WHO zu CoV-Demos: Regierungen sollen zuhören

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Regierungen aufgerufen, auf Demonstrationen gegen staatliche Coronavirus-Maßnahmen mit Besonnenheit zu reagieren. Die Regierungen sollten nicht überreagieren, sagte der WHO-Experte Mike Ryan gestern in Genf. „Die wirklich wichtige Sache ist, in einen Dialog einzutreten.“ Gerade jetzt komme es darauf an, nicht noch mehr Spaltung in der Gesellschaft zu befördern.

Überzeugungsarbeit zur Notwendigkeit von Maßnahmen könne manchmal scheitern. „Aber es ist wirklich wichtig, dass man nicht seinen Willen aufzwingt“, sagte Ryan. Es gebe ein Recht darauf, nicht zuzustimmen. Ausnahmesituationen wie die Coronavirus-Krise erzeugten immer starke Gefühle und Reaktionen. Natürlich sei es auch ein Gebot, dass die Proteste in einer sicheren Art und Weise abliefen, die das Risiko einer Übertragung nicht erhöhe, sagte Ryan weiter. Auch das könne durch Zuhören und Dialog erreicht werden.

In Berlin hatten am Samstag Zehntausende gegen die staatlichen Coronavirus-Maßnahmen protestiert. Eine Gruppe von Demonstrierenden überwand dabei die Absperrgitter am Reichstagsgebäude und stürmte anschließend die Stiegen hoch.

Unkontrollierte Öffnung „Rezept für Katastrophe“

Die WHO rief zudem alle Länder dazu auf, die Beschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus beizubehalten. Eine Öffnung, ohne das Virus unter Kontrolle zu haben, sei ein „Rezept für eine Katastrophe“, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus heute.

Tedros gestand ein, dass viele Menschen von den ihnen auferlegten Einschränkungen inzwischen ermüdet wären und nach acht Monaten mit dem neuen Coronavirus zur Normalität zurückkehren wollten. „Wir möchten, dass Kinder zur Schule zurückkehren und Menschen an den Arbeitsplatz zurückkehren – aber wir möchten, dass das sicher geschieht“, sagte Tedros bei einer Pressekonferenz.

„Kein Land kann einfach so tun, als wäre die Pandemie vorbei“, sagte er. „Die Realität ist, dass sich das Virus leicht verbreitet. Eine unkontrollierte Öffnung ist ein Rezept für eine Katastrophe.“