Timothy Ray Brown
AP/Manuel Valdes
Kampf gegen Aids

Erster geheilter HIV-Patient stirbt an Krebs

Der weltweit erste Mensch, der nach einer HIV-Infektion geheilt werden konnte, ist an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben. Das teilte die International Aids Society (AIS) am Mittwoch mit. Timothy Ray Brown hatte Medizingeschichte geschrieben, als er nach einer beispiellosen Behandlung 2008 für geheilt erklärt wurde. Das HI-Virus, das die Immunschwächekrankheit Aids auslösen kann, war seither nicht mehr in Browns Körper nachweisbar.

Der US-Bürger Brown studierte 1995 in Berlin, als bei ihm eine HIV-Infektion festgestellt wurde. 2006 wurde bei ihm zudem Leukämie diagnostiziert. In Berlin wurde er dann mit Stammzellen eines Spenders behandelt, der aufgrund einer seltenen Genmutation gegen das HI-Virus immun war. 2008 wurde Brown für geheilt erklärt und als „Berliner Patient“ weltberühmt. Seit 2011 lebte er wieder in den USA. Vor einigen Monaten war der Blutkrebs bei ihm zurückgekehrt, Brown wurde in seinem Haus im kalifornischen Palm Springs palliativmedizinisch betreut.

Die designierte AIS-Präsidentin Sharon Lewin würdigte Brown in einer Reaktion auf seinen Tod als „Vorkämpfer und Verfechter“ eines HIV-Heilmittels. Es sei die Hoffnung der Wissenschaftsgemeinde, „dass wir sein Andenken eines Tages mit einer sicheren, kostengünstigen und weithin zugänglichen Strategie zum Zurückdrängen und Heilen von HIV durch Genmanipulation oder Techniken zur Stärkung des Immunsystems ehren können“.

Timothy Ray Brown
AP/Eric Risberg
Timothy Ray Brown mit seinem Hund in San Francisco

Heilung von zweitem Patienten bestätigt

Erst im vergangenen Jahr wurde ein zweiter Patient, der wie Brown neben seiner HIV-Infektion an Blutkrebs litt, für geheilt erklärt. Im März wurde bestätigt, dass auch nach einem Jahr das Virus nicht zurückgekehrt ist. Auch ihm, dem „Londoner Patienten“, wurden zur Behandlung Stammzellen von Knochenmarkspendern mit einer seltenen genetischen Veränderung transplantiert.

Eine Heilung von Aids ist bis heute grundsätzlich nicht möglich. Mit Hilfe von antiretroviralen Medikamenten kann der Erreger allerdings in Schach gehalten und der Ausbruch von Aids langfristig verhindert werden. Beim „Londoner Patienten“ wie auch beim „Berliner Patienten“ wurde das Immunsystem durch eine Stammzelltherapie neu aufgebaut. Der Stammzellspender hatte dabei jeweils eine seltene Mutation, die ihn immun gegen das HI-Virus macht. Sie führt dazu, dass die Zellen keine CCR5-Rezeptoren bilden, welche die meisten HI-Viren benötigen, um an eine Zelle anzudocken, in der sie sich vermehren könnten.

Nur noch „fossile“ DNA-Stränge

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Erfolg der Stammzelltransplantation als Heilung für HIV, über den erstmals beim Berliner Patienten berichtet wurde, wiederholt werden kann“, sagte Mediziner Ravindra Gupta von der University of Cambridge im März. Das Team um Gupta untersuchte zahlreiche Flüssigkeits- und Gewebeproben des „Londoner Patienten“.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden in einigen Proben zwar noch Teile des Erbguts von HI-Viren. Sie gingen jedoch davon aus, dass es sich dabei um „fossile“ DNA-Stränge handelt, die nicht zu einem vermehrungsfähigen Virus gehören. Viele andere Daten, etwa die stark zurückgegangene Anzahl HIV-spezifischer Antikörper, wiesen darauf hin, dass das Virus aus dem Körper des Patienten verschwunden sei, schrieben die Forscher.

Neue Definition für „geheilt“ angedacht

In einem Kommentar, ebenfalls in „The Lancet HIV“, stellten Sharon Lewin und Jennifer Zerbato von der University of Melbourne (Australien) die Frage, ab wann ein HIV-Patient als geheilt angesehen werden kann. Die Medizin wisse heute, dass die meisten Viren, die eine Anti-HIV-Therapie überstehen, defekt seien und sich nicht vermehren könnten. „Eine Heilung für HIV könnte besser als ‚kein intaktes Virus‘ definiert werden denn als ‚kein nachweisbares Virus‘“, schrieben die Medizinerinnen. Die Studie des Teams um Gupta sei ermutigend, aber am Ende müsse die Zeit zeigen, ob tatsächlich von einer Heilung gesprochen werden könne.