Tichanowskaja an Putin: „Mischen Sie sich nicht ein“

Die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat eindringlich an den russischen Präsidenten Wladimir Putin appelliert, sich aus dem Machtkampf in ihrem Land herauszuhalten. „Mischen Sie sich nicht ein“, sagte die Bürgerrechtlerin in einem heute veröffentlichten Interview des Deutschlandfunks. „Wir möchten selbst unsere Zukunft bestimmen.“

Russland unterstützt den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko politisch und finanziell mit einem Milliardenkredit. Dazu meinte Tichanowskaja an Putin gerichtet: „Geben Sie das Geld, das jetzt an das Regime geht, mit dem jetzt das weißrussische Volk ermordet wird, in ihrem Land aus.“

Oder Moskau solle Minsk unterstützen, wenn es eine Neuwahl gegeben habe. „Wir sind seit Langem Freunde und Nachbarn. Das bleiben wir“, sagte sie. Die Staatspropaganda in Weißrussland unterstellt Lukaschenkos Gegnerinnen und Gegnern, diese wollten sich angeblich vom Nachbarland abwenden.

Opposition sieht Tichanowskaja als Siegerin

Die Opposition sieht Tichanowskaja als wahre Siegerin der Präsidentenwahl Anfang August. Lukaschenko hatte sich aber nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Seither gibt es Proteste im Land.

Tichanowskaja hatte gestern in Berlin die deutsche Kanzlerin Angela Merkel getroffen. Deutschland erkennt wie andere EU-Länder Lukaschenko nicht als Staatschef an. Die 38-Jährige hatte gesagt, dass sie auch mit Putin sprechen wolle. „Ich würde wahrscheinlich sehr emotional werden, da Putin Lukaschenko unterstützt“, sagte sie in dem Interview. „Ich würde ihn gern dazu bringen, dass er damit aufhört.“

Tichanowskaja in Russland zur Fahndung ausgeschrieben

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge, ein Gespräch mit der Oppositionellen sei bisher nicht geplant. Vielmehr schrieb Russland Tichanowskaja nach Angaben der Nachrichtenagentur TASS zur Fahndung aus. Das ergebe sich aus der Datenbank des Innenministeriums in Moskau, meldete die Agentur. Der Grund für die Fahndungsausschreibung sei, dass Tichanowskaja wegen „Verstößen gegen das Strafgesetzbuch“ gesucht werde.

Wie TASS unter Berufung auf russische Sicherheitskreise schrieb, sei Tichanowskaja auch in Weißrussland zur Fahndung ausgeschrieben worden. Da beide Länder einen Unionsstaat bilden, werde das Gesuch auch in Russland umgesetzt. Auf internationaler Ebene gelte die Ausschreibung aber nicht.