Ein Screenshot des Instagram-Accounts von Nawalny zeigt Nawalny auf einer Parkbank sitzend
Screenshot Instagram@Navlany
Kreml-Kritiker

Nawalny aus Berliner Spital entlassen

Einen Monat nach seiner Einlieferung in das Krankenhaus Charite in Berlin ist der vergiftete russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny aus der stationären Behandlung entlassen worden. Der Gesundheitszustand des 44-Jährigen habe sich bis zu seiner Entlassung am Dienstag „so weit gebessert, dass die akutmedizinische Behandlung beendet werden konnte“, teilte das Universitätskrankenhaus am Mittwoch mit.

Die behandelnden Ärzte halten „aufgrund des bisherigen Verlaufs und des aktuellen Zustandes des Patienten eine vollständige Genesung für möglich“, so die Klinik weiter. „Eventuelle Langzeitfolgen der schweren Vergiftung können aber erst im weiteren Verlauf beurteilt werden.“ Nawalny hatte nach Klinikangaben 24 Tage auf einer Intensivstation gelegen. Zuletzt hatte sich sein Zustand gebessert.

Zum aktuellen Aufenthaltsort Nawalnys machte die Charite keine Angaben. „Die öffentliche Mitteilung zum Gesundheitszustand von Herrn Nawalny erfolgt im Einvernehmen mit ihm und seiner Ehefrau“, hieß es nur. Laut seiner Sprecherin Kira Jarmysch hält sich der Oppositionspolitiker weiter in Deutschland auf. „Seine Behandlung ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Jarmysch in einem kurzen Video, das sie auf Twitter veröffentlichte. Wo genau Nawalny sich aufhalte, sagte sie nicht. Sein Team hatte stets darauf hingewiesen, dass Nawalny auf jeden Fall nach Russland zurückkehren werde.

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Первый раз меня подвели к зеркалу, через 24 дня в реанимации (из которых 16 в коме). Из зеркала на меня посмотрел персонаж фильма «Властелин колец». И поверьте, это был совсем не эльф. Я ужасно расстроился: подумал, что меня никогда не выпишут. Но врачи продолжали делать своё чудо, я занимался с физиотерапевтом, ел, старался больше спать (самая большая проблема до сих пор). Последние дни мне даже уже разрешали выходить на общий балкон 2 раза по 5 минут в день. Правда, от балкона было ещё больше тоски: погода отличная, солнце светит, внизу какие-то парки и деревья, а я в палате. Но вот день пришёл - ура! После 32 дней в госпитале врачи решили, что дальнейшее восстановление требует не стационарного лечения, а нормализации жизни. Ходить, проводить время с семьей. Прогрузиться в рутину ежедневных движений. И вот - хоп - я уже ковыляю по парку в штанах на три размера больше. Первым делом попросил отвезти меня куда-нибудь, где есть деревья. Планы пока простые: физиотерапевт каждый день. Возможно, реабилитационный центр. Стоять на одной ноге. Полностью вернуть контроль над пальцами. Держать баланс. Забавно, я мечтал научиться ездить на вейк-борде за катером по волне и научился этим летом. А теперь учусь стоять на одной ноге. Всякие смешные штуки обнаружились. Например, я не могу кидать мяч левой рукой. Даже поймать могу, а кинуть - нет. Мозг просто не хочет делать это движение. Или писать от руки. До последнего времени не получалось в строчку. Все время в столбик начинал. Реабилитация, в общем. Ещё раз огромное спасибо всей команде врачей клинике «Шарите» и профессору Экарду лично. Они сделали невероятную работу. Всем вам спасибо за поддержку 💪. Она была и остаётся очень важной. Не думайте, что я не знаю, что пишите. Как только я начал более-менее соображать, мне читали комменты. Буду, кстати, стараться немного больше времени проводить в соцсетях. Вчера приходила нейропсихолог, делала тесты, проверяя, не поглупел ли я. Спрашиваю: чего делать, чтобы быстрее вернуться с точки зрения не только физической, но и головы. Ответ понравился: читайте больше, пишите в соцсети. Играйте в видеоигры. Надо узнать, можно ли получить в больнице рецепт на PS 5.

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Nach seiner Entlassung veröffentlichte der Kreml-Kritiker ein Foto von sich. Auf seiner Instagram-Seite zeigt sich Nawalny auf einer Bank in einer Grünanlage mit ernster Miene sitzend. Er werde jetzt täglich zur Physiotherapie gehen und womöglich ein Rehabilitationszentrum aufsuchen, schrieb er. Er lerne, den Gleichgewichtssinn wiederzuerlangen, indem er auf einem Bein stehe. Seine linke Hand sei noch teilweise gelähmt. Nawalny dankte der Klinik für die Behandlung.

Nawalny dokumentierte Genesung via Instagram

Der 44-Jährige hatte seinen Weg der Genesung zuletzt mit mehreren Instagram-Fotos dokumentiert. Er dankte bereits in einer am Samstag veröffentlichten Nachricht den „brillanten Ärzten“ der Klinik. Noch vor Kurzem habe er nicht einmal Menschen erkannt und nicht begriffen, wie das Reden geht.

Charite in Berlin
AP/Markus Schreiber
Nawalny wurde 32 Tage in der Berliner Klinik behandelt, davon 24 Tage auf der Intensivstation

„Das hat mich zur Verzweiflung getrieben, weil ich ja im Grunde schon verstanden habe, was der Doktor will, aber ich wusste nicht, woher ich die Worte nehmen soll.“ Nawalny wies dabei auch darauf hin, dass es noch viele Probleme zu lösen gebe. Das Telefon fühle sich in der Hand an wie ein Stein. „Und sich selbst Wasser einzuschenken ist eine richtige Attraktion.“

Er war am 22. August in die Charite eingeliefert worden, nachdem er zwei Tage zuvor während eines Fluges in Russland zusammengebrochen war – nach Angaben der deutschen Regierung wurde Nawalny „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Die Regierung sei „sehr erleichtert“, dass sich Nawalnys Zustand so gut entwickelt habe, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert. Angaben zu Nawalnys Aufenthaltsort oder Schutzmaßnahmen machte er nicht.

Kreml: „Erfreut“

Moskau weist den Verdacht vehement zurück, staatliche russische Stellen könnten Nawalny gezielt vergiftet haben. Man sei erfreut, dass die Genesung des 44-Jährigen voranschreite, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. Der russische Oppositionspolitiker könne genau wie jeder andere Russe in sein Heimatland zurückkehren.

Jetzt werde man sehen, ob Nawalny nach seiner Rückkehr mit russischen Sicherheitsbehörden sprechen und Informationen über seinen Fall teilen wolle. Das Umfeld von Präsident Wladimir Putin habe jedenfalls keinen Zugang zu den verbotenen chemischen Kampfstoffen der Nowitschok-Gruppe.

„Le Monde“: Putin spekuliert über Selbstvergiftung

Einem Zeitungsbericht zufolge brachte Putin gar eine mögliche Selbstvergiftung des Kreml-Kritikers ins Spiel. Die französische Zeitung „Le Monde“ (Mittwoch-Ausgabe) berichtete, Putin habe bei einem Telefonat mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Vermutung geäußert, Nawalny könnte sich das Nervengift selbst verabreicht haben.

Bei dem Telefongespräch mit Macron am 14. September brachte Putin laut dem Bericht mehrere Thesen vor, wie es ohne Einmischung russischer Stellen zu der Vergiftung Nawalnys gekommen sein könne. Er verwies neben der Selbstvergiftung auf eine mögliche Verbindung nach Lettland, wo der Hersteller des Nervengifts lebe. Macron wies diese Vermutungen nach den Informationen von „Le Monde“ entschieden zurück.

„Putin hat mich durchschaut“

Nawalny selbst machte sich auf Instagram über die Mutmaßungen lustig: „Ich habe Nowitschok in der Küche gekocht“, schrieb er dort ironisch: „Davon habe ich etwas aus meinem Flachmann im Flugzeug geschluckt.“ Er fügte hinzu: „Putin hat mich durchschaut. Man kann ihn einfach nicht täuschen.“

Bei der französischen Regierung ging zuvor ein Rechtshilfegesuch der russischen Behörden zum Fall des vergifteten Kreml-Kritikers ein. Das Gesuch werde geprüft, teilte das Außenministerium am Dienstag in Paris mit. Die Priorität der französischen Regierung liege aber darauf, dass Moskau „die Umstände und Verantwortlichkeiten hinter dem Mordversuch“ an Nawalny aufkläre, der auf russischem Territorium verübt worden sei, so ein Ministeriumssprecher.

Labore in Frankreich und in Schweden hatten den Befund eines Speziallabors der deutschen Bundeswehr bestätigt, wonach der prominente Putin-Kritiker „zweifellos“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Die Substanz war in der früheren Sowjetunion entwickelt worden.

Nawalny-Team: Wasser in Hotel war vergiftet

Der Kreml wies zuletzt auch Darstellungen von Nawalnys Team zurück, er sei vermutlich in einem Hotel in Tomsk in Sibirien vergiftet worden. Das Team hatte dort nach eigenen Angaben eine Wasserflasche sichergestellt, bei der ein Labor in Deutschland Nowitschok-Spuren gefunden habe.

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Откуда взялась злосчастная бутылка? Давайте объясним, откуда взялось то, про что нам непрерывно задают вопросы. Так называемая “бутылка с «Новичком»”, ну, а точнее, обычная пластиковая бутылка из-под воды, на которой потом в немецкой лаборатории обнаружили следы боевого отравляющего вещества.  Это бутылка из номера в томской гостинице, где останавливался сам Навальный и вся наша съемочная группа.  Перенесемся обратно в 20 августа. В этот день часть нашей команды улетела в Москву, часть осталась в Томске доделывать видео. В полете Алексей потерял сознание и начал задыхаться, самолёт экстренно сел. Почти сразу сотрудники ФБК, которые остались в Томске, узнали о случившемся. В этот момент была сделана единственно возможная вещь. Они вызвали адвоката, поднялись в номер, из которого только что выехал Навальный, и начали фиксировать, описывать и упаковывать все, что там нашли. В том числе, и бутылки из-под гостиничной воды.  Как это происходило, вы можете посмотреть на этом видео.  Никакой особой надежды что-то такое обнаружить не было. Но поскольку нам было абсолютно ясно, что Навальный не “слегка заболел”, не “перегрелся” и Рафаэлкой здесь не поможешь, было решено забрать все, что может хоть как-то гипотетически пригодиться, и передать это врачам в Германии. То, что дело расследовать в России не будут, тоже было достаточно очевидно. Так и вышло: прошел почти месяц, Россия так и не признала отравление Алексея. Спустя две недели именно на бутылке из томского номера немецкая лаборатория обнаружила следы «Новичка». А потом еще три лаборатории, которые брали анализы у Алексея, подтвердили, что Навальный был отравлен именно им. Теперь мы понимаем: это было сделано до того, как он покинул свой номер, чтобы поехать в аэропорт. Сегодня в 20.00 в передаче «Россия Будущего» на ютюб-канале Навальный LIVE Георгий Албуров @alburov расскажет подробности.

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Macron fordert von Moskau Aufklärung

Frankreichs Staatschef forderte bei der Generaldebatte der Vereinten Nationen (UNO) von Russland erneut Aufklärung im Fall Nawalny. Alles müsse ans Licht gebracht werden, sagte Macron gestern in einer vorab aufgenommenen Videobotschaft, die auf Bildschirmen in den Sitzungssaal der UNO-Vollversammlung übertragen wurde. „Dieser Klärungsprozess muss schnell und ohne Mängel passieren.“ Macron warnte, die „roten Linien“ Frankreichs dürften nicht überschritten werden. Sowohl Frankreich als auch Russland sind ständige Mitglieder und damit Vetomächte im UNO-Sicherheitsrat.