. Wenn wir irgendeine Hoffnung haben, dieses Chaos zu beenden, dann müssen wir für Joe Biden stimmen, als ob unsere Leben davon abhängen.“

Trump habe mehr als genug Zeit gehabt zu beweisen, dass er der Aufgabe gewachsen ist, er sei aber „ganz klar überfordert“. Obama fügte hinzu: Als Präsident „kannst du dich einfach nicht durch diesen Job hindurchschwindeln“.

„Offenbart, wer du bist“

Bei dem bis Donnerstag andauernden Parteitag der Demokraten wird Biden zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahl am 3. November gekürt. „Präsident zu sein ändert nicht, wer du bist. Es offenbart, wer du bist“, sagte Obama. Unter dem Republikaner Trump herrschten „Chaos, Spaltung und ein kompletter und völliger Mangel an Mitgefühl“ im Weißen Haus.

Michelle Obama während des virtuellen Parteitags der US-Demokraten
APA/AFP/Chris Delmas
Auch Obamas Auftritt fand virtuell statta

Wegen der Coronavirus-Pandemie findet der Parteitag in Milwaukee, Wisconsin, heuer großteils virtuell via Streaming statt. Weder die Parteidelegierten noch die zahlreichen Redner sind in die Großstadt im Mittleren Westen gereist. Während tagsüber Arbeitsgruppen online zusammenkommen, wird jeden Abend ein Programm mit Videos, Musik und Reden prominenter demokratischer Politiker ausgestrahlt.

„Darüberstehen“ und wählen

Obama fügte hinzu, dass sie nach wie vor zu ihrem vielfach gefeierten Satz am Parteitag der Demokraten von 2016 stehe: „In den letzten vier Jahren haben mich viele Leute gefragt: ‚Wenn andere so tief sinken, klappt das dann wirklich mit dem Darüberstehen?‘ Meine Antwort: ‚Darüberstehen ist das Einzige, was funktioniert.‘“

Start für Parteitag der US-Demokraten

In den USA wurde der Parteitag der Demokraten gestartet. Joe Biden und Kamala Harris werden zum Kandidatenduo gekürt. Wichtigste Botschaft der größtenteils im Internet ablaufenden Veranstaltung: Donald Trump darf nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben.

Zugleich warb die 56-Jährige für Trump-Herausforderer Biden, der ihrem Mann acht Jahre lang als Vizepräsident gedient hatte. „Ich kenne Joe. Er ist ein zutiefst anständiger Mann, der vom Glauben geleitet wird“, sagte Obama. „Er war ein fantastischer Vizepräsident. Er weiß, was es braucht, um eine Wirtschaft zu retten, eine Pandemie zurückzuschlagen und unser Land zu führen.“ Obama trug eine Halskette, die bei genauem Hinsehen ein Aufruf zum Wählen war: Vier Buchstaben ergaben das Wort „Vote“.

Joe Biden während des virtuellen Parteitags der US-Demokraten
Reuters
Biden, der beim Livestream immer wieder eingeblendet wurde, gefiel sichtlich, was er hörte

Angriffe auf Trump

Generell war der erste Tag des Nominierungsparteitags der Demokraten ganz dem Versuch gewidmet aufzuzeigen, warum Trump in ihrer Sicht völlig ungeeignet für das Amt ist. Den Anfang machten unter anderen New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo, der linksgerichtete Senator und frühere Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders, Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer und die Senatorin Amy Klobuchar.

Kontrollraum des virtuellen Parteitags der US-Demokraten
APA/AFP/Morry Gash
Die „Schaltzentrale“ des Parteitags in Milwaukee

Sanders: Bedrohung für Demokratie

Auch die Ikone des linken Parteiflügels, Sanders, kritisierte Trump scharf und warb für Biden. Trump sei „eine Bedrohung für unsere Demokratie“, sagte der Senator, der Biden im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur unterlegen war. „Die Zukunft unserer Demokratie steht auf dem Spiel. Die Zukunft unserer Wirtschaft steht auf dem Spiel. Die Zukunft unseres Planeten steht auf dem Spiel.“

Auch mehrere Republikaner – Wähler wie Politiker – sprachen sich in Videos für Biden aus. Der frühere Gouverneur von Ohio, John Kasich, sagte, vier weitere Jahre unter Trump würden „furchtbare Konsequenzen“ für das Land haben.

Auftritt des Bruders von George Floyd

Bei der von der Schauspielerin Eva Longoria moderierten Veranstaltung kamen auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger zu Wort. Darunter waren ein Bruder des Ende Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz getöteten Afroamerikaners George Floyd und eine junge Frau, deren Vater an den Folgen einer Coronavirus-Infektion starb. Der Abend stand unter dem Motto „Wir, das Volk“ – mit diesen Worten beginnt die Präambel der US-Verfassung.

An dem viertägigen Parteitag sind unter anderem Reden von Bidens Vizekandidatin Kamala Harris, von den Ex-Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton sowie von Hillary Clinton geplant, die Trump bei der Präsidentschaftswahl 2016 unterlegen war. Die Delegierten werden Biden am Dienstag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten wählen. Am Donnerstag hält der 77-Jährige dann von seinem Heimatstaat Delaware aus seine Nominierungsrede.

Umfragen sehen Biden derzeit teils deutlich vor Trump, der wegen seines Umgangs mit der Pandemie und den Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung unter Druck steht.

Trump bezeichnet Obama und Biden als korrupt

Der amtierende Präsident reagierte mit scharfen Worten auf die Kritik der Demokraten. „Die Regierung von Obama und Biden war die korrupteste in der Geschichte“, schrieb der Präsident am Dienstag auf Twitter. Dazu gehöre, dass sie sein Wahlkampfteam ausgespäht hätten, was „der größte politische Skandal in der Geschichte unseres Landes“ sei, wiederholte Trump seinen häufigen, aber nicht erwiesenen Vorwurf. „Das nennt man Verrat, und mehr.“

In Richtung Michelle Obama sagte Trump, dass er nur im Weißen Haus sitze, weil ihr Ehemann seinen Job schlecht gemacht habe. „Meine Regierung und ich haben die großartigste Wirtschaft in der Geschichte aufgebaut, weltweit, sie dann heruntergefahren, Millionen Leben gerettet, und nun baue ich eine noch großartigere Wirtschaft als zuvor auf“, schrieb Trump.