IHS-Chef: „Wirtschaftlich noch keine zweite Welle“

Der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, rechnet trotz steigender Infektionen vorerst nicht mit dem weiteren Einbruch der Wirtschaft wegen der Coronavirus-Krise. „Im Moment sehen wir wirtschaftlich nichts von einer zweiten Welle“, sagte Kocher im APA-Interview.

Mit dem wegen der Pandemie verhängten Lockdown ist die Wirtschaft stark eingebrochen. Von Mitte März bis Mitte April registrierte die Nationalbank einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um bis zu ein Viertel. Bis zum Sommer hat sich die Situation dann zwar wieder entspannt. Seit August deuten die Zahlen allerdings wieder auf eine Verlangsamung der Erholung hin.

Grafik zeigt den Wirtschaftseinbruch in Österreich seit Mörz 2020
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: IHS/OeNB

Kommende Monate werden entscheidend

Den in den Zahlen der Nationalbank seit August zu beobachtenden Knick würde Kocher allerdings nicht überbewerten. Entscheidend wird aus Sicht des Wirtschaftsforschers sein, ob die wieder steigenden Infektionszahlen für negative Stimmung sorgen.

Auch Einschränkungen bei Gastronomie, Hotellerie und Schulschließungen wären ein gewisser wirtschaftlicher Rückschlag, so Kocher: „Man kann nicht gleichzeitig arbeiten und die Kinder beaufsichtigen.“

Für das kommende Budget empfiehlt Kocher, der neben seiner Funktion im IHS auch Chef des Fiskalrates ist, einen Schwerpunkt auf aktive Arbeitsmarktpolitik. Als Beispiel nennt er etwa ein Nachfolgeprojekt für die unter Türkis-Blau gestoppte „Aktion 20.000“ – allerdings „mit etwas anderen Vorgaben und effizienter als die Aktion 20.000“.

WIFO: Neuer Lockdown wäre verheerend

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) bleibt vorerst bei seiner Konjunktureinschätzung: Die heimische Wirtschaft dürfte 2020 um 6,8 Prozent schrumpfen. Darin eingepreist ist eine zweite Infektionswelle, nicht jedoch ein weiterer Lockdown.

Dieser würde Österreich in eine noch tiefere Rezession stürzen als von den Wirtschaftsforschern bis dato prognostiziert. Dafür genügte auch ein Stillstand der Wirtschaft in einem der wichtigsten Lieferländer oder Exportmärkte wie etwa Deutschland oder Italien. „Da hätte auch unsere Exportwirtschaft schwere Probleme, auch wenn es bei uns keinen Lockdown gäbe“, sagte WIFO-Konjunkturexperte Josef Baumgartner.