Präsentation einer Grafik durch Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Hans Punz
CoV-Strategie

Opposition vermisst einheitliche Linie

Nur wenige Tage nach der Erklärung von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Dienstag Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) mit seinem Rückblick und Ausblick im Umgang mit der CoV-Pandemie gefolgt. Die Opposition vermisst allerdings eine einheitliche Linie der Regierung bei den Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus.

NEOS zeigte sich verwirrt und ortete „gegensätzliche Signale“ von Kurz und Anschober in deren „Wettbewerb der Erklärungen“: „Während Anschober am Weg festhalten möchte, den Lockerungen Chancen zu geben, kündigte Kurz am Montag (im ORF-‚Sommergespräch‘, Anm.) mögliche neue Verschärfungen an“, kritisierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. „Bei der Coronavirus-Strategie können wir uns nicht länger ein ‚Bestes aus zwei Welten‘ leisten“, sagte Loacker.

Auch die SPÖ vermisst Informationen „nach unzähligen Regierungspressekonferenzen, einer Rede zur Lage der Nation des Kanzlers, einem Sommergespräch und einer einstündigen Rede des Gesundheitsministers“. Es sei nun Zeit, dass die Regierung ihre PR beende, so SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher: „Denn die BürgerInnen verdienen endlich Klarheit – und keinen Wettlauf der schwarz-grünen Eitelkeiten.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA/Georg Hochmuth
Die Opposition ist unzufrieden mit der CoV-Strategie der Regierung

FPÖ fordert Neustart der CoV-Gesetzgebung

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl verlangte einen Rücktritt Anschobers. Dieser habe, statt Mut zu machen, „die Angsttrommel gerührt und von einer neuen Phase des Risikos gesprochen“. Kickl übte Kritik an den „Verfassungsleugnern in der Regierung“ und forderte einen kompletten Neustart der CoV-Gesetzgebung mit der vollständigen Einbindung des Parlaments.

Wenig Positives fand auch FPÖ-Chef Norbert Hofer. Anschobers Auftritt sei „nicht mehr als eine Geste der Hilflosigkeit“. Entscheidend sei nun ein Ende der „Panikmache“, denn das Gesundheitssystem sei von einer Überlastung „meilenweit entfernt“.

Hoffen auf erste Impftranche im Jänner

Eine vorsichtig optimistische Prognose gab Anschober mit der möglicherweise baldigen Verfügbarkeit eines Impfstoffes. Wenn die Zusagen der Pharmafirmen halten und die Marktzulassung rechtzeitig erfolgt, könnte bereits im Jänner eine erste Impftranche – 600.0000 Dosen für 300.000 Menschen – ausgeliefert werden, so Anschober: „Es sieht derzeit ganz gut aus.“

Insgesamt sollen fünf Impfstoffe verschiedener Hersteller zum Einsatz kommen. Im Sommer könnten dann all diejenigen folgen, die sich ebenfalls impfen lassen wollen. Offene Fragen bleiben für den Gesundheitsminister aber noch: Wie hoch ist der Wirkungsgrad der Impfung? Wie lange hält sie an? Und wie viele Menschen lassen sich tatsächlich impfen? Umfragen zufolge könnten sich 50 Prozent gegen das Coronavirus impfen lassen. Das wäre für Anschober bereits ein Erfolg.

Grippe unter Kontrolle halten

Anschober läutete in seiner Erklärung am Dienstag zudem den Beginn der Phase vier bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie ein – nach der ersten strengen Lockdown-Phase und den zwei weiteren Lockerungsphasen zuletzt im Juli und August mit dem Comeback des Tourismus. Es werde eine herausfordernde Zeit in der kühleren Jahreszeit, da die Ansteckungsgefahr in geschlossenen, schlecht durchlüfteten Räumen höher sei. Zudem kämen noch andere Infektionskrankheiten wie die Influenza und andere Rhinoviren.

Man müsse daher auch versuchen, die Grippe unter Kontrolle zu halten, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Nicht zuletzt deshalb wurde für Kinder die Grippeimpfung ins Gratisimpfprogramm aufgenommen. Entscheidend sei auch weiterhin die Hygienemaßnahmen wie häufiges Händewaschen und Mund-Nasen-Schutz.

Das Entscheidende sei, in jedem Fall eine zweite Welle zu verhindern, so Anschober. Denn die historischen Erfahrungen anderer Pandemien hätten gezeigt, dass die zweite Welle stärker war als die erste. Unterstützen soll dabei auch die CoV-Ampel, die am Freitag mit Details präsentiert werden soll. Diese soll einen Schub an Transparenz bringen.

CoV-Ampel bringt „Kulturwechsel“

Statt der bisherigen Fallzahlen sollen künftig vier Indikatoren eine breitere Risikoanalyse ermöglichen: die Fallzahlen der vergangenen sieben Tage, die Zahl der Tests, die Rückverfolgbarkeit der Cluster und die Kapazitäten im Gesundheitssystem. Einmal wöchentlich wird auf Basis dieser Kriterien eine Kommission eine Einschätzung geben, ob die Ampel in der jeweiligen Region grün, gelb, orange oder rot geschaltet wird. Anschober: „Eine rote Ampel bedeutet aber keinen Lockdown.“ Sondersituationen würden dann gemeinsam mit der Regierung und dem Nationalrat besprochen.

Die Situation sei derzeit unter Kontrolle, aber man müsse die Zahl der aktiven Fälle dennoch reduzieren. Gab es Mitte Juli rund 1.300 aktive Fälle, sind es derzeit etwa 3.300. Anschober: „Diese Zahl ist zu früh zu hoch. Das Virus war nie weg, ist aber wieder sichtbarer.“

Solange die Cluster nachvollzogen werden können, sei das aber nicht besonders beunruhigend. Hauptursachen für die steigenden Zahlen seien Cluster im Familienbereich und bei kleineren Festen. Anschober: „Zahlen durch Reiserückkehrer sind nicht der prioritäre Grund für die erhöhten Zahlen.“ Aufgrund der steigenden Zahl an aus Kroatien zurückkehrenden Infizierten habe man hier aber die Notbremse ziehen müssen.

Abhaltung von Christkindlmärkten noch offen

Wie die Situation zu Weihnachten sein werde, könne man derzeit nicht sagen, so Anschober auch in Bezug auf Christkindlmärkte und Bälle. Auch bei größeren Veranstaltungen – 5.000 Zuschauer bei Indoor- und 10.000 bei Outdoor-Events –, die nun wieder möglich sind, müsse man sehr genau hinschauen, wie die Umsetzung funktioniert. Schon seit einiger Zeit wird über eine Verschärfung diskutiert, Anschober vertröstete aber auf eine für Mittwoch erwartete Stellungnahme der Regierung und auf die Präsentation der CoV-Ampel am Freitag.

„Wir arbeiten an Maßnahmen, um möglichst viel davon zu ermöglichen“, so Anschober. Wintertourismus werde möglich sein – unter bestimmten Rahmenbedingungen. Ein Konzept dafür soll Ende September präsentiert werden.