Kogler nimmt Bundesländer in die Pflicht

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat gestern an die Bundesländer appelliert, ihre Aufgaben in der Bekämpfung der Pandemie ernst zu nehmen und rasch zu handeln. „Bereits Ende Mai hat das Gesundheitsministerium klare Vorgaben gemacht, die Formel 24/24/24 wurde ausgegeben: 24 Stunden von der Meldung bis zum Test, 24 Stunden bis zum Testergebnis, 24 Stunden bis zur Rückverfolgung und Information der Kontakte“, so Kogler in einem Statement.

Ein entsprechender Erlass datiert vom 20. Mai. Diese Vorgaben seien zudem in zahlreichen, regelmäßigen Meetings und Videokonferenzen mit den verantwortlichen Politikern der Bundesländer besprochen und erläutert worden, nahm Kogler seinen Parteikollegen, Gesundheitsminister Rudolf Anschober in Schutz. Zuvor hatte nämlich der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) Anschober kritisiert und einen fehlenden Erlass über die Teststrategie beklagt. Die Länder müssten alles kompensieren, wofür die notwendigen Bundesregelungen fehlen, so die Kritik.

„Positiver Wettbewerb“

„Wir werden im Kampf gegen Covid-19 dann erfolgreich sein, wenn wir die Geschwindigkeiten den gesundheitspolitischen Notwendigkeiten anpassen“, betonte Kogler. Das solle von den Bundesländern auch „als positiver Wettbewerb betrachtet werden“ spielte Kogler auf das „deutlich unterschiedliche Tempo“ an. „Wir als Bund bieten den regionalen Gesundheitsbehörden weiterhin gerne Unterstützung an“, erklärte der Vizekanzler: „Wir stellen zusätzliche Ressourcen zur Verfügung, wo sie gebraucht werden.“

Anschober zuversichtlich, dass „zweite Welle“ ausbleibt

Anschober zeigte sich am Sonntag im Zusammenhang mit den jüngsten, seit Mitternacht auf gestern geltenden Maßnahmen zuversichtlich, „dass wir nicht in eine zweite Welle hineinkippen“. Einige der gesetzten Maßnahmen habe man aufgrund der steigenden Infektionszahlen „vorgezogen“, räumte Anschober in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ ein.

„Im Zentrum“ zum Thema „Verschärfung, Verwirrung, Verunsicherung“

Bei „Im Zentrum“ diskutierten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, AGES-Expertin

Die Regierung habe sich im Bewusstsein, „dass der Herbst eine schwierige Phase wird“, seit Juli darauf „sehr professionell vorbereitet“, wies Anschober den Vorwurf von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zurück, die Regierung habe den mit dem Lockdown erarbeiteten Vorsprung in der Pandemiebekämpfung „in den letzten Monaten fahrlässig verspielt“. Der Regierung seien laut Rendi-Wagner nach den Lockerungen „große Fehler“ unterlaufen, es habe „keinen klaren Plan“ für den Sommertourismus oder den Schulstart im Herbst gegeben.

Rendi-Wagner für neue Schnellteststrategie

Rendi-Wagner verlangte eine „neue Schnellteststrategie für Österreich“. Die PCR-Testverfahren nähmen zu viel Zeit und Personal in Anspruch. Antigenschnelltests würden schnellere und mittlerweile mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch richtige Ergebnisse liefern.

Die leitende Epidemiologin der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), Daniela Schmid, pflichtete der SPÖ-Chefin bei: „Antigenschnelltests sind der Schlüssel für Beschleunigung.“ Es gehe darum, den Zeitraum zu verkürzen, der vom Identifizieren einer Infektion und der Isolation der Betroffenen bis zum Contact-Tracing verstreicht. Und: „Wir werden mit SARS-CoV-2 leben. Es wird sich etablieren wie Influenza.“

Der Gesundheitsminister verfolgt nach eigenen Angaben weiterhin „eine umfassende Teststrategie“. Tests bei auf SARS-CoV-2 hindeutenden Symptomen und das Screening von Risikogruppen wären nötig und wichtig, wobei die Ergebnisse schneller vorliegen müssten. Einige Bundesländer hätten sich dahingehend „hervorragend vorbereitet“, Vorarlberg brauche 20 Stunden vom Testen bis zum Resultat. Dagegen müsse man in Wien diesbezüglich „nachjustieren“.

Anschober schließt schärfere Maßnahmen nicht aus

Anschober sei „absolut sicher, dass es in der ersten Jahreshälfte (2021, Anm.) mehrere Angebote geben wird“. Auf sein Verhältnis zu Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angesprochen, meinte er, es hätte „unterschiedliche Einschätzungen über den Zeitpunkt der Maßnahmen“ gegeben. Man sei dann „in guten Gesprächen mit guten Beratern zu vernünftigen Einschätzungen“ gekommen.

Sollten die jüngsten Restriktionen bei privaten Veranstaltungen und Feiern sowie die neuerliche Ausweitung der Maskenpflicht nicht die erwünschten Wirkungen zeigen, deutete Anschober eine mögliche Vorverlegung der Sperrstunde in der Gastronomie – diese liegt derzeit bei 1.00 Uhr – und ein weiteres Nachschärfen beim Mund-Nasen-Schutz an. Auch ein „Eingreifen bei Clustern“ wäre für den Gesundheitsminister in diesem Fall vorstellbar.