Zerstörte Gebäude in Sirte
Reuters/Esam Omran Al-Fetori
Libyen

Waffenruhe und Wahlen angekündigt

Nach jahrelangem Bürgerkrieg haben die gegnerischen Seiten in Libyen eine Waffenruhe und baldige Wahlen angekündigt. Das teilten die Einheitsregierung in Tripolis im Westen des Landes und das rivalisierende Parlament im Osten Libyens in getrennten Erklärungen am Freitag mit. Die UNO begrüßte die „Übereinkunft“ zwischen beiden Seiten.

Die Streitkräfte seien angewiesen, alle Kampfhandlungen in ganz Libyen einzustellen, sagte der Chef der international anerkannten Regierung, Fajis al-Sarradsch, in Tripolis. Zudem sollen eine entmilitarisierte Zone in der strategisch wichtigen Stadt Sirte am Mittelmeer eingerichtet und ein politischer Dialog angestoßen werden. Im März sollen Parlament und Präsident gewählt werden.

In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Bürgerkrieg. Die Sarradsch-Regierung kämpft gegen die Truppen des einflussreichen Generals Chalifa Haftar. Alle diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts scheiterten bisher. Auch frühere Waffenruhen konnte die Lage nicht beruhigen. Zuletzt wurde erneut eine Eskalation der Lage befürchtet.

Chef der international anerkannten Regierung, Fajis al-Sarradsch
Reuters/Michele Tantussi
Sarradsch kündigte Neuwahlen für kommenden März an

Die Ankündigung von Sarradsch erfolgt mehr als zwei Monate, nachdem Anhänger der Regierung die Kontrolle über mehrere Gebiete nahe Tripolis zurückgewinnen konnten. Damit stoppten sie Anfang Juni auch mit Hilfe der Unterstützung durch die Türkei eine im vergangenen Jahr begonnene Offensive Haftars auf die Hauptstadt.

Blockade für ausländische Interventionen

Agila Saleh, der Vorsitzende des mit Haftar verbündeten Parlaments im Osten Libyens, rief ebenfalls zu einem sofortigen Waffenstillstand im Land auf. Der Waffenstillstand blockiere den Weg für jegliche ausländische Militärintervention im Land und führe zum Abzug von Söldnern und zur Auflösung von Milizen, fügte er in einer Erklärung hinzu, die von der libyschen UNO-Mission veröffentlicht wurde. Haftar selbst äußerte sich zu den beiden Ankündigungen zunächst nicht.

General Khalifa Haftar
Reuters/Costas Baltas
Haftar erlitt zuletzt einige Niederlagen

Die Einheitsregierung appellierte an Haftars Nationalarmee, die Blockade der Ölanlagen aufzuheben. Diese habe die Produktion des Landes praktisch zum Erliegen gebracht. Künftige Öleinnahmen sollen auf einem Sonderkonto landen, das erst nach einer politischen Einigung freigegeben werden soll, so der Kompromissvorschlag. Dafür sprach sich auch Saleh aus, ebenso wie für eine Demilitarisierung Sirtes und der Region Jufra.

UNO sieht Hoffnung auf Abzug

Die UNO-Libyen-Vermittlerin Stephanie Williams begrüßte die Ankündigung und sprach von einer Einigung beider Seiten. Es bestehe die Hoffnung, dass alle ausländischen Kräfte aus dem Land abzögen. Die Sarradsch-Regierung wird in dem Konflikt unter anderen vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit Waffenlieferungen und Milizionären unterstützt. Haftar erhält Hilfe von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Ägypten, Russland und Saudi-Arabien.

Erst Anfang Juni hatten sich die Konfliktparteien unter Vermittlung der Vereinten Nationen auf die Wiederaufnahme von Gesprächen verständigt. Sarradsch schloss damals direkte Friedensgespräche mit Haftar aus und bezeichnete ihn als „Kriegsverbrecher“.

„Rote Linie“ für Sisi

Ägyptens Staatsoberhaupt Abdel-Fattah al-Sisi zeigte sich in einer ersten Stellungnahme über die gegenseitige Waffenruhe erfreut und bezeichnete diesen als „wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer politischen Einigung“. Erst Mitte Juli hatte das Parlament in Kairo grünes Licht für Kampfeinsätze im Ausland gegen „kriminelle Milizen“ und „ausländische Terrorgruppen“ gegeben.

Die Grenzregion in Libyen ist für Ägypten von äußerster Wichtigkeit

Ägypten sorgt sich vor allem um den Osten Libyens, der früher als Rückzugsort für Islamisten und Terroristen galt. Die Regierungstruppen belagerten zuletzt Sirte, das eine zentrale Rolle für Ölexporte spielt. Sisi erklärte, mit dem Angriff auf Sirte werde für Ägypten eine rote Linie überschritten.