Kämpfe um Bergkarabach weiten sich aus

Die seit drei Tagen tobenden Gefechte zwischen Armenien und Aserbaidschan weiten sich offenbar aus. Beide Seiten warfen einander heute vor, auch Gebiete deutlich jenseits der umkämpften Region Bergkarabach unter Beschuss zu nehmen.

Armeniens Außenministerium meldete den Tod eines Zivilisten in dem Ort Vardenis Dutzende Kilometer entfernt von der eigentlichen Konfliktzone. Aserbaidschans Verteidigungsministerium teilte wiederum mit, Armenien habe von Vardenis aus die Region Daschkasan beschossen, und die Zahl der getöteten Zivilisten sei auf zehn gestiegen. Es gab zudem auf beiden Seiten viele Schwerverletzte, wie auf Fotos aus Krankenhäusern zu sehen war.

Es gebe breit angelegte Angriffe des aserbaidschanischen Militärs mit schweren Artilleriesystemen, sagte eine Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums. Das Ausmaß der Kampfhandlungen erreiche eine neue Stufe, so sei auch das armenische Militär gezwungen, Waffensysteme mit größerer Schlagkraft einzusetzen.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew bekräftigte die Absicht, das Gebiet Bergkarabach zurückzuerobern und die territoriale Unversehrtheit seines Landes wiederherzustellen. Er warf der internationalen Gemeinschaft „zu viel Geduld“ mit Armenien vor.

UNO-Sicherheitsrat beruft Sitzung ein

Am Abend beschäftigt sich der UNO-Sicherheitsrat mit dem Bergkarabach-Konflikt, wie die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Diplomatenkreise berichtete. Das Treffen finde hinter verschlossenen Türen statt.

ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg betonte den „dringenden Bedarf“ für Deeskalation. In einem Telefonat mit seinem armenischen Amtskollegen Sohrab Mnatsakanjan habe er außerdem das Ende aller Kampfhandlungen entlang der Kontaktlinie sowie eine Rückkehr zum Verhandlungstisch gefordert, so Schallenberg heute via Twitter.

Die Krise zeige, wie schnell aus einem schwelenden ein heißer Konflikt werden kann, sagte Schallenberg im Rahmen einer aktuellen Aussprache im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats. Der ÖVP-Abgeordnete Reinhold Lopatka lenkte den Blick auf die Türkei und warf Präsident Recep Tayyip Erdogan vor, den Konflikt in Bergkarabach bewusst anzuheizen. Namens der FPÖ bezeichnete Axel Kassegger die Türkei als Unruhefaktor in der Region, wobei er einmal mehr die Forderung seiner Fraktion nach einem endgültigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara bekräftigte.

Auch die grüne Vizeklubchefin Ewa Ernst-Dziedzic kritisierte die Türkei, die mit „martialischer Rhetorik und kolportieren Entsendungen dschihadistischer Söldner aus Syrien offen die aserbaidschanische Seite“ unterstütze.