Zwei Bildschirme im Luv Child Restaurant in Tampa, Florida zeigen die TV Interviews der beiden US Präsidentschaftskandidaten.
Reuters/Octavio Jones
Getrennte Fragestunden

Trump und Biden „offenherzig“

US-Präsident Donald Trump und sein Herausforderer Joe Biden haben sich nach der Absage ihres TV-Duells gleichzeitig in zwei Fernsehsendern Fragen von Wählerinnen und Wählern gestellt. Während sich Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) zu seinen Schulden äußerte und sich auf Nachfrage nicht von der Verschwörungstheorie-Gruppe QAnon distanzierte, räumte Biden Fehler in Zusammenhang mit einem Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung ein.

Weil Trump seine Teilnahme am zweiten TV-Duell, das nach der Covid-19-Erkrankung des Präsidenten online stattfinden sollte, verweigerte und dieses damit ausfiel, mussten die Amerikaner nun entscheiden, ob sie Trump im Sender NBC oder Biden im Sender ABC verfolgen.

Beide traten in „Swing-States“ auf, also in umkämpften Bundesstaaten, die bei der Präsidentenwahl am 3. November entscheidend sein könnten: der Republikaner Trump in Miami im Bundesstaat Florida, der Demokrat Biden gut 1.600 Kilometer entfernt in Philadelphia im Bundesstaat Pennsylvania.

Trump: „Weiß nichts über QAnon“

Moderatorin Savannah Guthrie nahm Trump in die Zange, der reagierte darauf mitunter gereizt. „Lassen Sie uns die ganze Show vergeuden“, sagte Trump, als ihn Guthrie auf die Verschwörungstheoretiker von QAnon ansprach, die auch unter seinen Republikanern Unterstützer haben.

Präsident Donald Trump beantwortet in einem NBC Interview die Fragen von Wählerinnen und Wählern.
AP/Evan Vucci
Trumps Befragung fand im hart umkämpften Bundesstaat Florida statt

„Es ist diese Theorie, dass die Demokraten ein satanischer Pädophilenring sind und dass Sie der Retter davor sind“, sagte Guthrie. Ob Trump sich davon „ein für alle Mal“ distanziere? „Ich weiß nichts über QAnon“, antwortete Trump genervt. „Lassen Sie mich Ihnen nur sagen: Was ich darüber höre, ist, dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind, und dem stimme ich zu.“

Biden gibt Fehler zu

Bei Bidens Befragung im weitgehend leeren Auditorium in Philadelphia ging es um den Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie, die umstrittene Polizeiarbeit, die Ungleichheit in der amerikanischen Gesellschaft. Die Wähler konfrontierten ihn auch mit einem Gesetz zur Kriminalitätsbekämpfung aus den 1990er Jahren, das Biden unterstützte und das viele für die Diskriminierung von Minderheiten verantwortlich machen.

Biden räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, das Gesetz zu unterstützen. Zudem sagte er auf Drängen des Moderators zu, vor der Wahl klarzustellen, was er von einer Ausweitung der Richterposten am Supreme Court hält.

Für Demokraten wäre so eine Ausweitung deshalb von Interesse, weil nach dem Tod der liberalen Ikone Ruth Bader Ginsburg die Nominierung der erzkonservativen Richterin Amy Coney Barrett bevorsteht – die Republikaner hätten mit ihrer Bestellung sechs Sitze im obersten Gericht der USA, die Demokraten hätten damit nur noch drei Sitze.

Der demokratische präsidentschafts Kandidat Joe Biden im Interview mit ABC News.
APA/AFP/Jim Watson
Biden räumte im Zuge seiner Befragung im „Swing-State“ Philadelphia Fehler ein

Trump spricht über Schulden

Anders als bei Wahlkampfauftritten vor Anhängern musste sich Trump kritische Fragen gefallen lassen – etwa zu seinen finanziellen Verhältnissen. Seine Schulden beliefen sich nur auf „einen winzigen Prozentsatz meines Nettovermögens“, sagte Trump.

Die von der „New York Times“ kürzlich berichtete persönliche Schuldenhöhe von 421 Millionen Dollar schien er in etwa zu bestätigen. Er wollte sich zwar auf Nachfrage der Moderatorin nicht festlegen, sprach dann aber selber von „400 Millionen Dollar“. Wie schon seit Jahren versprach er, er werde seine Steuererklärungen veröffentlichen, sobald eine Buchprüfung der Steuerbehörde IRS abgeschlossen sei.

Widersprüchliche Aussagen zu CoV

Zur Pandemie äußerte sich der erst kürzlich an Covid-19 erkrankte Präsident ein weiteres Mal widersprüchlich. „Ich sage, tragt die Masken. Ich habe kein Problem damit“, sagte er. Trump wiederholte aber auch seine falsche Aussage, dass sich nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC 85 Prozent der Menschen, die eine Maske tragen, mit dem Virus infizierten. Richtig ist, dass bei einer CDC-Untersuchung 85 Prozent einer Gruppe von Infizierten angaben, sie hätten in den 14 Tagen zuvor oft oder immer eine Maske getragen.

Biden: Trump soll sich vor Duell testen lassen

„Wenn ein Präsident keine Maske trägt oder sich über Leute wie mich (…) lustig macht, dann sagen die Leute: ‚Es wird schon nicht so wichtig sein‘“, sagte Biden. „Ich glaube, es ist wichtig, was wir sagen.“ Mit Blick auf die für Donnerstag geplante Debatte zwischen den beiden Kandidaten machte Biden klar, dass er von Trump erwarte, sich wieder testen zu lassen. „Ich glaube, er (Trump) wird das machen“, sagte er.

CoV-Infektion: Erinnerungslücke bei Trump

Der Präsident wollte sich wieder nicht darauf festlegen, wann er vor seiner Covid-19-Erkrankung zuletzt negativ getestet worden war. „Ich erinnere mich gar nicht daran“, sagte er. Diese Frage ist wichtig, um zu klären, ob Trump womöglich noch bei Veranstaltungen war, obwohl er von seiner Infektion wusste. Dass auch das Weiße Haus und Trumps Ärzte Angaben dazu verweigern, räumt diesen Verdacht nicht aus der Welt.

„Jetzt geht das wieder los“

Gereizt reagierte Trump auch, als er nach seiner Haltung zu Rechtsextremen gefragt wurde – er geriet unter Druck, weil er sich von ihnen nicht eindeutig distanzieren wollte. „Jetzt geht das wieder los“, sagte Trump sichtlich genervt – und behauptete dann, dass er „seit Jahren“ Rechtsextremismus verurteile.

Zugleich betonte er aber, er verurteile auch die Antifa und „diese Menschen auf der Linken, die unsere Städte niederbrennen“. Trump kritisierte außerdem, dass Biden bei einer NBC-Fragestunde in der vergangenen Woche nicht danach gefragt worden sei, ob er die Antifa verurteile.

Biden: „Werde mich nie rassistisch äußern“

Das wurde Biden auch dieses Mal nicht gefragt. Doch der ehemalige US-Vizepräsident machte deutlich: Wenn er zum Präsidenten gewählt werde, werde er sich niemals rassistisch oder spalterisch äußern. Moderator George Stephanopoulos fragte Biden, was ihm eine Niederlage darüber sagen würde, was Amerika heute sei.

„Nun, es könnte bedeuten, dass ich ein mieser Kandidat war und ich keinen guten Job gemacht habe“, sagte Biden. Er hoffe nicht, dass es bedeute, dass die Menschen in ethnischen und religiösen Fragen so im Konflikt miteinander stünden, wie Trump es wolle.

„Werde heute Abend reingelegt“

Trump warf NBC vor, Biden zuletzt nur Fragen gestellt zu haben, die sogar Kinder beantworten könnten. Kurz vor der Fragestunde hatte er den Sender schon bei einem Wahlkampfauftritt in Greenville in South Carolina angegriffen: „Wissen Sie, ich werde heute Abend reingelegt“, sagte er. Er habe dem Auftritt nur zugestimmt, weil er eine Stunde Sendezeit kostenfrei bekomme.

Bidens Auftritt war am Donnerstagabend länger als der von Trump. Während sich der Präsident eine Stunde lang Fragen stellte, waren es bei Biden 90 Minuten – in beiden Fällen gab es mehrere kurze Werbepausen. Ein Wähler hatte vor Biden nicht verbergen können, dass ihn eine Antwort Bidens nicht gänzlich zufriedenstellte. Biden bot an, nach dem Ende der Sendung weiterzureden – was er auch tat.

„Verschiedene Universen“

US-Medien zufolge hätten die Befragungen nicht unterschiedlicher sein können. Die „New York Times“ schrieb von „verschiedenen Universen“, CNN von „polarisierenden politischen Realitäten“. Fox News bemängelte hingegen, dass ein umstrittener Medienbericht zu unbewiesenen Anschuldigungen gegen Trumps demokratischen Herausforderer in der Befragung kein Thema war. Darin wurde Biden mit Geschäften seines Sohnes Hunter in der Ukraine in Verbindung gebracht.