US-Präsident Donald Trump
Reuters/Erin Scott
US-CoV-Hilfen

Trump stoppt Verhandlungen

US-Präsident Donald Trump hat die Verhandlungen mit den Demokraten über ein neues CoV-Hilfspaket bis nach der Präsidentenwahl am 3. November beendet. Das sind für Millionen US-Bürgerinnen und -Bürger schlechte Nachrichten. Auch Notenbank-Chef Jerome Powell forderte fast gleichzeitig mit Trumps Entscheidung rasch ein weiteres Konjunkturpaket.

„Ich habe meine Vertreter angewiesen, die Verhandlungen zu stoppen“, twitterte das mit dem Coronavirus infizierte Staatsoberhaupt am Dienstag, einen Tag nachdem er aus dem Spital entlassen und wieder ins Weiße Haus eingezogen war.

„Unmittelbar nachdem ich gewonnen habe, werden wir ein großes Konjunkturpaket verabschieden, das sich auf hart arbeitende Amerikaner und kleine Geschäfte konzentriert“, kündigte Trump an. In einer ersten Reaktion reagierte die Wirtschaft verschreckt, an den US-Börsen kam es zu Kursverlusten. Trump warf der Präsidentin des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, vor, nicht ernsthaft über die Hilfen verhandelt zu haben.

Die Demokraten haben vorgeschlagen, rund 2,2 Billionen Dollar auszugeben. Die Trump-Regierung hat das als „unseriös“ bezeichnet, aber ihr Angebot zuletzt auf fast 1,6 Billionen Dollar erhöht. Vorgesehen ist unter anderem eine wöchentliche Arbeitslosenunterstützung von 400 Dollar. Die Demokraten wollen 600 Dollar pro Woche durchsetzen. In der Pandemie wurden Millionen Menschen in den USA arbeitslos. Der Kongress und das Weiße Haus haben Anfang dieses Jahres Hilfsmaßnahmen von mehr als drei Billionen Dollar genehmigt. Allerdings wurden seit März keine neuen Programme verabschiedet.

Pelosi: Trump zeigt „wahres Gesicht“

Die demokratische Oppositionsführerin Pelosi übte scharfe Kritik. Trump zeige einmal mehr sein „wahres Gesicht“ und setze sich „auf Kosten des Landes an erste Stelle“, erklärte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses. „Im Weißen Haus herrscht eindeutig komplette Unordnung.“

„Indem er von den Coronavirus-Gesprächen wegläuft, stellt Präsident Trump unter Beweis, dass er unwillens ist, das Virus zu zerstören“, erklärte Pelosi weiter. Trump zeige seine „Verachtung“ für die Wissenschaft und die „Helden“ der Arbeitswelt. Trumps Ankündigung wirkte sich auch auf den Finanzmärkten aus. An den US-Börsen kam es zu Kursverlusten.

Fed-Chef: Zu wenig zu tun das größere Risiko

Trumps Schritt überraschte offenbar auch US-Notenbankchef Powell. Dieser drängte Regierung und Kongress am Dienstag dazu, die Verhandlungen über das zweite Rettungspaket rasch abzuschließen. Das Risiko einer unzureichenden Unterstützung sei derzeit größer als das Risiko, „zu viel zu tun“, sprach sich der Chef der Federal Reserve (Fed) auch klar für ein möglichst umfassendes Paket aus.

Die Erholung werde „stärker und schneller“ sein, wenn Geld- und Fiskalpolitik Hand in Hand arbeiteten, „bis die Wirtschaft aus dem Gröbsten heraus ist“, mahnte Powell. Kongress und Regierung verhandeln derzeit über den Abschluss eines weiteren Konjunkturpakets.

„Zu wenig Unterstützung würde zu einer schwachen Erholung führen, was zu unnötigen Härten für Haushalte und Unternehmen führen würde“, sagte Powell. Eine schleppende wirtschaftliche Erholung könne auch die bestehende Ungleichheit weiter verstärken, was angesichts der bis zum Beginn der Coronavirus-Pandemie erreichten Fortschritte „tragisch“ wäre, sagte der Notenbankchef.

„Ausbruch im Weißen Haus“

Die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Vertrauten Trumps wird unterdessen immer größer. Erst am Dienstag wurde sein Berater Stephen Miller positiv getestet, wie Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany gegenüber Fox News sagte: „Es ist offensichtlich, dass es einen Ausbruch im Weißen Haus gab.“

Millers Infektion könnte auch Fragen zur anstehenden TV-Debatte des Vizepräsidenten Mike Pence mit Gegenkandidatin Kamala Harris aufwerfen. Seine Ehefrau Katie Miller ist Sprecherin von Pence und flog mit dem Vizepräsidenten nach Salt Lake City, wo die Debatte am Mittwochabend (Ortszeit) stattfinden soll. Laut US-Medienberichten war ihr Test am Dienstag negativ, sie habe Salt Lake City aber trotzdem verlassen.

Weiter Spekulationen über Trumps Gesundheit

Über den Gesundheitszustand des US-Präsidenten gibt es indes weiter Spekulationen. Zwar sollte der pompös inszenierte Aufstieg auf den Balkon des Weißen Hauses eine Demonstration der Stärke sein, doch lassen Videos vom Präsidenten anderes vermuten. Der Präsident sei noch „nicht vollkommen über den Berg“, im Weißen Haus werde es aber 24 Stunden am Tag eine „medizinische Betreuung auf Weltklasseniveau“ geben, kommentierte Trumps Leibarzt Sean Conley die Entlassung Trumps aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in einem Vorort von Washington am Dienstag, so Conley.

Sean Conley
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Leibarzt Conley: „Trump noch nicht über den Berg“

Trump habe dem Ärzteteam am Dienstag keine Coronavirus-Symptome gemeldet, erklärte Conley in einer weiteren Mitteilung. Die Werte des 74-Jährigen seien stabil. Sein Blut weise einen Sauerstoffsättigungsgrad zwischen 95 und 97 Prozent auf. Zum weiteren Prozedere sagte Trumps Leibarzt, dass er voraussichtlich erst kommende Woche Entwarnung für den Krankheitsverlauf geben könne. „Wenn wir durch das Wochenende bis zum Montag kommen und sein Zustand genauso bleibt oder sich verbessert, dann können wir alle schließlich erleichtert aufatmen.“

„Ärzte sollten es im Hinterkopf haben“

Der von der Trump-Regierung beauftragte Chefepidemiologe Anthony Fauci wollte einen Rückfall nicht ausschließen: Trump sei noch in einem relativ frühen Stadium der Erkrankung, sagte er in einem Interview mit CNN. „Es ist kein Geheimnis, dass, wenn man den klinischen Verlauf von Menschen ansieht, sie manchmal nach fünf bis acht Tagen einen Rückfall erleiden“, sagte Fauci. „Es ist unwahrscheinlich, dass das passiert. Aber die Ärzte sollten das im Hinterkopf haben.“

Neue Spekulationen über den tatsächlichen Gesundheitszustand Trumps wurden am Dienstag auch durch seinen Auftritt vor dem Weißen Haus befeuert: Über Soziale Netzwerke machten Videos die Runde, die einen schwer atmenden Trump zeigen. Auch wirkte es, als unterdrücke er einen Hustenreiz. Der US-Experte Talmadge King von der UCSF School of Medicine in San Francisco versuchte via Twitter eine Einordnung.

Chefepidemiologe Fauci, der in dem Interview betonte, nicht in die Behandlung des Präsidenten involviert zu sein, sagte zudem, dass Trump wisse, dass er noch nicht ganz über den Berg sei. Auch seine Ärzte wüssten es, so Fauci. Seine Kollegen, auch Trumps Leibarzt Conley, seien sehr gute Ärzte. „Sie sind sehr qualifiziert, deshalb bin ich sehr davon überzeugt, dass der Präsident der Vereinigten Staaten die beste Behandlung bekommt“, sagte Fauci.

Presseraum im Weißen Haus wird desinfiziert
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Der „Press Briefing“-Raum bei der Desinfektion

Mit experimentellem Antikörpermittel behandelt

Trump war in der Klinik unter anderem mit einem experimentellen Antikörpermittel behandelt worden. Nach Einschätzung Faucis könnte das entscheidend zur schnellen Verbesserung von Trumps Gesundheitszustand beigetragen haben. „Ich habe einen starken Verdacht, dass ihm das geholfen hat“, sagte Fauci. Das Mittel war von der Biotech-Firma Regeneron auf Anfrage der Ärzte des Präsidenten bereitgestellt worden.

Es wird für gewöhnliche Patientinnen und Patienten noch lange nicht verfügbar sein. In einer Vielzahl von Tweets wies Trump ungeachtet dessen darauf hin, dass seine Entlassung zeige, dass es bereits erfolgreiche Behandlungsmethoden gegen das Virus gäbe.

US-Präsident Donald Trump
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Trump inszenierte seine Rückkehr ins Weiße Haus: „Fühle mich wieder großartig“

Auch veröffentlichte der Präsident zu seiner Ankunft beim Weißen Haus via Twitter ein Video, in dem er seine Landsleute aufrief, keine Angst vor dem Virus zu haben. „Lasst es nicht euer Leben beherrschen! Habt keine Angst davor!“, sagte der Präsident in dem Video. „Geht raus, seid vorsichtig!“ Ihm selbst sei es nicht so gutgegangen, gab er zudem an. „Aber vor zwei Tagen fühlte ich mich wieder großartig, besser, als ich mich seit Langem gefühlt habe.“ Bei seiner Ankunft beim Weißen Haus nahm er in der Nähe von Kameraleuten demonstrativ die Maske ab – obwohl er nach wie vor ansteckend sein dürfte.

Facebook löscht Trump-Post zu Grippe

Stunden zuvor hatte Trump via Twitter verkündet, er fühle sich besser als vor 20 Jahren. Vielleicht sei er jetzt immun gegen das Coronavirus, mutmaßte der Präsident zudem. Später verglich Trump das Coronavirus mit der Grippe. „Die Grippesaison beginnt! Jedes Jahr sterben viele Menschen an der Grippe, manchmal mehr als 100.000, und trotz der Impfung. Legen wir deshalb unser Land still? Nein, wir haben gelernt, damit zu leben, so wie wir lernen, mit Covid zu leben, das in vielen Bevölkerungen weniger tödlich ist!!!“, schrieb Trump.

Twitter stufte das Statement als irreführend ein und versteckte es hinter einem Warnhinweis. Auf Facebook wurde der Kommentar gelöscht. „Wir haben diese falsche Information über die Gefährlichkeit des Coronavirus gelöscht“, sagte ein Facebook-Sprecher gegenüber Reuters.

Biden: Maskentragen „patriotische Pflicht“

Der demokratische Präsidentschaftskandidat und Trump-Rivale Joe Biden appellierte bei einem Auftritt an seine Landsleute, Masken in der Öffentlichkeit zu tragen. Sie seien wichtig, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, so Biden. „Es sollte als patriotische Pflicht betrachtet werden“, weil man damit seine Mitbürger schütze, betonte er. Zudem hoffe er, dass auch Trump jetzt die „korrekte Botschaft“ wiedergeben werde. Ganz im Gegensatz zum Inhalt jüngster Tweets von Trump („keine Angst“) gebe es sehr viel Beunruhigendes.

In vier Wochen steht in den USA die Präsidentschaftswahl an. Trump kündigte bereits an, er werde seinen wegen der Erkrankung ausgesetzten Wahlkampf bald wieder aufnehmen. Er plane auch weiterhin, an der zweiten TV-Debatte mit Biden am 15. Oktober teilzunehmen, sagte ein Sprecher von Trumps Wahlkampfteam dem TV-Sender Fox News.

Biden will nur an dem zweiten Fernsehduell mit Trump teilnehmen, wenn sein Rivale dann nicht mehr mit dem Coronavirus infiziert ist. „Ich freue mich darauf, mit ihm diskutieren zu können, aber ich hoffe einfach, dass alle Vorschriften eingehalten werden“, sagte Biden am Dienstag vor Journalisten. „Wenn er immer noch Covid hat, sollten wir keine Debatte haben“, fügte er hinzu.