Leonardo AW169M
APA/ITALIENISCHES VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM
Nach Helikopter-Entscheidung

SPÖ und NEOS vermissen Transparenz

Um 300 Mio. Euro kauft das Bundesheer 18 neue Hubschrauber vom italienischen Hersteller Leonardo. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) verkündete am Montag die bereits davor durchgesickerte Entscheidung. Zugleich zeigte sie sich „froh“, dass der Generalstab „klar“ Leonardo empfohlen habe – und nicht den Eurofighter-Hersteller Airbus. Auch der US-Hersteller Bell war eine Option. Hier setzt die Kritik von Teilen der Opposition an.

So verlangten SPÖ und NEOS Transparenz, wie es zur Entscheidung für die Italiener kam. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer bemängelte per Aussendung, dass Tanner dem Parlament weder in öffentlicher noch in vertraulicher Sitzung die grundlegenden Daten der verschiedenen Angebote dargelegt habe. „Dieser Verpflichtung muss die Ministerin noch nachkommen.“

Auch NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos forderte Transparenz der Entscheidungskriterien: „Leider hat man sich mit dem Airbus-Streit im Vorfeld selbst um eine Alternative gebracht, jetzt ist die Entscheidung auf den teuersten Typ gefallen. Tanner muss transparent machen, auf welchen Kriterien die Entscheidung beruht und wie es dazu gekommen ist.“

Ersatz für „Alouette III“

Die neuen Hubschrauber sind ein Ersatz für die leichten Verbindungs- und Transporthubschrauber „Alouette III“, die seit 50 Jahren im Einsatz sind und Ende 2023 ausgeschieden werden müssen. Sie sollen für das Militär verschiedene Aufgaben erfüllen – vom Personen- und Materialtransport bis zu Löscharbeiten. Die ersten Helikopter sollen Mitte 2022 in Österreich landen, die letzten Anfang 2024.

Alouette III des Bundesheers
ORF.at/Roland Winkler
Die Alouette-III-Hubschrauber werden ersetzt

Entscheidung für teuersten Heli verteidigt

In der Summe von 300 Mio. Euro soll die gesamte Beschaffung beinhaltet sein, also Hubschrauber, Technik, Logistik, aber auch die Ausbildung sowie infrastrukturelle Erfordernisse. Es sei die größte Beschaffung seit dem Eurofighter vor 17 Jahren, sagte Tanner in der Pressekonferenz zur Kaufentscheidung. Dass man sich für den teuersten Hubschrauber entschieden hat, verteidigte man damit, dass für einen konkreten Vergleich nicht nur der Preis, sondern auch die Fähigkeiten herangezogen werden müssten.

„Dubiose Praktiken unmöglich“

Die Eurofighter-Beschaffung habe gezeigt, „wie es nicht gehen soll“ – man habe daraus gelernt, so Tanner mit Verweis auf die weiterhin laufenden Gerichtsverfahren. Darum habe man sich für eine „Government-to-Government-Variante“ entschieden, „dubiose Praktiken“ seien schon von Beginn an „unmöglich“, so Tanner. Verhandelt werde also mit der Regierung des jeweiligen Landes – im konkreten Fall also Italien.

Konkret wird Österreich bei der Hubschrauberbeschaffung der Italiener mitbestellen. In der Evaluierung habe sich gezeigt, dass die Italiener alle Anforderungen erfüllen könnten. Italien sei willens, in allen Bereichen des Betriebs mit dem Bundesheer zu kooperieren. Italien werde bis zu 100 AW169 kaufen, also kann der Hubschrauber als Teil einer Gesamtkooperation beschafft werden.

„Wertfrei geprüft“

Zwei andere Hersteller waren neben Italien zuletzt im Rennen: Deutschland (Airbus) und die USA (Bell). Kanada und die USA forcierten den Bell 429, der Hubschrauber sei aber in den Streitkräften der beiden Nationen nicht eingeführt, was eine Kooperation in den Bereichen Ausbildung, Logistik und Betrieb nicht möglich gemacht hätte, heißt es in den Presseunterlagen des Heeres.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Generalstabschef Robert Brieger
APA/Herbert Neubauer
Tanner und Generalstabschef Robert Brieger

Im Falle Deutschlands passten laut Tanner die Zeitpläne nicht, außerdem habe man in Sachen Wartung unterschiedliche Interessen. Die Ministerin ergänzte allerdings auch: „Meine Einstellung zu Airbus, insbesondere auch zu laufenden Gerichtsverfahren, ist bekannt.“ Die verschiedenen Angebote seien „wertfrei geprüft worden“, sagte Generalstabschef Robert Brieger bei der Pressekonferenz.

Personen- und Materialtransporte, Löscharbeiten

Die neuen Hubschrauber könnten nicht nur alle Aufgaben der Alouette III erfüllen, „sondern noch mehr“, so Tanner. Eingesetzt werden solle der Leonardo-Helikopter, der mindestens 30 Jahre lang genutzt werden soll, für Personen- und Materialtransporte ebenso wie für Löscharbeiten – er kann beispielsweise dreimal so viel Wasser transportieren wie die Alouette III.

Kleinere Lufttransportaufträge können laut Heer durch das neue System kostengünstiger als mit den Black Hawk durchgeführt werden. Durch den geräumigen Innenraum biete das italienische Modell auch genug Platz, um eine Person isoliert zu transportieren, was gerade in Pandemiezeiten extra hervorgehoben wurde. Der AW169M könne auch bewaffnet werden und sei auch bei Nacht und schlechten Witterungsbedingungen flugtauglich. Außerdem sei das Modell speziell für Einsätze im Gebirge bestens geeignet.

Stationierung in Aigen und Langenlebarn

Zwölf Helikopter, die die Einsatzstaffel bilden, würden im steirischen Aigen im Ennstal stationiert, die sechs Ausbildungshubschrauber in der Fliegerabwehrschule in Langenlebarn in Niederösterreich. In Vorarlberg, Tirol und Kärnten sind bzw. werden temporäre Hubschrauberstützpunkte errichtet, damit könne der Hubschrauber dort temporär betrieben werden, so Tanner. Ausdrücklich lobte Tanner auch den steirischen Landeshauptmann und Parteikollegen Hermann Schützenhöfer als „politischen Vater dieses Erfolgs“.

Nach dem Ärger mit der Beschaffung der Eurofighter von Airbus ist man im Ministerium offensichtlich bemüht, die Entscheidung für den neuen Hubschraubertyp halbwegs transparent zu gestalten. Das Verteidigungsministerium habe einen Partner gesucht, „mit dem eine Kooperation in allen Bereichen möglich ist, damit ein effizienter Betrieb während der gesamten Laufzeit kostenoptimiert möglich ist“, hieß es in den Presseunterlagen.

Wie viel eine Flugstunde mit dem neuen Hubschrauber kostet, beantwortete die Ministerin nicht. Aus dem Generalstab hieß es, dass man das noch nicht seriös beziffern könne, dazu müsse man die Verhandlungen abwarten.

FPÖ heftet sich Budget auf die Fahnen

Sowohl SPÖ als auch NEOS bewerteten die Entscheidung für die Leonardo-Hubschrauber neben ihrer Transparenz-Kritik als richtig. SPÖ-Wehrsprecher Laimer begrüßte auch, dass die Beschaffung ein „Government-to-Government-Geschäft“ ist, „also ohne die aus der Eurofighter-Beschaffung bekannten Lobbyisten, Provisionen und mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen abläuft“. NEOS erachtete es als positiv, dass endlich eine Entscheidung getroffen worden sei.

Die FPÖ heftet sich das Budget für die neuen Helikopter auf die Fahnen, habe das doch ihr damaliger Minister ausgehandelt: So betonte FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Aussendung, dass der damalige blaue Verteidigungsminister Mario Kunasek das Geld ausgehandelt habe, mit dem Ministerin Tanner nun einkaufen gehe. „Türkis-Grün setzt mit der Hubschrauberbeschaffung freiheitliche Verteidigungspolitik um.“