Michael Ludwig und Peter Hacker
APA/Robert Jäger
CoV-Krisenstab

Wiens angekündigter Ausstieg bleibt aus

Der geplante Ausstieg der Stadt Wien aus dem Coronavirus-Krisenstab im Innenministerium hat am Donnerstag für reichlich Aufregung gesorgt – offenbar ohne Grund: Schon am Abend wurde die Ankündigung von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zurückgenommen.

Er werde am Freitag persönlich an der Sitzung des unter der Ägide des Innenministeriums organisierten Krisenstabes SKKM teilnehmen, „um die Missverständnisse in den Aussendungen des Innenministeriums aufzuklären", stellte Hacker in einer Aussendung klar.

Hacker sagte außerdem, dass sich in der Sitzung der Landesgesundheitsreferenten mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Nachmittag gezeigt habe, dass sich durch die Umstellung der Statistik des Bundes in fast allen Bundesländern Unterschiede in den täglichen Meldungen der positiven Befunde ergeben. Es habe aber nicht geklärt werden können, ob diese Unterschiede auf Mehrfacherfassungen zurückzuführen oder ob sie dadurch entstanden sind, dass die Auswertungen zu unterschiedlichen Tageszeitpunkten erfolgen.

In der ORF-„Elefantenrunde“ zur Wien-Wahl bekräftigte am Abend auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), dass die Stadt im Krisenstab bleiben werde – mehr dazu in wien.ORF.at. Der eigentliche Krisenstab sei im Gesundheitsministerium angesiedelt, und jener im Innenministerium arbeite dem Gesundheitsministerium nur zu, sagte Ludwig. „Aber selbstverständlich arbeiten wir als Stadt Wien mit allen Krisenstäben überall dort, wo wir eingeladen sind.“ Daher habe er Hacker ersucht, am Freitag an der Sitzung teilzunehmen.

Ludwig in der „Elefantenrunde“

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte Donnerstagabend an, Wien werde im Krisenstab bleiben.

„Personalressourcen in Sitzungen vergeudet“

Am Donnerstag hatte Hacker die Entscheidung, keine Vertreter mehr in den Krisenstab zu schicken, unter anderem mit den neuen Zeitabläufen begründet. So hat die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ihr Berichtswesen zu den Infektionszahlen umgestellt. Die Statistik (Dashboard) wird nunmehr täglich um 14.00 Uhr aktualisiert.

Die Sitzung des im Innenministerium angesiedelten Krisenstabs finde um 9.00 Uhr statt – für Hacker mitten im Tagesablauf, „wo wir die Vorbereitungen machen müssen, damit um 14.00 Uhr ordentliche Daten zur Verfügung stehen. Ich halte nichts davon, unsere Personalressourcen in Sitzungen zu vergeuden, statt in die Analyse zu investieren.“

Darüber hinaus bezeichnete Hacker das Innenministerium als „Propagandaministerium“: „Es kommen jetzt jeden Tag irgendwelche Falschmeldungen, irgendwelche Falschstatistiken raus. Das ist wirklich mühsam. Und ich möchte, dass sich meine Mitarbeiter nicht den ganzen Tag beschäftigen mit der Falsifizierung von Falschmeldungen, sondern ihren Job machen.“

Kritik an dem Schritt Wiens war postwendend von Ressortchef Karl Nehammer (ÖVP) gekommen. Mehrere Mitglieder des Einsatzstabes hätten im Krisenstab Informationen mit der Stadt Wien austauschen wollen und hätten nicht die Gelegenheit dazu gehabt: „Das hemmt die gemeinsame Arbeit im Kampf gegen das Virus vor allem im Bereich des Contact-Tracing.“

Keine einheitliche Datenkommunikation

Seit Monaten werden von der Bundesregierung täglich unterschiedliche Zahlen und Daten zur Entwicklung der Pandemie veröffentlicht. Am Dienstag gab es mit dem Wechsel des Dashboards zur AGES den Versuch einer Vereinheitlichung der Datenlage – das Gros der Daten wird nur noch einmal und zum gleichen Zeitpunkt – 14.00 Uhr – publiziert. Das soll die Daten leichter und besser vergleichbar machen und eine klare Zeitreihe entstehen lassen.

Die Zeitreihe – etwa über sieben Tage – gilt unter Fachleuten ohnehin als viel aussagekräftiger als Tageswerte. Einzelne Mängel, etwa der 24-Stunden-Vergleich „laborbestätigter Fälle“, will die AGES demnächst beheben. Aber trotz des neuen Dashboards werden weiterhin vom Krisensstab am Vormittag – nicht maschinenlesbar – andere Zahlen (die freilich zu diesem Zeitpunkt aktueller sind, Anm.) publiziert. Die meisten anderen Staaten haben seit Monaten eine zentrale Stelle, die die Coronavirus-Zahlen bekanntgibt bzw. das Datenset zur Verfügung stellt.