Kreml rechnet nicht mit Baustopp für „Nord Stream 2“

Der Kreml rechnet nicht mit einem Baustopp für die Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2 wegen der Vergiftung des russischen Regierungskritikers Alexej Nawalny. Auf die Frage, ob er Risiken sehe, dass der Bau nicht beendet werde, antwortete der Kremlsprecher Dmitri Peskow heute in Moskau: „Nein.“

Moskau hatte in der Vergangenheit stets betont, dass die Gasfernleitung, an der auch die österreichische OMV beteiligt ist, ein wirtschaftliches Projekt sei und kein politisches. Nach der Vergiftung Nawalnys waren Rufe laut geworden, als Reaktion den Bau der Leitung zu stoppen. Damit soll auch wirtschaftlich der Druck auf Moskau erhöht werden, den Fall aufzuklären.

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schließt nicht aus, dass der Giftanschlag auf Nawalny Konsequenzen für Nord Stream 2 haben wird. Die Kanzlerin sei der Ansicht, „dass es falsch ist, etwas auszuschließen“, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert heute in Berlin. Momentan sei es aber noch zu früh, die Frage nach Konsequenzen zu beantworten.

Vorschläge und Vorwürfe „absurd“

Peskow sagte der Agentur Interfax dazu: „Wir verfolgen derartige Erklärungen und stellen fest, dass jede neue Erklärung mit zwei anderen beantwortet wird, die die Absurdität dieser Vorschläge belegen.“ Die Arbeiten an der Pipeline waren auf den letzten Metern wegen US-Sanktionen eingestellt worden.

Die deutsche Regierung betrachtet es nach Untersuchungen in einem Speziallabor der Bundeswehr als zweifelsfrei belegt, dass Nawalny mit einem Nervengift der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Der Oppositionspolitiker war am 20. August auf einem Flug in Russland ins Koma gefallen und wird derzeit in Deutschland behandelt.

Moskau bestreitet eine Verwicklung in den Fall und nennt derartige Vorwürfe „absurd“. „Wir erwarten, dass wir in den kommenden Tagen Informationen bekommen“, sagte Peskow mit Verweis auf das Rechtshilfeersuchen der russischen Behörden an Deutschland. „Wir sind gespannt.“

Maas: Viele Spuren

Das russische Außenministerium hatte Berlin gestern vorgeworfen, die Ermittlungen im Fall Nawalny zu verschleppen. Dies wies der deutsche Außenminister Heiko Maas zurück. Zugleich verwies der Außenminister auf noch laufende Untersuchungen an der Berliner Charite, wo der russische Oppositionelle behandelt wird.

Maas forderte, Russland müsse seinerseits seine Untersuchungsergebnisse nach der zweitägigen stationären Behandlung Nawalnys im sibirischen Omsk an Deutschland übergeben. „Viele Spuren“ zu dem Fall lägen bisher nur in Russland vor.