Gesundheitsminister Rudolf Anschober
APA
Ampel auf Orange

Anschober verweist auf regionale Schritte

Nach der jüngsten Verwirrung um die Coronavirus-Ampel hat am Mittwochvormittag ein Treffen zwischen der Regierung und Vertretern der orange eingestuften Regionen stattgefunden. Einheitlich verschärfte Maßnahmen seien dabei nicht beschlossen worden – Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies stattdessen auf die Signalwirkung der Ampel und die Möglichkeit, regionale Maßnahmen zu ergreifen.

Anschober betonte in einer Pressekonferenz nach dem Ministerrat, dass die Einstufung der Coronavirus-Kommission eine „beratende“ Funktion habe und ein „Weckruf“ in den Regionen sein soll. Welche Maßnahmen aufgrund der Einfärbung tatsächlich ergriffen werden, sei letztlich eine politische Entscheidung, so Anschober. Er sagte: „Länder und Bezirke sollen und können regionale Zusatzmaßnahmen verankern.“ Zusätzlich sollen die bundesweiten Maßnahmen gelten. Anschober sprach von einer „Arbeitsteilung“.

Die regionalen Maßnahmen würden rechtlich abgesichert, sobald das neue Covid-19-Maßnahmengesetz in Kraft trete, so Anschober. Er gehe davon aus, dass das bei der notwendigen politischen Zustimmung im Nationalrat am 1. Oktober der Fall sein könne. Der Entwurf wurde am Montag in eine zweite Begutachtung geschickt. Laut Anschober ging man zuvor auf Kritik und Änderungswünsche ein.

Orange Gebiete mit zwei Hauptproblemen

Bei dem „ausgezeichneten Gespräch“ mit den sieben orange Regionen habe man nun präzise analysiert, wie es zu der Einstufung kam. Dabei hätten sich Anschober zufolge zwei Hauptbereiche für einen schnellen Anstieg der Infektionszahlen herauskristallisiert: Zum einen gebe es Probleme mit privaten Feierlichkeiten, bei denen Vorsichtsmaßnahmen wie etwa der Mindestabstand missachtet würden. Zum anderen zeigten sich in einigen betroffenen Regionen Defizite bei der Durchführung von Tests sowie beim Kontaktpersonenmanagement – speziell beim Tempo.

Orange als „Weckruf“

Österreich verzeichnet heute erneut mehr als 700 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Zur Eindämmung der Pandemie sollen Länder und Bezirke nun eigene Zusatzregeln verhängen können.

„Wir haben Regionen mit ausreichend Personal, in anderen Regionen gibt es Nachholbedarf“, so Anschober. „In einzelnen Bereichen gibt es Hinweise darauf, dass viel zu lange Zeit bis zum Kontaktpersonenmanagement vergeht.“ Anschober ging nach einer Frage auch auf das Beispiel Wien ein, wo sich zuletzt Beschwerden über die Gesundheitshotline 1450 und zu lange Wartezeiten bei Testabnahme und -ergebnissen häuften.

In der Bundeshauptstadt gebe es Fälle, in denen das Kontaktpersonenmanagement länger gedauert habe. Dieses sei aber in Wien eine „ganz andere Herausforderung“ als etwa in kleinen Gemeinden. Wien wolle deutlich aufstocken und setze auf eine Personaloffensive. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte an, rund 1.000 Personen im Gesundheitsbereich einzustellen. Rund die Hälfte soll sich im Bereich des Kontaktmanagements arbeiten – mehr dazu in wien.ORF.at.

Absage an Registrierung bei Lokalbesuch

Bereits vor Anschobers Statement hatte der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) eine verpflichtende Registrierung von Gästen in der Gastronomie und bei Veranstaltungen gefordert. Dieser erteilte Anschober jedoch eine Absage: „Das ist eine Frage der Umsetzbarkeit, Stichwort Zettelwirtschaft.“ Der Gesundheitsminister verwies auf den Datenschutz und die fehlende Kontrolle bei der Angabe von falschen Namen. Man wolle aber die Gastronomie weiterhin zu einer freiwilligen Erhebung der Kontaktdaten ermutigen.

Grundsätzlich verwies Anschober auf die erneut steigenden Zahlen von Infektionen und Tests. Ein Vergleich mit dem Frühling sei nicht zulässig, da es sich um ein vollkommen anderes Testniveau handle. Die Entkoppelung von Infektionszahlen und Hospitalisierungszahlen erfülle ihn allerdings „mit großer Sorge“. Die Zahl der Hospitalisierungen steige aktuell spürbar. Laut den Daten des Ministeriums befinden sich aktuell 321 Menschen im Spital, 54 davon sind auf der Intensivstation (Stand: Mittwoch, 11.00 Uhr).

Gesundheitsminister Rudolf Anschober und Außenminister Alexander Schallenberg
Reuters/Leonhard Foeger
ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg und Anschober nach dem Ministerrat

Grundsätzlich befinde man sich an einem Scheideweg: Derzeitige Prognosen halten laut Anschober sowohl einen starken Anstieg der Infektionszahlen auf etwa 1.500 Neuinfektionen pro Tag als auch ein Stagnieren bei etwa 650 Neuinfektionen täglich für möglich. Deswegen gelte es nun, das Verhalten anzupassen, mahnte der Minister.

Als positiv bewertete Anschober, dass nunmehr die Versorgungssicherheit bei Schutzkleidung gegeben sei, insbesondere bei Gesundheitspersonal. Wie im Laufe des Mittwochs auch Verteidigungsministerium Klaudia Tanner (ÖVP) mitteilte, will die Regierung Ausrüstung im Wert von 30 Millionen Euro beschaffen. Finanziert wird das aus Mitteln des Covid-19-Krisenbewältigungsfonds. Dieses übernimmt neben der Beschaffung auch die Einlagerung und die logistische Abwicklung. Neben sogenannten Covid-Lagern werden auch strategische Reservelager angelegt.

Simulationsforscher Niki Popper zur CoV-Situation

Zu Gast im „Report“-Studio ist Niki Popper, Simulationsforscher von der TU Wien.

Konfusion und Ärger über Ampel

Am Dienstag hatte die Coronavirus-Kommission empfohlen, die Städte Wien und Innsbruck sowie die Bezirke Kufstein, Dornbirn, Bludenz, Mödling und Neunkirchen auf Orange („hohes Risiko“) zu schalten. Der Umgang mit der Ampel hatte dabei für Verwirrung und scharfe Kritik gesorgt: Bemängelt wurden Unklarheit über die Konsequenzen der Ampelschaltung, verfrühte Leaks und eine späte offizielle Reaktion sowie fehlende Gesetzesgrundlagen seit der „Liveschaltung“ der Ampel. Anschober gestand dazu am Dienstag in der ZIB2 ein, dass es einiges an Konfusion gegeben habe. Man wolle nun zu einer „einfacheren, klareren Kommunikation“ zurückkommen und die Ampel entgegen ersten Plänen nicht wöchentlich umstellen.

Erste Konsequenzen

Indes erwägen erste orange geschaltete Gebiete bereits Konsequenzen. Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) und Kufsteins Bezirkshauptmann Christoph Platzgummer teilten nach dem Termin mit Anschober mit, man begrüße den Plan für regionale Maßnahmen. Vor allem Sanktionsmöglichkeit für die Nachtgastronomie hätten Sinn, so Willi und Platzgummer – mehr dazu in tirol.ORF.at. In Vorarlberg wurden indes aufgrund der Ampelschaltung die Publikumsmessen „Gustav“ und „Ach du LIEBE Zeit“ abgesagt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.