Präsident Aoun: Libanon soll „laizistischer Staat“ werden

Der Libanon sollte nach Ansicht von Präsident Michel Aoun ein „laizistischer Staat“ werden. Das derzeit herrschende konfessionelle Proporz-System sei „ein Hindernis für jegliche Reform und den Kampf gegen die Korruption“ geworden, sagte der Staatschef gestern in einer Fernsehansprache. Politiker und religiöse Führer müssten in den Dialog treten, um eine für alle akzeptable Lösung zu finden.

Libanesischer Präsident Michel Aoun
Reuters/Dalati Nohra

„Ich bin überzeugt, dass nur ein laizistischer Staat den Pluralismus schützen kann“, erklärte Aoun. Derzeit sind Politik und Gesellschaft im Libanon geprägt von einem strengen religiösen Proporz. Viele Kritiker machen dieses System mitverantwortlich für die weitreichende Korruption und damit für die seit Jahren andauernde Krise im Land.

Die verheerenden Explosionen in Beirut Anfang August, bei denen mehr als 180 Menschen getötet wurden, waren nach Ansicht vieler Menschen im Land Ausdruck der Unfähigkeit der politischen Elite. Die Protestbewegung wirft dieser vor, nur am konfessionellen Proporz und ihren persönlichen Vorteilen interessiert zu sein.

Botschafter soll neuer Regierungschef werden

Der libanesische Botschafter in Berlin, Mustapha Adib, soll nach dem Willen der einflussreichen Sunniten neuer Regierungschef seines Landes werden. Eine Gruppe von ehemaligen Regierungschefs habe über den Posten beraten, hieß es heute in einer in Beirut veröffentlichten Erklärung. „Bei dem Treffen kamen sie überein, Botschafter Mustapha Adib als Regierungschef zu nominieren.“ Laut der Verfassung des Libanons muss der Regierungschef des Landes ein Sunnit sein.

Das Votum für den relativ unbekannten 48-jährigen Diplomaten erfolgte kurz vor Beginn der parlamentarischen Konsultationen für die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten am Montag. Der bisherige Amtsinhaber Hasan Diab war nach der Explosionskatastrophe Anfang August im Beiruter Hafen, bei der mehr als 180 Menschen starben, zurückgetreten.

Adib ist seit 2013 Botschafter seines Landes in Deutschland. Der promovierte Politikwissenschaftler gilt als enger Vertrauter des früheren Regierungschefs Najib Mikati. Für diesen arbeitete er unter anderem als Kabinettschef.