Kurve zeigt Entwicklung von Fallzahlen
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Vor und nach Mittag

Weiter unterschiedliche Pandemiezahlen

Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um die Coronavirus-Pandemie erfolgreich zu bekämpfen, sind verlässlich, regelmäßig und einheitlich erhobene Daten. Dazu kommt, dass einheitliche und maschinenlesbare Daten auch in der Kommunikation von Behörden, Regierung und Medien essenziell sind. Jüngste Änderungen am heimischen Dashboard sorgen für bessere Vergleichbarkeit. Es werden aber weiter täglich unterschiedliche Zahlen kommuniziert.

Viele Menschen informieren sich täglich in den Medien über den Verlauf der Pandemie. Das bisher auf der Website des Gesundheitsministeriums angesiedelte Dashboard wird seit Dienstag direkt von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) betrieben. Im Zuge der Übertragung dieser Aufgabe an die in der Pandemiebekämpfung zentrale Bundesagentur gibt es mehrere wichtige Änderungen – vor allem: Die Daten sollen nun nur noch einmal täglich, um 14.00 Uhr, veröffentlicht werden.

Das begründet die AGES mit höchstmöglicher Genauigkeit. Bei einer Aktualisierung um 14.00 Uhr ist davon auszugehen, dass diese Daten im Epidemiologischen Meldesystem (EMS), dem behördlichen Einmeldesystem, vorhanden und überprüft sind. Datenfehler, wie sie in der Vergangenheit öfter vorkamen, sollen damit vermieden werden.

Datenbank und telefonische Meldung

Allerdings wird es weiterhin auch Frühzahlen geben, die naturgemäß von jenen um 14.00 Uhr abweichen. Das bestätigten sowohl Gesundheits- als auch Innenministerium auf Nachfrage von ORF.at. Das seien zu diesem Zeitpunkt die aktuellsten Zahlen, wurde im Innenministerium betont. Hintergrund: Am Vormittag sitzt täglich der im Innenministerium angesiedelte Krisenstab. Dabei geben die Bundesländer die bis dahin vorliegenden Zahlen telefonisch durch.

Diese Zahlen waren vor allem in den ersten Wochen der Pandemie relevant. Denn am Anfang funktionierte das Einspeisen der Daten aus den Bezirken in das Meldesystem des Bundes nur mäßig oder mit Verzögerung. Auf Landesebene lagen dagegen die aktuellen Zahlen bereits vor, die telefonisch an den Krisenstab im Innenministerium weitergeleitet wurden. Mittlerweile funktioniert freilich die Einmeldung in die EMS-Datenbank.

Trotzdem werden mit Stand Mittwoch auf den Websites von Gesundheits- und Innenministerium weiterhin Bundesländerzahlen mit Zählstand Früh/Vormittag aufgeführt. Das Innenministerium publiziert die Neuinfektionen, das Gesundheitsministerium unter der Rubrik „Zahlen aus Österreich“ alle anderen wesentlichen Kennzahlen (bestätigte Fälle, Todesfälle, Genesene, Hospitalisierte, Tests).

Offene Schnittstelle

Damit gibt es weiterhin täglich zwei Exzerpte aus dem Datenmaterial: vormittags von den Ministerien, nachmittags von der AGES. Fast alle heimischen Medien bieten Grafiken und Daten zur Entwicklung der Pandemie an. ORF.at – und alle anderen Medien – braucht für die Daten- und Grafikdarstellung der Pandemie aber maschinenlesbare Daten. So finden sich die Zahlen nur in der AGES-Datenbank, nicht in den Meldungen der Ministerien. Von der Datenbank werden die Daten über eine offene Schnittstelle direkt und automatisiert abgerufen.

Frage des Zeitpunkts

Die gute Nachricht: Im Wesentlichen kann man davon ausgehen, dass die Zahlen, obwohl sie sich unterscheiden, nicht falsch sind. Das Auseinanderklaffen ergibt sich meist aus dem unterschiedlichen Zeitpunkt. Meldet ein Labor positive Tests erst zu Mittag ein, sind sie in den Zahlen der Ministerien natürlich nicht erfasst.

Sie werden freilich nicht unterschlagen, sondern scheinen dann eben am nächsten Tag auf – über den Zeitverlauf gleicht sich das aus. Im Dashboard selbst wurde diese Unsicherheit beseitigt, indem nun nicht mehr laufend aktualisiert wird, sondern täglich einmal und immer zum gleichen Zeitpunkt.

Wichtiger Wert

Die 7-Tage-Inzidenz ist die Zahl der neu positiv Getesteten über sieben Tage pro 100.000 Einwohner.

Aussagekraft erhalten die Daten ohnehin erst über einen Zeitverlauf – also etwa die Entwicklung der letzten sieben oder 14 Tage. In Deutschland ist etwa das entscheidende Kriterium für die Verhängung von Reisewarnungen die 7-Tage-Inzidenz.

Mehrere Ursachen für Wirrwarr

Die Ursachen für das bisherige Wirrwarr bei den Zahlen – ob es nun die Zahl der Neuinfektionen, der durchgeführten Tests, der Hospitalisierten oder Toten ist – sind vielfältig: Das EMS, die für die Einmeldung meldepflichtiger Krankheiten vorgesehene Datenbank, war schlicht überfordert. Die Amtsärztinnen und -ärzte in den Bezirken und Magistraten kamen anfangs mit dem Melden nicht nach, dazu war das System nicht völlig digitalisiert. Das Arbeitstempo ist – nicht zuletzt ressourcenbedingt – unterschiedlich.

Dazu kommen generelle Reibungsverluste im Getriebe des Föderalismus, also: Das Gesundheitsministerium gab und gibt mit Gesetzen und Verordnungen vor, was die Landesbehörden dann umzusetzen haben. In normalen Zeiten fällt das oft nicht weiter ins Gewicht – während einer Pandemie, wo jede Stunde zählt, sehr wohl.

Erneut über 1.000 neue CoV-Fälle

Bei rund 19.000 durchgeführten Tests wurden von Dienstag auf Mittwoch 1.029 neue Coronavirus-Infektionen nachgewiesen. Die Lage auf den Intensivstationen ist weiterhin stabil.

Herausforderung und Provisorium

Die Pandemie war und ist – das betonte die Regierung wiederholt – eine große „Herausforderung“, gerade auch administrativ. Im Hintergrund müssen Zuständigkeiten, Abläufe und technische Infrastruktur während der Tätigkeiten geklärt, optimiert und ausgebaut werden. Dazu müssen immer auch politische Zuständigkeiten und Wünsche der verschiedenen Akteure parallel auf einen Nenner gebracht werden. Augenfällig wurde das ja auch bei der Legistik – also den CoV-Gesetzen und -Verordnungen, die teils rechtswidrig waren und teils für Verwirrung und Chaos sorgten.