Donald Trump
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Warnung vor Rückfall

Neue Spekulationen über Trumps Zustand

Nach der dreitägigen Spitalsbehandlung und der Rückkehr ins Weiße Haus sorgt der Gesundheitszustand von US-Präsident Donald Trump für neue Spekulationen. Zwar sollte der pompös inszenierte Aufstieg auf den Balkon des Weißen Hauses eine Demonstration der Stärke sein, doch lassen Videos vom Präsidenten anderes vermuten. Ungeachtet dessen verglich er das Coronavirus erneut mit der Grippe.

Der Präsident sei noch „nicht vollkommen über den Berg“, im Weißen Haus werde es aber 24 Stunden am Tag eine „medizinische Betreuung auf Weltklasseniveau“ geben, kommentierte Trumps Leibarzt Sean Conley die Entlassung Trumps aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in einem Vorort von Washington am Dienstag, für die er alle medizinischen Kriterien erfülle – schließlich habe sich sein Gesundheitszustand weiter verbessert, so Conley.

Zum weiteren Prozedere sagte Trumps Leibarzt, dass er voraussichtlich erst kommende Woche Entwarnung für den Krankheitsverlauf geben könne. „Wenn wir durch das Wochenende bis zum Montag kommen und sein Zustand genauso bleibt oder sich verbessert, dann können wir alle schließlich erleichtert aufatmen“, sagte Conley.

Sean Conley
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Leibarzt Conley: „Trump noch nicht über den Berg“

Trump habe dem Ärzteteam am Dienstag keine Coronavirus-Symptome gemeldet, erklärte Conley in einer weiteren Mitteilung. Die Werte des 74-Jährigen seien stabil. Sein Blut weise einen Sauerstoffsättigungsgrad zwischen 95 und 97 Prozent auf. „Insgesamt geht es ihm weiterhin extrem gut“, so Conley.

„Ärzte sollten es im Hinterkopf haben“

Der von der Trump-Regierung beauftragte Chefepidemiologe Anthony Fauci wollte einen Rückfall nicht ausschließen: Trump sei noch in einem relativ frühen Stadium der Erkrankung, sagte er in einem Interview mit CNN. „Es ist kein Geheimnis, dass, wenn man den klinischen Verlauf von Menschen ansieht, sie manchmal nach fünf bis acht Tagen einen Rückfall erleiden“, sagte Fauci. „Es ist unwahrscheinlich, dass das passiert. Aber die Ärzte sollten das im Hinterkopf haben.“

Neue Spekulationen über den tatsächlichen Gesundheitszustand Trumps wurden am Dienstag auch durch seinen Auftritt vor dem Weißen Haus befeuert: Über Soziale Netzwerke machten Videos die Runde, die einen schwer atmenden Trump zeigen. Auch wirkte es, als unterdrücke er einen Hustenreiz. Der US-Experte Talmadge King von der UCSF School of Medicine in San Francisco versuchte via Twitter eine Einordnung.

Chefepidemiologe Fauci, der in dem Interview betonte, nicht in die Behandlung des Präsidenten involviert zu sein, sagte zudem, dass Trump wisse, dass er noch nicht ganz über den Berg sei. Auch seine Ärzte wüssten es, so Fauci. Seine Kollegen, auch Trumps Leibarzt Conley, seien sehr gute Ärzte. „Sie sind sehr qualifiziert, deshalb bin ich sehr davon überzeugt, dass der Präsident der Vereinigten Staaten die beste Behandlung bekommt“, sagte Fauci.

Presseraum im Weißen Haus wird desinfiziert
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Der „Press Briefing“-Raum bei der Desinfektion

Das medizinische Team Trumps setzt sich neben dem Leibarzt unter anderen aus Militärärzten und Krankenhelfern zusammen. Die Einheit könne im Notfall „in den ersten 15 Minuten das leisten, was eine Notaufnahme leisten kann“, sagte Kardiologe Jonathan Reiner von der George-Washington-Uniklinik der „Washington Post“. So könnte ein Patient im Falle eines Herzinfarkts wiederbelebt, stabilisiert und dann in ein Spital verlegt werden. Für Trumps Behandlung sei ein Aufenthalt in einer Klinik dennoch ratsam.

Mit experimentellem Antikörpermittel behandelt

Trump war in der Klinik unter anderem mit einem experimentellen Antikörpermittel behandelt worden. Nach Einschätzung Faucis könnte das entscheidend zur schnellen Verbesserung von Trumps Gesundheitszustand beigetragen haben. „Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat“, sagte Fauci. Das Mittel war von der Biotech-Firma Regeneron auf Anfrage der Ärzte des Präsidenten bereitgestellt worden.

Es wird für gewöhnliche Patientinnen und Patienten noch lange nicht verfügbar sein. In einer Vielzahl von Tweets wies Trump ungeachtet dessen darauf hin, dass seine Entlassung zeige, dass es bereits erfolgreiche Behandlungsmethoden gegen das Virus gäbe. Auch veröffentlichte der Präsident zu seiner Ankunft beim Weißen Haus via Twitter ein Video, in dem er seine Landsleute aufrief, keine Angst vor dem Virus zu haben.

US-Präsident Donald Trump
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Trump inszenierte seine Rückkehr ins Weiße Haus: „Fühle mich wieder großartig“

„Lasst es nicht euer Leben beherrschen“

„Lasst es nicht euer Leben beherrschen! Habt keine Angst davor!“, sagte der Präsident in dem Video. „Geht raus, seid vorsichtig!“ Ihm selbst sei es nicht so gutgegangen, gab er zudem an. „Aber vor zwei Tagen fühlte ich mich wieder großartig, besser, als ich mich seit Langem gefühlt habe.“ Bei seiner Ankunft beim Weißen Haus nahm er in der Nähe von Kameraleuten demonstrativ die Maske ab – obwohl er nach wie vor ansteckend sein dürfte.

Erneut Vergleich mit Grippe

Stunden zuvor hatte Trump via Twitter verkündet, er fühle sich besser als vor 20 Jahren. Vielleicht sei er jetzt immun gegen das Coronavirus, mutmaßte der Präsident zudem. Später verglich Trump das Coronavirus mit der Grippe. „Die Grippesaison beginnt! Jedes Jahr sterben viele Menschen an der Grippe, manchmal mehr als 100.000, und trotz der Impfung. Legen wir deshalb unser Land still? Nein, wir haben gelernt, damit zu leben, so wie wir lernen, mit Covid zu leben, das in vielen Bevölkerungen weniger tödlich ist!!!“, schrieb Trump. Twitter stufte das Statement als irreführend ein und versteckte es hinter einem Warnhinweis.

Trump hatte seine Infektion am Freitag nach Mitternacht US-Ostküstenzeit bekanntgegeben und war keine 24 Stunden später per Helikopter ins Spital gebracht worden. Am Wochenende gab es widersprüchliche Angaben zu seinem Gesundheitszustand. Am Sonntag war klar: Der Zustand des Präsidenten war zwischenzeitlich ernster als zunächst dargestellt. Mit seinen 74 Jahren und Übergewicht gehört Trump zur Risikogruppe.

„Furchtbare und gefährliche Ratschläge“

An der Aufforderung Trumps, „keine Angst“ vor dem Coronavirus zu haben, entzündete sich umgehend scharfe Kritik. „‚Habt keine Angst‘ sagte der Kerl mit einem Team von einem Dutzend Ärzten, Zugang zu experimentellen Medikamenten, die kein anderer bekommt, einer Krankenhaussuite mit vier Zimmern, der in einem Haus lebt mit Spitzenärzten, die 24 Stunden am Tag an Ort und Stelle sind“, twitterte der demokratische Senator Chris Murphy. „Und er bekommt das alles kostenlos, weil er sich weigert, Steuern zu zahlen.“

Der demokratische Senator Jeff Merkley schrieb, der Einschätzung, „keine Angst“ zu haben, dürften sich die Familien der inzwischen mehr als 209.000 Coronavirus-Toten in den USA kaum anschließen. Trump gebe weiterhin „furchtbare und gefährliche Ratschläge“.

Biden: Maskentragen als „patriotische Pflicht“

Der demokratische Präsidentschaftskandidat und Trump-Rivale Joe Biden appellierte bei einem Auftritt an seine Landsleute, Masken in der Öffentlichkeit zu tragen. Sie seien wichtig, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, so Biden. „Es sollte als patriotische Pflicht betrachtet werden“, weil man damit seine Mitbürger schütze, betonte er. Zudem hoffe er, dass auch Trump jetzt die „korrekte Botschaft“ wiedergeben werde. Ganz im Gegensatz zum Inhalt jüngster Tweets von Trump („keine Angst“) gebe es sehr viel Beunruhigendes.

Trump kehrt ins Weiße Haus zurück

Nach drei Tagen Spitalsaufenthalt hat US-Präsident Donald Trump das Krankenhaus wieder verlassen. Trump besteht darauf, dass es ihm gut geht. Entwarnung geben seine Ärzte jedoch nicht.

Auf Kurs ist unterdessen die Debatte des stellvertretenden Präsidenten Mike Pence mit Bidens Vizekandidatin Kamala Harris am Mittwoch in Salt Lake City im Bundesstaat Utah. Pence und Harris sollen dabei laut Medienberichten von einer Plexiglasscheibe getrennt werden.

Trump will an TV-Debatte teilnehmen

In vier Wochen steht in den USA die Präsidentschaftswahl an. Trump kündigte am Montagabend auf Twitter an, er werde seinen wegen der Erkrankung ausgesetzten Wahlkampf bald wieder aufnehmen. Er plane auch weiterhin, an der zweiten TV-Debatte mit Biden am 15. Oktober teilzunehmen, sagte ein Sprecher von Trumps Wahlkampfteam dem TV-Sender Fox News.

Auch das Weiße Haus hat mit einem Ausbruch zu kämpfen, dessen Ausmaße erst nach und nach klarer werden. Mehrere Personen aus Trumps Umfeld haben sich angesteckt, darunter die First Lady, Trumps Wahlkampfmanager und eine seiner engsten Beraterinnen. Am Montag machte Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany ihre Infektion öffentlich.