Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Roland Schlager
Neues Covid-19-Gesetz

Anschober geht auf Kritik ein

Nach heftiger Kritik an der Novelle der Covid-19-Gesetzgebung hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Montagnachmittag Vertreter der Parteien empfangen. Seine Versprechen im Anschluss: Künftig soll das Parlament stärker eingebunden werden und Betretungsverbote sollen nicht für den privaten Bereich gelten.

Jede Verordnung, die stark in die Grund- und Freiheitsrechte eingreift, soll in Zukunft durch den Hauptausschuss des Nationalrats behandelt werden, sagte Anschober nach dem Treffen mit Fraktionsvertretern. Und noch weitere Entgegenkommen des Ministers gab es: Das Ampelsystem, das am Freitag regulär in Betrieb gehen soll, werde gesetzlich besser verankert. Außerdem soll im weiteren Gesetzesentwurf klargestellt werden, dass die darin verankerten Betretungsverbote nicht für den privaten Bereich gelten.

Anschober bezeichnete die Diskussion als einen „guten Start eines Gesprächsprozesses“, es gebe „viele konstruktive, spannende Lösungsansätze“. Auch die Opposition zeigte sich vorsichtig zufrieden mit dem Ergebnis. „Es war ein erstes Gespräch“, so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. „Unsere Kritik bleibt jedoch aufrecht: Die Gesetzesnovellen sind zu wenig detailliert und zu wenig bestimmt, wenn es um Grundrechtseingriffe geht.“ FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak sagte, man werde in der nächsten Vorlage sehen, ob die Kritik ernst genommen worden sei.

Hickhack oder nicht?

Einen „ersten Schritt“ erkannte auch Gerald Loacker, Vizeklubobmann von NEOS. „Insgesamt ein sehr konstruktives Gespräch“ sah auch der Klubobmann der ÖVP und somit des Regierungspartners von Anschobers Partei, August Wöginger. Ein „Koalitionshickhack“ bei diesem Thema stellte er in Abrede.

Genau danach hatte es am Wochenende nämlich ausgesehen: Der Verfassungsdienst im Kanzleramt hatte im Rahmen der am Freitag zu Ende gegangenen Begutachtung Bedenken gegen den Entwurf geäußert, während Anschober betonte, der Verfassungsdienst sei eingebunden gewesen. Dieser hielt in einem Statement gegenüber ORF.at fest, man habe „Anmerkungen an das Gesundheitsministerium übermittelt, die im Begutachtungsentwurf nicht berücksichtigt wurden“. Daher seien diese in der offiziellen Stellungnahme im Zuge der Begutachtung neuerlich vorgebracht worden.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Vertreter der Parlamentsklubs im Rahmen eines Gespräches zum Corona-Gesetz
APA/Roland Schlager
Der Beginn eines „Gesprächsprozesses“ wurde von allen Teilnehmern begrüßt

VfGH hebelte Bestimmungen aus

Das Gesundheitsministerium musste Änderungen des Covid-19-Maßnahmengesetzes vornehmen, nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Verordnung von Anschober zu den Ausgangsbeschränkungen zum größten Teil als gesetzeswidrig erklärt hatte. In der Begutachtung wurde allerdings die Sorge laut, dass auch die neuen Regeln verfassungswidrig sein könnten – insbesondere aufgrund der ursprünglich vorgesehenen Möglichkeit von sehr weitgehenden Betretungsverboten.

In dem Entwurf hieß es wörtlich: „Beim Auftreten von Covid-19 kann durch Verordnung das Betreten von bestimmten Orten oder öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit geregelt werden. (…) In der Verordnung kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen diese Orte betreten werden dürfen. Zu den Auflagen zählen insbesondere Abstandsregeln, Schutzmaßnahmen und Präventionskonzepte. Weiters kann das Betreten gänzlich untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.“

„Aus dem vorgeschlagenen Wortlaut lassen sich (…) die konkrete Bedeutung der Begriffe ‚bestimmte Orte‘ und ‚öffentliche Orte‘ sowie ihre Abgrenzung voneinander nicht mit ausreichender Klarheit erkennen“, bemängelte der Verfassungsdienst. Man müsse klarstellen, ob von „bestimmten Orten“ auch private Orte wie etwa Wohnungen und Grundstücke erfasst seien – das hat Anschober am Montag nun gemacht.

Ressort „unter großem Zeitdruck“

Das Gesundheitsministerium steht seit Monaten in der Kritik, weil seine Coronavirus-Verordnungen regelmäßig für Chaos und Unsicherheit sorgen und von Juristinnen und Juristen teils regelrecht zerpflückt werden. Mit dem Treffen am Montag wollte sich das Ressort wohl auch einsichtig zeigen. Am Sonntag hieß es dazu, dass die Novellierungen „unter großem Zeitdruck“, aber unter Beiziehung von externen Rechtsexperten, „unter starker Einbeziehung des Verfassungsdienstes“ und „nach umfangreichen Gesprächen mit dem Koalitionspartner“ erarbeitet worden seien.

Zadic: Verfassungsmäßige Absicherungen funktionieren

Im Hinblick auf die zu Beginn der Coronavirus-Krise in sehr kurzer Zeit erlassenen Gesetze sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Montag beim Forum Alpbach: „Diese Krise hat gezeigt, dass unsere verfassungsmäßigen Absicherungen funktionieren, wenn wir sie ernst nehmen.“ Die Verfassung biete den notwendigen Rahmen, um im Gesetzgebungsprozess möglicherweise gemachte Fehler zu korrigieren.