Schülerin mit Maske in Rennes, Frankreich
APA/AFP/Damien Meyer
Strenge Regeln

Millionen Schüler kehren in Klassen zurück

Ob Frankreich oder Belgien, Ungarn oder Slowenien: Für Millionen von Kindern und Jugendlichen hat am Dienstag das neue Schuljahr begonnen. Der Unterricht ist für viele heuer allerdings coronavirusbedingt an strenge Maßnahmen geknüpft, etwa an das Tragen von Masken und Abstandhalten. Die Rückkehr in die Klassenzimmer war im Vorfeld dennoch mit Sorgen verbunden.

Allein in Frankreich kehrten am Dienstag mehr als zwölf Millionen Schülerinnen und Schüler aus den Sommerferien in die Klassen zurück – viele zum ersten Mal nach mehreren Monaten. Der Schulstart sei „gut vorbereitet“, sagte Bildungsminister Jean-Michel Blanquer. Bisher hätten ausnahmslos alle Schulen ihre Türen geöffnet. Der Unterricht solle so normal wie möglich ablaufen, so Blanquer.

Die Schüler müssen ab elf Jahren eine Maske tragen und die Abstandsregeln einhalten. Unklar ist noch, wie viele Schüler infiziert sein müssen, bevor ganze Klassen geschlossen werden. Die Herausforderungen des neuen Schuljahres seien zwar zahlreich, schrieb Staatschef Emmanuel Macron auf Twitter, aber endlich seien alle wieder zusammen.

Lehrerin mit Maske in Nizza, Frankreich
Reuters/Eric Gaillard
In Frankreich kehrten am Dienstag mehr als zwölf Millionen Schülerinnen und Schüler in die Klassen zurück

Heftige Debatten über Regeln in Frankreich

Die Bedingungen für den Beginn des neuen Schuljahres sind in Frankreich, das von der Pandemie hart getroffen wurde und aktuell mit steigenden Infektionszahlen zu kämpfen hat, heftig diskutiert worden. Ärzte fürchteten im Vorfeld, dass die Schulen für die Rückkehr ins Klassenzimmer nicht bereit seien.

Coronavirus und Europa

Wie Frankreich, Italien und Spanien mit steigenden Infektionszahlen umgehen.

„Die für den Beginn des Schuljahrs am 1. September geplanten Regeln schützen weder das Personal noch die Schüler und ihre Familien“, hieß es in einem offenen Brief, den „Le Parisien“ veröffentlichte. Sie forderten eine Maskenpflicht für alle, die älter als sechs Jahre sind. Auch im Nachbarland Belgien begann am Dienstag die Schule wieder – ebenfalls mit einer Maskenpflicht für Erwachsene und Schüler ab elf Jahren.

Mutter gibt Kind Infektionsgel in Brüssel
AP/Francisco Seco
Mit Maske und Desinfektionsmittel: Auch in Belgien ging am Dienstag das Schuljahr los

Potpourri an Maßnahmen in Österreichs Nachbarländern

Unterdessen begannen am Dienstag auch die Schulen in Österreichs Nachbarländern Italien, Slowenien und Ungarn das Unterrichtsjahr – mit einem Potpourri an Maßnahmen. Für die Rückkehr der 265.000 slowenischen Schüler waren etwa je nach Ausmaß der Epidemie vier Szenarien vorbereitet worden, das nun angewendete heißt Modell B.

Zwischen den Schülern aus verschiedenen Klassen muss soziale Distanz eingehalten werden, man muss außerdem für regelmäßiges Händewaschen und Lüften der Klassenräume sorgen. Gesichtsmasken sind in den Klassen nicht obligatorisch, Lehrer müssen sie jedoch anhaben, wenn sie keinen ausreichenden Abstand einhalten können. Lehrer und Schüler ab zwölf Jahren müssen den Mund-Nasen-Schutz zudem in den Gemeinschaftsräumen tragen.

Umfrage: Zweifel an Einhaltung von Vorgaben in Ungarn

In den Taschen der ungarischen Schüler befanden sich neben Masken auch Gummihandschuhe und Desinfektionsmittel, bei Lehrern und Eltern herrschte bereits im Vorfeld des Schulstarts Angst. Einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Nezöpont zufolge bestehen bei vielen Eltern Zweifel, ob die Schutzmaßnahmen in den Einrichtungen eingehalten werden können. Viele forderten parallel zum Schulunterricht weiter die Möglichkeit des Onlineunterrichts.

Laut Eltern könnten die Vorschläge des Ministeriums für Humanressourcen hinsichtlich kleiner Klassen und 1,5 Meter Abstand wegen der Bedingungen in den Schulen überdies oftmals nicht umgesetzt werden. Wie das Portal Hvg.hu schrieb, seien viele Eltern unentschlossen, was das Tragen der Masken bei den Kindern anbelangt, was wiederum in einzelnen Schulen unterschiedlich gehandhabt werde.

Wichtiger Test für italienische Regierung

Nach sechs Monaten kehrten am Dienstag auch erste Schüler in Italien in die Klassen zurück. Der reguläre Unterricht beginnt erst am 14. September, in Südtirol bereits am 7. September. Die Schulen bieten einstweilen Vorbereitungsstunden zu den Nachprüfungen an. Für die Regierung ist die Wiedereröffnung der Schulen ein wichtiger Test. Wochenlang wurde heftig über die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften diskutiert.

Ein Mann mit Schutzmaske desinfiziert einen Tisch in einem italienischen Klassenzimmer
AP/LaPresse/Cecilia Fabiano
In Italien öffneten die Schulen am Dienstag ebenso ihre Pforten, der Unterricht beginnt allerdings erst in den kommenden Wochen

Beschlossen wurde, dass Kinder ab sechs Jahren keinen MNS in der Klasse tragen müssen, wenn ein Meter Abstand zu anderen Schülern eingehalten werden kann. Diese Regel gilt für alle – von Volksschülern bis zu Maturanten. Schüler müssen jedoch Mundschutz beim Betreten und Verlassen des Gebäudes tragen, auch wenn sie zur Toilette, in die Kantine oder in den Turnsaal gehen. Die Schulen stellen Lehrern Mundschutz und Desinfektionsgel zur Verfügung.

Freiwillige Antikörpertests für Lehrer

Sollte die Zahl der Infektionen steigen, könnte die Regierung strengere Maßnahmen in einigen Regionen vorschlagen. Direktoren müssen Fernunterricht für den Fall organisieren, dass einzelne Schulen wegen plötzlicher Infektionsherde geschlossen werden müssen. Rund zwei Millionen Antikörpertests sind in Italien für Lehrer vorgesehen. Sie erfolgen auf freiwilliger Basis. Beschlossen wurde, dass die Zahl der öffentlichen Verkehrsmittel mit Beginn des Schuljahres aufgestockt wird.

Italien will indes Vorreiter beim Aufbau einer europäischen Koalition sein, die Strategien für virusfreie Schulen entwickeln soll. Der Plan wurde von Gesundheitsminister Roberto Speranza nach einer Videokonferenz mit Vertretern von 53 Ländern entworfen. Die Länder verpflichteten sich, Daten über die Auswirkung der Pandemie auf Kinder, ihre Familien und die Schulgemeinschaft zu sammeln.

„Wir können nicht zulassen, dass Kinder zu Opfern dieser Pandemie werden“, hieß es in einer Erklärung, die von Speranza und vom Europadirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Hans Kluge, unterzeichnet wurde. Der Unterricht wurde in 190 Ländern der Welt unterbrochen, betroffen waren 1,6 Milliarden Buben und Mädchen.

Keine Maskenpflicht an Schulen in Russland

In Russland gelten nach Angaben des Bildungsministeriums in Moskau nun ebenso neue Vorschriften, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Schüler sollen nicht mehr die Klassenräume wechseln und morgens zeitversetzt in den Schultag starten, damit es auf den Gängen nicht zum Gedränge kommt.

Erster Schultag in einer Grundschule in Moskau
Reuters/Evgenia Novozhenina
In Russland sollen Schüler nicht mehr die Klassenzimmer wechseln und zeitversetzt in den Schultag starten

In der Früh werde allen die Temperatur gemessen. Sollte ein Kind oder Jugendlicher eine Körpertemperatur von mehr als 37 Grad haben, werde ein Arzt eingeschaltet, hieß es. Bei einem CoV-Fall muss den Angaben zufolge die gesamte Klasse zu Hause bleiben. Eine Maskenpflicht für Schüler und Lehrer im Unterricht gibt es nicht.

Schulstart in Israel trotz Rekordzahlen

Obwohl die Zahlen seit einiger Zeit steil steigen, öffnete auch Israel mit Ende der Sommerferien die Schulen und Kindergärten mit Beschränkungen. Eigentlich war es Ziel der Regierung gewesen, die Zahl der täglichen Neuinfektionen zuvor auf rund 400 zu drücken. Es wurde in letzter Minute entschieden, in 23 „roten“ Ortschaften mit hohen Zahlen die Schulen nicht zu öffnen. Davon sind nach Angaben der Nachrichtenseite Ynet rund 140.000 Buben und Mädchen betroffen.